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James Randi wird 85

| 21 Kommentare

James Randi feiert heute seinen 85. Geburstag – wir gratulieren!

Eine Würdigung hat Holger von Rybinski bereits in unserem News-Bereich verfasst.

Im vergangenen Jahr war Randi der gefeierte Star-Gast beim World Skeptics Congress in Berlin:

Einen Bericht darüber gibt es hier.

Gleichwohl Randi hin und wieder ein „Update on My Health“ schreibt, trat er vor wenigen Wochen beim TAM 2013 („The Amazing Meeting“) der James Randi Educational Foundation (JREF) in Las Vegas auf.

GWUP-Mitglied Michael Kunkel war dabei und berichtet im Wahrsagerchecks-Blog darüber.

Die Finanzierung der Verfilmung von Randis Lebensgeschichte scheint mittlerweile gesichert zu sein.

Sie trägt den Titel „An Honest Liar: The Amazing Randi Story“:

Was ein „Honest Liar“ genau ist, wird auf der Internetseite der JREF erklärt.

An Filmdokumenten über James Randi herrscht indes auch heute kein Mangel – hier zum Beispiel sein Auftritt bei „Welt der Wunder“:

In dieser Folge von 2008 ging es unter anderem um „The Next Uri Geller“ und um das russische „Medium“ Nina Kulagina.

Auch im NDR war Randi schon zu sehen:

Beim WSC 2012 sprach GWUP-Pressereferentin Dr. Julia Offe mit dem „Entzauberer“, wie das Magazin brand eins ihn 2004 vorstellte:

Die GWUP verdankt James Randi viel, denn er hat uns in der Anfangszeit stark unterstützt”,

würdigte GWUP-Vorsitzender Amardeo Sarma den amerikanischen Zauberkünstler und Aberglaubenaufklärer bei der Verleihung des Erwin-Fischer-Preises des IBKA 2004 in Köln:

1990 führte er mit uns den – inzwischen kann man schon sagen: legendären – Kasseler Wünschelrutentest durch, dessen Ergebnisse die Gegner der Wissenschaft schamrot anlaufen lassen müssen. […]

Die Kasseler Tests waren ein Beispiel für das methodische Vorgehen Randis: keine unnötige Komplexität. Und für den Beobachter sollte klar zu erkennen sein, wie Behauptung und Leistung auseinanderklaffen.

Solche Tests werden inzwischen weltweit von zahlreichen Skeptiker-Organisationen durchgeführt.”

Und schließlich wollen wir den Großmeister der Skeptiker-Szene selbst zu verschiedenen Themen zitieren:

Der One-Million-Dollar-Challenge:

Ich habe Hunderte von Leuten getestet und sie sind alle auf die Nase gefallen.

Natürlich gibt es immer eine Entschuldigung: Der Jupiter steht im Schützen, es ist zu dunkel, zu hell, zu heiß, zu kalt, oder ,Sie verbreiten negative Schwingungen.’ Also ließ ich sie von jemand anders testen, und offensichtlich verbreitete diese Person ebenfalls negative Schwingungen.

Aber nie entschuldigt sich mal jemand mit ,Ich habe diese Kräfte nicht’.”

Zeitungshoroskope als „Einstiegsdroge“:

Ich denke, dass jede falsche Information das Potenzial in sich trägt, Schaden anzurichten.

Dinge wie Astrologie können eine Art Einstiegsdroge sein. Wenn man sich die Horoskope in der Zeitung anschaut und sich nicht die Mühe macht, auch bei den anderen Sternzeichen nachzusehen, oder die Horoskope verschiedener Zeitungen miteinander vergleicht, dann glaubt man das unter Umständen.

Man kann jetzt sagen, das sei nur ein harmloses Vergnügen, aber es kann jemanden dazu bringen, die Dinge einfach gewohnheitsmäßig zu akzeptieren, ohne sie kritisch zu beleuchten.“

 Die Medien und das Paranormale:

Ich würde gerne eine Gesetzgebung sehen, die sich für wahrheitsgetreue Berichterstattung in den Massenmedien einsetzt.

Ich bin gerade aus Japan zurückgekommen, wo ich dieses angeblich übersinnliche begabte Mädchen in einem Fernsehstudio getestet habe. Es hat sechs Stunden gedauert, weil sie darauf bestand, Pausen zu machen und das Publikum so lange hinhielt, bis niemand mehr aufpasste.

Ich heftete aber die ganze Zeit die Augen auf sie, und wir hatten eine Kamera, die sie auch von hinten aufnahm und sie bei ihren Tricks erwischte.

Das Publikum kicherte und zeigte auf den großen Monitor im Studio, auf dem man sehen konnte, wie sie auf diese kleine Karte schielte, um zu sehen, was darauf geschrieben stand. Am Schluss der Sendung hielt ich eine Ansprache und beschrieb, wie ihr Trick funktionierte, und der Moderator der Sendung war damit einverstanden.

Als sie dann ausgestrahlt wurde, wurde das Ganze so präsentiert, als ob ich dabei verloren und das Mädchen gewonnen hätte. Ich wurde bei der Begrüßung und der Verabschiedung gezeigt, aber meine Ansprache und die Einwürfe des Moderators waren herausgeschnitten worden.“

 Unmögliche Leistungen:

Ich würde gerne die Gesetze bei Betrugsfällen ändern.

Natürlich haben die Menschen das Recht zu glauben, dass sie übersinnlich begabt sind, aber sie haben nicht das Recht, ihre übersinnlichen Fähigkeiten zu verkaufen, wenn es sich dabei um qualitativ minderwertige Ware handelt. Wenn mir einer eine Stradivari verkauft, will ich wissen, ob das nicht vielleicht eine Fiedel ist, die er auf seinem Dachboden gefunden hat, und ich kann ihn wegen Betrugs verklagen, wenn das so wäre.

