Nicht ganz on topic, aber eine interessante Geschichte:
Im Januar 2014 berichtete der Stern über einen Pfarrer, der …
… ein Jahr lang nicht an Gott glauben will.“
Das „intellektuelle Experiment“ beinhaltete:
Keine Bibellektüre mehr, keine Gebete, keine Gottesdienste. Es sollte ein Versuch werden, Atheisten zu verstehen und damit einen Trend, denn in den USA sinkt die Zahl der Gläubigen.“
Jetzt hat der US-Adventist Ryan Bell in seinem Blog Year Without God Bilanz gezogen. Der Mann, der …
… jahrelang sogar die Evolution bestritten hatte und für den die Zehn Gebote Gesetz waren“,
bezeichnet sich jetzt als „Humanist und Atheist“ und will nicht mehr in sein altes Leben zurückkehren:
Ich glaube nicht, dass Gott existiert. Vorher wollte ich eine engere Beziehung zu Gott aufbauen, heute will ich eine enge Beziehung mit der Realität.“
Auch ein Filmprojekt „A Year without God“ ist in Arbeit. Einen ersten Teaser gibt’s hier:
Zum Weiterlesen:
- Plötzlich Atheist: Das gottlose Experiment eines religiösen Hardliners, Welt-Online am 3. Januar 2015
- US-Pfarrer wird nach Selbstversuch Atheist, rp-online am 3. Januar 2015
- Ryan Bell: Bilanz nach einem Jahr ohne Gott, Schwergläubig am 3. Januar 2015
- Der Pfarrer, der ein Jahr nicht an Gott glauben will, Stern-Online am 26. Januar 2014
- The Rap Guide to Evolution, GWUP-Blog am 23. März 2014
- The Bible: So Misunderstood It’s a Sin, Newsweek am 23. Dezember 2014
- Wundersame und alltägliche Wunder, Evidenz-basierte Ansichten am 2. Januar 2015
4. Januar 2015 um 16:16
Das ein Pfarrer „ungläubig“ wird nur so zum testen und es dann bleibt? Ich krieg da Bauchweh… Das riecht für mich nach Bauernfang für seinen Film.
Gründe:
1.Innerhalb von einem Jahr von Hardliner zu Anti. Ohne Grund? Ohne Erwachungserlebnis?
2.Der Film
3.Welcher Gläubiger stellt seinen eigenen Glauben in Frage?Freiwillig!Wir reden von einem religiösem Hardliner nicht von einem Wissenschaftler
4. Januar 2015 um 16:49
Ich vermute, daß er schon vor dem „Jahr ohne Gott“ mindestens Tendenzen in diese Richtung hatte und diese nun öffentlichkeitswirksam vermarktet.
Irgendwie muß er ja auch seine Brötchen verdienen, was für viele versteckte Atheisten im Klerus sicherlich ein Problem darstellt (Stichwort: Clergy Project).
Ein Pfarrer weniger ist zumindest etwas positives.
Bye
costamojan
4. Januar 2015 um 16:51
ist vielleicht wie mit einem Entzug.
Wenn man es eine Zeitlang absetzt gibt es neue Perspektiven und man schafft vllt. die Heilung
5. Januar 2015 um 12:03
Ich habe das ganze ein Jahr lang über den Blog und einige seiner Interviews und Vorträge verfolgt, Ich sehe Ryan auf keinen Fall als jemanden der das des Geldes wegen macht.
Durch Aufsteigen in der Kirchenhierarchie hätte er sich bestimmt ein besseres Leben machen können als sich blindlings in die Arbeitslosigkeit zu stürzen.
Allerdings kann man den deutschen Artikeln dazu (leider mal wieder) nicht trauen. Besonders der Welt Artikel ist stark für Klickzahlen dramatisiert (Blog Beiträge dazu sind vielleicht besser, aber ich habe lieber direkt die Quelle gelesen).
Er kommt zwar bei den 7th Day Adventists aus einer fundamentalistischen Kirche, er selber, und seine Gemeinde vor Ort (In Hollywood) waren das allerdings schon seit Jahren nicht mehr in der Reinform.
Ryan hat sich seit Jahren für die Rechte von Schwulen, Lesben, Transgender, etc. innerhalb der Gesellschaft und der Kirche eingesetzt was dann letztendlich auch dazu geführt hat das die Kirche ihn als Pfarrer „das verlassen seines derzeitigen Berufes nahegelegt hat“.
Wie er sagt waren die Worte seines Vorgesetzten „Ich glaube Sie sind aus unserer Gemeinde herausgewachsen“. Nachdem er nicht mehr als Pfarrer arbeiten konnte hat er ein Jahr lang an einer Christlichen Schule als Lehrer unterrichtet.
Soweit ich mich erinnern kann hat diese Schule ihn dann nicht mehr haben wollen als er öffentlich sein „Projekt“ gestartet hat. Wodurch er Arbeitslos wurde. (Inzwischen arbeitet er bei einer Gemeinnützigen Organisation die Obdachlosen hilft)
Das Filmteam kam meines Wissens später auf ihn zu und war nichts geplantes.
Also war er natürlich kein absolut knallharter Fundamentalist der aus dem nichts über Nacht plötzlich mal auf Atheismus gekommen ist.
Er ist ein echter Mensch und bei Menschen dauert der Weg vom Fundamentalismus zu genug Offenheit anderen Optionen eine Chance zu geben meist Jahre.
Er hatte das Gefühl das das mit dem Glauben alles vielleicht nicht so ganz stimmt, und da er vorher noch nicht über Atheist-en/-mus wusste (Daran das er sich vorher nicht getraut hat Bücher darüber zu lesen erkennt man auch das er geistig noch in der ganzen Glaubenssache gefangen war) hat er dieses Projekt gestartet.
Man sollte dabei auch daran denken, dass das „Projekt“ einfach nur ein kleiner persönlicher Blog war, dass es so explodiert ist kann man ihm wirklich nicht übel nehmen.
Die meisten Blogs kommen über 100 Leser nicht hinaus. Aber er wollte eben darüber schreiben damit es nicht nur für für sich selbst, sondern eben auch für andere denen es ähnlich geht wie ihm, was bringt (Und vielleicht auch um weniger Leuten einzeln erklären zu müssen warum ihr ehemaliger Pfarrer nicht mehr in die Kirche kommt).
Diese Offenheit, die für andere Menschen extrem hilfreich ist, wird in Deutschland leider fast ausschließlich mit Spott, Häme und komplett überproportionalem Misstrauen geahndet.
5. Januar 2015 um 15:13
@Erik:
es ist ja nicht so, dass jemand, der in religiösem Umfeld aufwächst (oder irgendwann religiös wird), nicht fähig ist zu denken. Es gibt ständig und überall Menschen, die an etwas glauben das irgendwann eben nich mehr tun.
Was das Aufgeben einer Relgion angeht: ich kann das Buch von Misha Anouk „Goodbye Jehova!“ sehr empfehlen.
5. Januar 2015 um 18:35
Den Kommentar von @hajo würde ich unterstützen.
Die Rituale und die Gemeinschaft (der Gläubigen) ist ein großer Teil, der den Glauben aufrechterhält.
Der Pfarrer war zwar nicht katholisch, aber die katholische Kirche hat – nach der orthodoxen Kirche – den ausgeprägtesten Ritus, sie hat die Sakramente, die nach deren Lehre, direkt von Gott gespendet werden (der Priester handelt in „persona christi“), das hat eine große Wirkung auf die Gläubigen.
Ich denke auch, wenn man „Zeugen Jehovas“ ein Jahr der Gemeinschaft entzieht, würden auch einige von ihnen nicht mehr zur Sekte zurückkehren.
Aber jetzt zu dem Punkt, wie ein Gläuber den „Abfall“ sehen würde:
Dadurch, daß er sich dem „Wort Gottes“ und den Ritualen entzog, entfernte er sich von Gott und er wurde dadurch eine leichte Beute für den „Satan“…
6. Januar 2015 um 09:29
@Ralf: „Die Rituale und die Gemeinschaft (der Gläubigen) ist ein großer Teil, der den Glauben aufrechterhält.“ – dem stimme ich uneingeschränkt zu, denn dieses:
„Ich denke auch, wenn man “Zeugen Jehovas” ein Jahr der Gemeinschaft entzieht, würden auch einige von ihnen nicht mehr zur Sekte zurückkehren.“ kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen – bei mir reichten hierfür schon ein paar Wochen.
Ich frage mich lediglich, wie groß der Anteil derjenigen wäre, die nicht mehr zurückgingen – ich denke, es wären nicht einige, sondern enorm viele.