Aber mit übersinnlich Begabten kann ich das nicht machen, wenn sie die Leistung, die sie versprechen, nicht bringen können.“

Politik:

Ich versuche, den Gesetzgebern klarzumachen, dass das eine wichtige Angelegenheit ist. Bisher ist es mir nicht gelungen. Politiker sagen: „Wenn die Leute dumm sein wollen, lassen Sie sie doch dumm sein. Die Leute wollen diese Dinge eben gern glauben.“

Sie sind vollauf damit beschäftigt, widergewählt zu werden, und meinen, dass sie dafür nicht verantwortlich sind.“

Über die Medien und die Politik hierzulande brauchen auch wir uns keine Illusionen zu machen.

Die Rechtslage in Sachen „Unmögliche Leistungen“ ist in Deutschland allerdings etwas anders. Auch hierzu gibt es einen aktuellen Beitrag im News-Bereich.

Schließen wir mit einem James-Randi-Zitat in Sachen …

… Skeptizismus:

Ich glaube, dass man die Menschen belügt und betrügt.

Wenn ich jemanden zum Denken anrege, bevor er oder sie an etwas glaubt, dann habe ich schon einen Sieg errungen.”

Zum Weiterlesen:

  •  WSC, dritter Tag: A Tribute to James Randi, GWUP-Blog am 20. Mai 2012
  • The Bullshit Police, The Daily Beast am 16. August 2013
  • Der Entzauberer, brand eins 10/2004
  • Nichts als fauler Zauber: Florian Aigner über James Randi, Darwin-era 151

21 Kommentare

  1. Wenn ich meine persönlichen Helden, die ich natürlich gar nicht habe (hüstel), aufzählen müsste, wäre James Randi wohl definitiv weit vorn mit dabei. Obwohl er selbst formell kein „Wissenschaftler“ ist, hat er mehr für das Ansehen wissenschaftlich-kritischen Denkens getan als mancher Zeitgenosse mit Promotion in den Naturwissenschaften.

    Gerade Penn&Teller, die vielerorts heutzutage zu den weltbesten Bühnenmagiern gezählt werden, sind wohl als legitime geistige Kinder von James Randi auf der Bühne anzusehen (den Penn Jilette selbst übrigens als einen seiner wichtigsten Einflüsse bezeichnet), und sind dabei eher noch direkter in ihrer Kritik an allem faulen Zauber. Ein wenig Hoffnung besteht also vielleicht doch noch. Jedenfalls gehört Randi fast mehr noch als Penn&Teller zu den ganz Großen: sowohl als Magier als auch als Skeptiker.

  2. Happy Birthday dear James !!

    Wie wenig die Skeptikerbewegung noch immer in der breiten Öffentlichkeit präsent ist oder als bedeutsam eingestuft wird, ist mir heute Morgen direkt schmerzlich aufgefallen: kein Google Doodle für James Randi – aber der 66 Jahrestag des „Roswell-Vorfalls“ hat eins bekommen, na sowas.

  3. @ Robert
    „Gerade Penn&Teller, die vielerorts heutzutage zu den weltbesten Bühnenmagiern gezählt werden…“

    Robert, wer zählt Ihren Informationen nach Penn & Teller zu den weltbesten Bühnen“magiern“?

    WELTBESTE Künstler treten in den weltbesten Häusern auf. Z. B. im Lido/Paris, Radio City Music Hall, Frontier Las Vegas, Sporting Club/Monaco usw.!

    Die beiden sind in den USA sehr populär, das stimmt. Aber sie werden nicht zu den weltbesten Bühnenillusionisten gezählt (sie sind Illusionisten, keine Magier). Sie sieht man in unzähligen Tv-Shows (deshalb ist man aber nicht der Beste).

    Wo genau haben Sie diese Formulierung her, dass Penn & Teller zu den weltbesten gehören?

    Kennen Sie die Penn & Teller Story, wissen Sie wie und womit alles angefangen hat?

  4. James Randi ist ein Störfaktor für die esoterischen Geschäftemacher, aber auch seine Auftritte und Aktionen konnten die Menschen nicht wirklich nachhaltig über die Tricks dieser Leute aufklären. Seine beste Aktion war meiner Meinung nach der Carlos-Hoax. http://www.heise.de/tp/artikel/27/27095/1.html
    Als Schwindler hätte dieser Mann schon längst ein Vermögen machen können, aber er entschied seine Fähigkeit nicht für solche Zwecke zu missbrauchen.

  5. @Randifan:

    Ein weiterer Verdienst ist sicherlich, dass er Wissenschaftler auf das Täuschungspotenzial von Tricksers aufmerksam gemacht hat, was diese zuvor gar nicht auf dem Schirm hatten:

    http://www.heise.de/tp/artikel/25/25355/1.html

  6. @“Als Schwindler hätte dieser Mann schon längst ein Vermögen machen können, aber er entschied seine Fähigkeit nicht für solche Zwecke zu missbrauchen.“

    Diese Aussage halte ich nicht für so gewichtig. Denn sie trifft auf fast jeden professionellen Täuschungskünstler (Volksmund: Zauberkünstler) zu. Dann müssten ja alle Täuschungskünstler als ehrenwert eingestuft werden, weil sie ihre Künste zu Unterhaltungs- und nicht zu Betrugszwecken einsetzen.

    Ich würde Herrn Harders Aussage gerne abwandeln:
    „Der EIGENTLICHE Verdienst (unter anderem) ist sicherlich, dass er Wissenschaftler auf das Täuschungspotenzial von Tricksern aufmerksam gemacht hat, was diese zuvor nicht auf dem Schirm hatten!“

  7. Randi-Zitat: „Ich würde gerne eine Gesetzgebung sehen, die sich für wahrheitsgetreue Berichterstattung … einsetzt. “

    Es wäre schön, wenn die GWUP das auch für sich selbst akzeptieren würde. Stattdessen hält sie eisern zu E.Ernst-Lüge, der Aderlaß sei „wirkungslos“.
    Lüge deshalb, weil E.Ernst als Arzt genau weiß, daß Aderlässe die Lehrbuch-Therapie für eine Reihe von Krankheiten sind, etwa für die häufigste Erbkrankheit Hämochromatose. Ganz abgesehen davon, daß er bis vor etwa 2 Jahrzehnten einer der eifrigsten Forscher auf dem Gebiet der „Blutverdünnung“ war, ständig Präparate entsprechender Hersteller prüfte (zweifellos nicht für ein „vergelt’s Gott“…).

    Besonders merkwürdig, daß E.Ernst und die GWUP wie HAHNEMANN gegen Aderlässe hetzen: mit der Homöopathie liegt Hahnemann falsch (meine volle Zustimmung), mit seiner scharfen Ablehnung von Aderlässen – zusammen mit E.Ernst – dagegen richtig?!?
    Hahnemann war ein esoterischer Spinner, der von geistartiger Lebenskraft und dergleichen faselte. Wo ist E.Ernst einzuordnen, der in jüngeren Jahren ja Anhänger der Homöopathie war?

    Und was sind das für „Wahrheitsfreunde“, die Evidenz beispielsweise für die massive Senkung von Bluthochdruck durch Aderlässe nicht zur Kenntnis nehmen (etwa W.Zidek et al. 1985, F.S.Facchini & K.L.Saylor 2002)?
    Hahnemann ist lange tot, aber E.Ernst und die GWUP verbreiten weiter seine IRRLEHRE, daß der Aderlaß abzulehnen sei! (Ich bestreite keine Sekunde, daß Bader und andere Idioten früher viel Schaden mit falsch eingesetzten Aderlässen angerichtet haben. Aber bekanntlich ist auch das lebensnotwendige Salz – oder Wasser – tödlich, wenn man zu viel davon zu sich nimmt.)

    Die Aufgabe ist doch eigentlich ganz einfach: die GWUP, der ja auch Ärzte angehören sollen, tritt in die Spuren von Randi und kümmert sich darum, daß die oben genannten Studien zur Bluthochdruck-Senkung wiederholt / überprüft werden und beweist so (ggf.!), daß diese Studien irrig, vielleicht sogar gefälscht sind. SO funktioniert Wissenschaft – nicht durch wildes Schmähen einer seit Jahrtausenden bewährten WIRKSAMEN Therapie etwa beim „roten“ Bluthochdruck, Schmähen auf den Spuren des widerlichen Spinners Hahnemann!

    Science advances by disproof: Also, wackere GWUPler, packt’s an! NUR EVIDENZ zählt, nicht wilde Behauptungen eines Professors, der wissentlich LÜGT, warum auch immer (cui bono?)!

  8. @HJM

    Offenkundig sind Sie bei diesem Thema persönlich betroffen – deshalb finde ich es gut, dass Sie Ihrem Zorn Luft machen und Ihre Empörung hier vorbringen.

    Ich sehe auch gerne darüber hinweg, dass Sie Herrn Professor Ernst mit Ihrer Wut (darf ich sagen: Hass?) auch schon in zahllosen anderen Foren und Kommentarspalten verfolgt haben, zum Beispiel bei Spiegel-Online, Focus-Online, derFreitag etc. und auch dort bereits Ihre immergleichen „Argumente“ vorgebracht haben.

    Ich sehe auch gerne darüber hinweg, dass Sie sich ganz massiv im Ton vergreifen und Herrn Professor Ernst der „Lüge“ und die GWUP der „Hetze“ bezichtigen.

    Bitte beruhigen Sie sich erst einmal wieder – diese Aufregung ist ganz schlecht für den Blutdruck.

    Gerne versuche ich Ihnen zu erklären, worum es überhaupt geht; damit ist das Thema dann für mich auch beendet und ich bitte Sie, von weiteren „Kommentaren“ dieser Art abzusehen.

    << Stattdessen hält sie eisern zu E.Ernst-Lüge, der Aderlaß sei "wirkungslos". << Ich gehe jetzt einfach mal von einem Missverständnis Ihrerseits aus. Sie nehmen Bezug auf verschiedene Aussagen von Prof. Ernst bezüglich des Aderlasses, zum Beispiel im Deutschen Ärzteblatt (Dtsch Arztebl 1998; 95(15): A-896 / B-748 / C-700): << Der Aderlaß war in vielen Kulturen für Jahrtausende beliebt. Heute wissen wir, daß er nicht nur nicht wirksam war, sondern unzähligen Menschen das Leben gekostet hat. << Der Kontext dieses Satzes lautet: "Homöopathie: Argumente und Gegenargumente". Ganz gewiss sind Sie in der Lage, die von Ihnen kritisierte Ausssage in diesem Kontext korrekt einzuordnen: Wie Sie leicht ersehen können, zieht Prof. Ernst einen historischen Vergleich, um folgende Kernaussage zu illustrieren: << Für das "Überleben" oder die Popularität einer Therapieform gibt es zahlreiche andere Gründe als ihre Wirksamkeit. << Sie wissen, dass der Aderlass mehr als 2000 Jahre lang zur Standardprozedur der Medizin gehörte - also ein Allheilmittel war, das gegen die Pest ebenso eingesetzt wurde wie gegen Krankheitszustände jeglicher Art, Schwere und Ursache. Das heißt: auch gegen Krankheitsbilder, gegen die er nicht nur wirkungslos war, sondern die Situation des Patienten noch erheblich verschlechterte. Als Grundlage des Aderlasses galt die antike Vier-Säfte-Lehre. Somit ging die theoretische Basis des Aderlasses von falschen Annahmen aus und die Praktik selbst schwächte die Patienten z.T. tödlich. Erst als George Washington durch den Aderlass zu Tode kam (1799), setzte langsam ein Umdenken innerhalb der Ärzteschaft ein. Diese Situation haben wir heute mit der Homöopathie. Und darauf will Prof. Ernst mit seinem Vergleich Aufmerksam machen. Dass der Aderlass heute bei einigen wenigen Erkrankungen noch eine Rolle spielt, ist davon völlig unbenommen, nicht Gegenstand *dieser* Diskussion und darüber hinaus medizinisches Grundwissen, das sogar dem Laien z.B. über Wikipedia zugänglich ist und daher nicht "geleugnet" zu werden braucht. Ich bitte Sie, diese Erklärung abschließend anzunehmen und von weiteren justiziablen Beleidigungen wie "Lügner" etc. abzusehen. Ihnen das Beste für 2014, vor allem Gesundheit.

  9. @ HJM

    Bitte nicht unzulässig verallgemeinern. Ich entnehme Bernd Harders Kommentar, dass Sie es eigentlich besser wissen sollten, trotzdem hier nochmal aufgedröselt:

    Der historische Aderlass wurde Jahrtausende lang bei allen möglichen Krankheiten eingesetzt, bei geschwächten Patienten, völlig ohne medizinischen Nutzen, da weder Ätiologie, genaue Diagnoseverfahren noch sinnvolle Therapiemethoden für vielen Krankheiten bekannt waren. Es war eine Brachialmethode, die nach dem Gießkannenprinzip und dem Motto „Viel hilft Viel“ sehr wenigen genutzt haben mag (Zufallstreffer gibts halt immer) und viele auch ins Grab gebracht hat.

    DIe Vier-Säfte-Lehre als eine der falschen Grundannahmen dafür hat Bernd Harder schon genannt. Die Patienten haben nicht wegen, sondern trotz des Aderlasses überlebt.

    Insofern tatsächlich ein gutes Beispiel für eine medizinische Irrlehre, da sie viele Kriterien heutiger Irrlehren erfüllt: Ein falsches medizisches Grundverständnis, die Berufung auf unhinterfragbare Autoritäten, die lange Historie, der unbestreitbare Schaden, der aber systematisch ausgeblendet wurde.

    Der heutige medizinische Aderlass ist davon grundverschieden und wird bei genau definierten Erkrankungen kontrolliert eingesetzt, wenn ein Nutzen gegeben ist. Das bestreitet niemand.

    Im Übrigen hat der historische Aderlass in der sog. „Alternativen Medizin“ überlebt und wird unsinnigerweise immer noch bei allem möglichen eingesetzt. Deshalb ist es sinnvoll, auf die Gefahren hinzuweisen. Um den historischen Hintergrund zu wissen, ist da nur von Vorteil.

    BTW: Sie haben es ja geschrieben, es soll auch gegen zu hohen Blutdruck helfen…

  10. @trixi:

    Ich weiß, deshalb habe ich ja zweimal betont, dass die „Diskussion“ an diesem Punkt jetzt beendet ist.

    Alles weitere geht ungelesen in den Spam-Ordner. Entweder versteht er, dass seine wilden Anschuldigungen haltlos sind – oder eben nicht.

    Aber es ist in der Tat bedauerlich, dass unsere angeblichen „Diskutanten“ sich hier regelmäßig selbst disqualifizieren und dann lauthals darüber klagen, dass sie „zensiert“ würden und nicht mehr kommentieren dürfen.

  11. Zitat:

    „Aber es ist in der Tat bedauerlich, dass unsere angeblichen “Diskutanten” sich hier regelmäßig selbst disqualifizieren und dann lauthals darüber klagen, dass sie “zensiert” würden und nicht mehr kommentieren dürfen“.

    Wenn Du an dieser Stelle von Deinen Diskussionsgegnern einen höflichen und sachlichen Umgangston erwartest – was ich durchaus nachvollziehen kann und was auch berechtigt ist -, dann solltest Du als Pressesprecher der GWUP aber auch mit gutem Beispiel vorangehen und in deinen Blogposts von solchen Bezeichnungen wie „irre“, „Spinner“ etc. Deinerseits auch Abstand nehmen.

    Fakt ist, dass die GWUP ja Verschwörungstheoretiker und Pseudowissenschaftler zwar nicht besonders mag, aber das ist noch lange kein Grund, Menschen mit abweichenden Meinungen und alternativen Welterklärungsmodellen (unabhängig davon, ob diese richtig oder falsch sein mögen) verächtlich zu machen, zumal in unserer Demokratie eh Meinungspluralismus herrscht und es selbstverständlich sein sollte, die Meinung anderer zu tolerieren und zu achten – außer natürlich es handelt sich um böswillig-verleumderische „Meinungen“ (Antisemitismus etc).

    Im Übrigen möchte ich auf neuste wissenschaftliche Erkenntnisse hinweisen, wonach Verschwörungstheoretiker (und nein: Ich glaube an keine solcher Theorien, sondern möchte hier nur gegen die massenmediale Stigmatisierung von solchen protestieren) mit ihren Theorien durchaus einen produktiven Beitrag zur Gesellschaft und zur Demokratie leisten (Ausnahme sind natürlich antisemitische Verschwörungstheorien).

    Quelle hierzu:

    Anton, Andreas; Schetsche, Michael; Walter, Michael (Hg.): Konspiration. Soziologie des Verschwörungsdenkens. Wiesbaden: Springer VS, 2014.

  12. @Tim:

    << und in deinen Blogposts von solchen Bezeichnungen wie “irre”, “Spinner” etc. Deinerseits auch Abstand nehmen. << Konkrete Beispiele werden gerne genommen. Bis dahin gehe ich davon aus, dass Du Dich auf "Kommentarschlachten" beziehst, wo unsere Diskutanten auch nach dem 200. Kommentar gesicherte Erkenntnisse wie z.B. Naturgesetze leugnen oder einfach für ungültig erklären, wenn diese ihrer "Argumentation" im Weg stehen, oder auch nach x-facher Bitte/Aufforderung keinerlei Belege für ihre Behauptungen liefern. << zumal in unserer Demokratie eh Meinungspluralismus herrscht << Das ist schon richtig und mag auch für die Geisteswisenschaften und besonders für die Medien gelten - in den Naturwissenschaften ist das etwas anders Gesicherte Erkentnisse sind keine "Meinungen" und werden in der Naturwissenschaft auch nicht per Mehrheitsmeinung herbeigeführt und unterliegen auch keiner Abstimmung, noch sind sie beliebig wandelbar, je nachdem welche "Schule" gerade meinungsführend ist. Wenn z.B. jemand die Grundannahmen der Homöopathie vehement verteidigt oder mit "Erdstrahlen" ankommt, dann ist keine "Meinung", sondern belegbar falsch. Darauf machen wir aufmerksam. Über den Ton bin ich jederzeit bereit, zu reflektieren und dazuzulernen. << wonach Verschwörungstheoretiker mit ihren Theorien durchaus einen produktiven Beitrag zur Gesellschaft und zur Demokratie leisten. << Der Ansatz dieses Buches scheint ähnlich dem, worüber wir gerade reden: Da ist z.B. von "alternativen Deutungen" die Rede, von "realen historischen Erfahrungen", also quasi: Der Verschörungstheoretiker als eine Art Kämpfer gegen das "Meinungsmonopol" der Massenmedien, der Informationslücken füllt, wo die offizielle Erklärung versagt oder einfach noch nicht so weit ist. Dieses Ansatz kann ich *so* nicht teilen. Dass es reale Verschwörungen mit z.T. erheblichen Auswirkungen gab und gibt, bestreitet doch niemand - hat aber nur sehr wenig mit reinen Phantasieprodukten a la Chemtrails, Reptilienmenschen o.ä. zu tun. Aus welchem Grund sollte man *diese* VT soziologisch aufwerten und ihren Vertretern soziologische Ehren angedeihen lassen? Soweit ich weiß, ist "Watergate" z.B. nicht von Verschwörungstheoretikern aufdeckt worden, sondern von ganz normalen Mainstream-Journalisten. Auch deshalb kann ich die Stilisierung von Verschwörungstheoretikern zu "wachsamen Kritikern" (ich übertreibe) nicht ganz nachvollziehen. Dass solche Ideen in den traditionellen Massenmedien nicht zum Zuge kommen, kann ja auch durchaus gute Gründe haben - und da sind wir wieder beim Punkt "Meinungen". Es ist m.E. nicht jede Meinung völlig gleichberechtigt, weil es ganz erhebliche Unterschiede in der Plausibilität gibt. Und wenn Du die "Demokratie" betonst: Ja, aber lebt eine funktionierende Demokratie nicht eben gerade davon, dass ihre Bürger gut und vor allem *richtig* informiert sind? Welchen Beitrag leisten dazu Esoteriker und Verschwörungstheoretiker? Was passiert, wenn eine nennenswerte Anzahl von Bürger einer Demokratie an Ansichten ("Meinungen") festhält, die allen Fakten zuwiderlaufen? Was passiert, wenn die Politik ihre Entscheidungen demnächst an der "Meinung" von Chemtrail-Fans ausrichtet, was die SPD dieser Tage tatsächlich ernsthaft angedeutet hat? Was hätte das dann noch mit dem "Wohl" der Bürger zu tun? Welchen Beitrag leisten Impfgegner und "Reichsbürger" für das "Wohl" des Einzelnen und der Gesellschaft? Das große Problem damit ist, dass auch "Meinungen" Folgen haben, für den Einzelnen und für die Gesellschaft/Demokratie, vgl.: http://www.nachdenken-bitte.de/kritisches-denken/meinungen-ansichten-ideen-uberzeugungen-entscheidungen-und-handlungen/

  13. Hallo Tim,

    wir können gleich hier an ein schönes Beispiel für unsinnige Argumentationsmuster von Verschwörungstheoretikern anknüpfen, wenn HJM schreibt:

    „Science advances by disproof: Also, wackere GWUPler, packt’s an! NUR EVIDENZ zählt, nicht wilde Behauptungen eines Professors, der wissentlich LÜGT, warum auch immer (cui bono?)!“

    Wem nützt es? Wer von einem Ereignis profitiert, muss es auch verursacht haben – in diesem Fall „lügt“ Prof. Ernst, weil er von der Pharmaindustrie bezahlt wird.

    Klingt einleuchtend, ist aber völlig falsch, selbst als „Meinung“.

    Ein Beispiel, das irgendwo mal im „Skeptiker“ stand: In den USA gab es einen Hotelbrand, bei dem viele hundert Menschen starben.

    Danach wurden die Sicherheitsmaßnahmen, Baurecht etc. erheblich verschärft, was die Hotelgewerkschaft schon lange zuvor gefordert hatte.

    Heißt also: Der Brand wurde von der Gewerkschaft gelegt, weil sie davon profitiert hat.

    Das ist natürlich Unsinn, und deshalb bin auch ich nicht bereit, „Meinungen“ von VT einfach so als gleichberechtigt stehenzulassen.

    Siehst Du auch das massive Diskriminierungspotenzial von Verschwörungstheorien, wo jeder für dumm, gekauft, bestochen, ahungslos, lügenhaft erklärt wird, der die VT nicht teilt?

    Also genau das, was Du umgekehrt den Skeptikern vorhälst.

  14. @Martina:

    << Ein Beispiel, das irgendwo mal im “Skeptiker” stand: << http://www.gwup.org/zeitschrift/skeptiker-archiv/675-skeptiker-2008-4

  15. Ich kann eure Meinung zwar grundsätzlich nachvollziehen, aber halte den Begriff der „Meinung“ für so komplex, dass man ihn sprachphilosophisch auseinandernehmen müsste. Das kann ich hier allerdings nicht leisten.

    Dennoch: Eine Meinung muss ja nicht richtig sein. Wenn ich sagen würde, dass Zitroneneis lecker sei, ist das auch objektiv falsch. Zitroneneis mag für mich lecker sein, aber ich kann dies ja nicht für alle Menschen annehmen. Insofern ist Wahrheit für mich kein notwendiges Kriterium einer Meinung. Wenn ich die Schwerkraft leugnen würde, wäre das objektiv natürlich falsch, da es naturwissenschaftlichen Erkenntnissen zuwiderläuft – aber solange ich es für richtig halten würde, ist es auch eine Meinung. Das notwendige Kriterium sehe ich im Für-Wahr-Halten von Ansichten, Einstellungen etc.

    Gut, natürlich gibt es VTs und pseudowissenschaftliche Konzepte, die ein gewisses Schadenspotential aufweisen (z.B. Homöopathie). Aber wenn nun ein David Icke behauptet, unter der Erde würden Reptiloide leben, sehe ich keine negative Auswirkungen auf die Gesellschaft. Kein Mensch wird in seiner Würde oder seiner körperlichen Unversehrtheit angegriffen, wenn ein David Icke so etwas behauptet.

    Außerdem kann es sehr wohl gefährlich sein, jede Meinung sofort als „paranoid“ zu stigmatisieren. Erinnern wir uns an den Fall Gustl Mollath, der ja, wenn ich richtig informiert bin, eine Schwarzgeldaffäre diverser Banken aufgedeckt hat. Ich kann es natürlich auf die Schnelle nicht zitieren (sitze gerade in der Uni), aber soweit mir bekannt, hat der Gerichtsgutachter ihn in seinem Gutachten als „paranoid“ bezeichnet – das ist sprachlich nicht mehr soweit weg von dem Label „Verschwörungstheorie“. Und was kam hinterher raus? Der Mann hatte Recht.

    „Gesicherte Erkentnisse sind keine „Meinungen“ und werden in der Naturwissenschaft auch nicht per Mehrheitsmeinung herbeigeführt und unterliegen auch keiner Abstimmung, noch sind sie beliebig wandelbar, je nachdem welche „Schule“ gerade meinungsführend ist.“

    Dem stimme ich generell zu, muss allerdings auch auf den Wissenschaftstheoretiker Thomas S. Kuhn hinweisen, demzufolge auch der Wissenschaftsbetrieb letztlich ein sozialer Betrieb ist, indem Rivalitäten, Feindseligkeiten und allzu menschliche Verhaltensweisen oftmals dafür sorgen können, dass man die Ansichten des ein oder anderen als „pseudowissenschaftlich“ stigmatisiert (siehe Kuhn, Thomas Samuel: The structure of scientific revolutions“). Auch das, was heutzutage als „Wissen“ gilt, ist teilweise sozial konstruiert, nicht umsonst unterscheiden Schetsche et. al. (Quelle bereits erwähnt) zwischen „heterodoxem Wissen“ (Verschwörungstheorien) und „orthodoxem Wissen“ (also offizielle Deutungen).

    Gut, in der Naturwissenschaft mag es solche Konstruktionen von Wissen nicht geben. Aber stellen wir uns doch wenigstens als Gedankenexperiment einmal folgendes vor: Die offizielle Deutung der Massenmedien ist nicht die Attentäter-These, sondern wäre die These eines inszenierten Anschlags – in einem solchen Fall wäre Wissen tatsächlich nur konstruiert und wir hätten kaum Möglichkeiten der objektiven Überprüfung.

    Ich werte also VTs positiv und kann auch nicht erkennen, was an ihnen schlimm sein soll. Und solange ein Chemtrail-Anhänger behauptet, die Amerikaner würden dort oben irgendwas sprühen, soll er dies tun. Ich würde ihn erst dann moralisch verurteilen wollen, wenn er konkret jemandem schaden würde (z.B. durch antisemitische oder sonstige volksverhetzende Behauptungen). Solange er aber in seiner eigenen kleinen Welt lebt, sehe ich nicht den geringsten Anlass für die Gesellschaft, ihn zu stigmatisieren…

  16. @Tim:

    Ich kann das ebenfalls weitgehend nachvollziehen, deshalb nur noch ein paar wenige unsystematische Gedanken dazu:

    << Aber wenn nun ein David Icke behauptet, unter der Erde würden Reptiloide leben, sehe ich keine negative Auswirkungen auf die Gesellschaft. Kein Mensch wird in seiner Würde oder seiner körperlichen Unversehrtheit angegriffen, wenn ein David Icke so etwas behauptet. << Sicher, im Bereich VT gibt es eine ganze Menge, was man einfach als Moderne Mythen, Info-Sagen, Fantasy oder auch "Spaß-Verschwörungstheorien" stehen lassen kann. Ein "Gefahrenpotenzial" sehe ich trotzdem, gerade im Unterschied zu fiktiven Sachen wie "Illuminatus" von Wilson/Shea: Icke erhebt ausdrücklich den Anspruch auf Wahrheit, er verbreitet seine Ansichten nicht als "Meinung" oder "Science Fiction" (dazu ganz unten ein Link). Mit seiner gesamten Vorgehensweise (exemplarisch für *alle* Verschwörungstheoretiker, sage ich jetzt mal vereinfacht), mit der er zu seinen speziellen "Erkenntnissen" gelangt sein will, diskreditiert er die wissenschaftliche Vorgehensweise, mit der man üblicherweise zu Erkenntnis gelangt. Man könnte also sagen, dass Icke ein antirationales und antiwissenschaftliches Weltbild entwirft, das in Verbindung mit seinem Anspruch auf Wahrhaftigkeit eine Art von Parallelrealität erzeugt, deren "Schadwirkung" in diesem Fall vielleicht überschaubar sein mag. Trotzdem ist das für mich ein Punkt, bei dem ich die Harmlosigkeit auch von kuriosen VT schon etwas in Abrede stellen würde. << Außerdem kann es sehr wohl gefährlich sein, jede Meinung sofort als "paranoid" zu stigmatisieren. Erinnern wir uns an den Fall Gustl Mollath ... Der Mann hatte Recht. << Richtig. Ich denke, Dein entscheidender Satz ist der: << Und was kam hinterher raus? << Genau - es kam raus, wenn auch viel zu spät. Das zeigt aber trotzdem, dass diese reale Verschwörung einer Überprüfung zugänglich war und auch Konsequenzen aus der Überprüfung gezogen wurden. Umgekehrt kam jetzt aktuell z.B. bei der Überprüfung von Dianas Unfall in Paris durch das englische Militär (wegen SAS und so) nichts dabei heraus. Und das ist genau mein Punkt mit den "echten" Verschwörungen, die zumeist aufgedeckt werden, und zwar nicht von Verschwörungsfans, sondern von ganz normalen, recherchierenden Mainstream-Journalisten, die eben nicht allesamt mit den Verschwörern unter einer Decke stecken, wie stets behauptet wird. Ich frage seit Jahren nach einer Verschwörungstheorie, die sich irgendwann mal als wahr herausgestellt hat. Heißt: Die zuvor als "Verschwörungstheorie" kursierte und in entsprechenden "Alternativmedien" diskutiert wurde und sich dann tatsächlich bewahrheitete. Gibt es das? Ich kenne auf Anhieb zumindest keine (und ich meine jetzt nicht vage Gerüchte wie z.B. die Spekulationen über das US-Atomprogramm im 2. Weltkrieg, sondern echte, ausgearbeitete Verschwörungstheorien mit explizit benannten Tätern und Opfern). << Die offizielle Deutung der Massenmedien ist nicht die Attentäter-These, sondern wäre die These eines inszenierten Anschlags - in einem solchen Fall wäre Wissen tatsächlich nur konstruiert und wir hätten kaum Möglichkeiten der objektiven Überprüfung. << Weiß ich nicht. Ich denke, Du willst auf 11/9 hinaus: Aus "skeptischer" Sicht haben wir die Situation, dass die Attentäter-These vorherrscht und als "die offizielle" gilt. Diese wird vielfach in Zweifel gezogen, es gibt zahlreiche Überprüfungen der Sachverhalte - keine davon ist offenbar überzeugend genug, um die "offizielle" Version zu Fall zu bringen. Ich denke, das ist zum Beispiel ein Unterschied zur Geschichtsfälschung der damaligen SU in Sachen Katyn o.ä. Wenn die Situation jetzt umgekehrt wäre ("offizielle" These wäre eine inszenierter Anschlag, die VT dazu wäre ein Al-Qaida-Anschlag) - was genau wäre dann der Unterschied in Sachen Überprüfbarkeit und Recherche? << Und solange ein Chemtrail-Anhänger behauptet, die Amerikaner würden dort oben irgendwas sprühen, soll er dies tun. Ich würde ihn erst dann moralisch verurteilen wollen, wenn er konkret jemandem schaden würde (z.B. durch antisemitische oder sonstige volksverhetzende Behauptungen). << Das tun sie aber doch. Erstens halte ich auch hier allein die Behauptung, eine Regierung plane die systematische Auslöschung von mehreren Millionen Menschen durch Chemtrails nicht unbedingt für eine harmlose Spinnerei (Axel Stoll erzählt z.B., die gesamte Weltbevölkerung solle von derzeit etwa 7,8 Milliarden auf 200 Millionen Menschen "reduziert" werden). Jemand, der so etwas behauptet, ist aus meiner Sicht keinem rationalen Diskurs in einer Demokratie mehr zugänglich. Zweitens *scheint* (ich sage ausdrücklich "scheint") es durchaus Verbindungen der Chemtrail-Szene zu den "Reichsbürgern" und Neonazis zu geben - hier haben wir möglicherweise eine klassische Scharnierfunktion, über die verschiedene Verschwörungstheorien miteinander verbunden werden können. Grob vereinfacht: Wer "den Amis" (oder jeder sonstigen Regierung) die Vernichtung ihrer Bevölkerung durch Chemtrails zutraut, der traut ihr zwangsläufig auch alles andere zu. http://recentr.com/2013/11/warum-david-icke-sie-geistig-verarmt-und-einsperrt/

  17. Gut, Deinen Punkten stimme ich weitestgehend zu. Hier und da hätte ich vielleicht kleinere Einwände, aber im Großen und Ganzen ist das alles richtig.

    Es gibt sicherlich auch viele rechtslastige Chemtrail-Anhänger, ich habe mich in meinem Beispiel aber nur auf diejenigen beziehen wollen, die lediglich die Chemtrail-VT vertreten und darüber hinaus kein rechtes Weltbild haben.

    Eine VT, die sich als wahr herausgestellt hat, ist z.B. die Existenz von Area 51 – mittlerweile auch von der CIA eingeräumt. Die Verschwörungstheorie um die Ermordung Uwe Barschels wiederum KÖNNTE sich als wahr erweisen, wenn die Akten nach 30-jähriger Sperrfrist geöffnet werden. Aber ich lehne mich hierzu nicht aus dem Fenster, da mir die nötigen historischen Kenntnisse dafür fehlen.

    „Erstens halte ich auch hier allein die Behauptung, eine Regierung plane die systematische Auslöschung von mehreren Millionen Menschen durch Chemtrails nicht unbedingt für eine harmlose Spinnerei […]“

    Natürlich ist dies eine radikale These. Wir dürfen aber auch nicht vergessen, dass Regierungen nicht immer das Beste für ihre Bevölkerung im Sinn hatten. Dass Staaten auch willens sein können, die eigene Bevölkerung auszuradieren, hat die Geschichte ja eindeutig bewiesen (Holocaust, Völkermord der Roten Khmer an den Kambodschanern etc.). Insoweit muss man in gewisser Weise die Paranoia von VTlern emotional nachvollziehen können.

    Ich halte nicht jeden VTler für bescheuert oder irrational. Gerade hier würde ich mir einen offenen Diskurs der GWUP mit manchen Vertretern alternativer Deutungen wünschen. Eine Podiumsdiskussion etwa mit Ufologen und Parapsychologen etwa könnte durchaus konstruktiv und fruchtbar verlaufen. Gerade die beiden genannten Gruppen scheinen mir einer rationalen Argumentation zugänglich zu sein, besonders die moderne Ufologie, die höchsten wissenschaftlichen Ansprüchen genügen möchte (siehe hierzu: Schetsche, Michael; Anton, Andreas (Hg.): Diesseits der Denkverbote. Bausteine für eine reflexive Ufo-Forschung. Münster: LIT-Verlag, 2013)

  18. @Tim:

    << Es gibt sicherlich auch viele rechtslastige Chemtrail-Anhänger, ich habe mich in meinem Beispiel aber nur auf diejenigen beziehen wollen, die lediglich die Chemtrail-VT vertreten und darüber hinaus kein rechtes Weltbild haben. << Gut, ich habe kein Problem damit, Diejenigen auszunehmen, die morgens zum Himmel schauen, Kondensstreifen sehen und sagen: "Haben die schon wieder gesprüht", ohne weitere Implikationen. << Insoweit muss man in gewisser Weise die Paranoia von VTlern emotional nachvollziehen können. << Das ist ein interessanter Gedanke. << Eine VT, die sich als wahr herausgestellt hat, ist z.B. die Existenz von Area 51 - mittlerweile auch von der CIA eingeräumt. << Bin ich mir nicht ganz sicher. Sagen wir mal so: Das Eingeständnis, *dass* es eine s.g. "Area 51" gibt, würde ich zunächst einmal als Aufdeckung einer Lüge, einer Vertuschung, eines Staatsgeheimnisses o.ä. sehen. Die Vermutungen der Ufologen gingen (oder gehen immer noch? Weiß ich nicht genau) ja darüber hinaus und betrafen eher das, was konkret auf diesem Gelände getrieben wird oder was sich dort "im Keller" so alles befindet. Zu einer "Verschwörung" gehört per definitionem eigentlich, dass zwei oder mehrere Parteien sich gegen jemand anderen verschwören/verbünden, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Nun könnte man natürlich sagen, die Regierung hat sich mit dem Militär gegen das Volk verschworen, auch in dem Sinne, von dem ganz "normalen" Zweck der Area 51 abzulenken. Gut, dann könnte man es so sehen. << Die Verschwörungstheorie um die Ermordung Uwe Barschels wiederum KÖNNTE sich als wahr erweisen, wenn die Akten nach 30-jähriger Sperrfrist geöffnet werden. << Ja, durchaus. << Gerade die beiden genannten Gruppen scheinen mir einer rationalen Argumentation zugänglich zu sein, besonders die moderne Ufologie, die höchsten wissenschaftlichen Ansprüchen genügen möchte << Das ist sicher richtig. Ich denke, die Unterschiede würden sich dann eher in der Methodik oder z.B. in der Frage, was man als "Beweis" gelten lassen kann, zeigen. In diese Richtung gehen ja auch die jahrzehntelangen Auseinandersetzungen zwischen Parapsychologen und Skeptikern um die Interpretation der Daten und die konkreten Schlüsse, die man daraus ziehen kann oder eben nicht ziehen kann - also etwa die Frage, ob ein paar Signifikanzen (salopp) ausreichen, um ein "Phänomen" zu begründen, für das es noch keine positive Definition gibt. Aber ich werde mir das genannte Buch mal besorgen.

  19. Hallo Tim,

    „demzufolge auch der Wissenschaftsbetrieb letztlich ein sozialer Betrieb ist, indem Rivalitäten, Feindseligkeiten und allzu menschliche Verhaltensweisen oftmals dafür sorgen können, dass man die Ansichten des ein oder anderen als “pseudowissenschaftlich” stigmatisiert (siehe Kuhn, Thomas Samuel: The structure of scientific revolutions”).“

    Sicher, Wissenschaft wird von Menschen mit all ihren Emotionen, Zielen und Absichten gemacht – das diskreditiert aber nicht die Methodik an sich.

    Hier schlägt immer mal wieder das „Semmelweis-Argument“ auf, als Beleg dafür, dass das herrschende Weltbild falsch sein kann und „Querdenbker“ diskriminiert werden.

    Das Beispiel taugt aber nicht, denn es ging damals um Standesdünkel, nicht um die Methodik an sich.

    Die Kollegen hätten nur eine Vergleichsstudie „Säuglinmgssterblichkeit mit Händewaschen“ versus „Säuglingssterblichkeit ohne Händewaschen“ durchführen müssen, um Semmelweis Behauptung zu überprüfen.

    Sie haben sich geweigert, das zu tun.

    Posthum bekam Semmelweis recht, was eher belegt, dass die wissenschaftliche Methodik sich trotz aller Menscheleien langfristig durchsetzt.

  20. Erst einmal bin ich positiv überrascht, wie freundlich Skeptiker sein können und wie freundlich man mir hier begegnet. Mein Bild von der GWUP ändert sich zum Positiven. An dieser Stelle also danke für das harmonische Diskussionsklima hier – und ich meine das durchaus ernst!

    Martina, das „Semmelweis-Argument“ wollte ich gar nicht bringen. Mir ging es darum, zu verdeutlichen, dass auch Begriffe wie „Pseudowissenschaft“ und dergleichen oft als Kampfbegriffe benutzt werden, um unliebsame Konkurrenten in Misskredit zu bringen. Die Methodik an sich diskreditiert das freilich nicht, da hast du recht. Doch was ist Methodik? Mir scheint, dass sich viele ihre Methodik so zurecht biegen, wie es ihnen passt. Vergessen wir nicht: Auch Homöopathen publizieren in peer-reviewten Zeitschriften und verfolgen in ihren Artikeln einer Methodik (so hat Harald Walach etwa sowohl in dem Journal of Scientific Exploration als auch in der Zeitschrift für Anomalistik publiziert. Derzeit zitiere ich einen Aufsatz von ihm für meine Bachelorarbeit – allerdings übernehme ich nicht seine Wertung hinsichtlich der Homöopathie etc.)

    Das Problem zwischen Skeptikern und „Gläubigen“ aller Art ist doch folgendes: Irgendwer – ich will hier niemandem die Schuld zuschieben – hat mal damit angefangen, den anderen als „Spinner“ etc. zu bezeichnen. Seitdem befinden wir uns in genau dem Teufelskreis, der eigentlich niemandem so recht gefallen kann: VTler gegen GWUP, GWUP gegen VTler, GWUP gegen Gesellschaft für Anomalistik, GWUP gegen Edgar Wunder, Edgar Wunder gegen GWUP … die Reihe ließe sich endlos so weiterführen.

    Es geht letztlich nur um die Wahrheit, um nichts anderes. Wie schon der Ufo-Forscher Jacques Vállee sinngemäß sagte, sollte Hass kein Bestandteil von Wissenschaft sein.

  21. @Tim:

    Auch ich habe zu danken für die interessante Diskussion und die Anregungen, hat sich gelohnt.

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