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Proteste: Von der Corona-Krise zum Wut-Winter – Aluhut-Träger und die Mitte der Gesellschaft

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Das rbb-Magazin „Kontraste“ hat versucht herauszufinden,

Wie Rechtsradikale den „Wutherbst“ orchestrieren wollen

Dabei machen die Reporter ein Bündnis aus „Querdenkern, Freien Sachsen, Identitärer Bewegung und AfD“ aus.

Zum Sommerfest des rechtsextremen Compact-Magazins in Stößen (Sachsen-Anhalt) bekam das TV-Team keinen Zutritt – allerdings ist die ganze bizarre Veranstaltung bei Youtube zu sehen, siebeneinhalb Stunden lang, inklusive Jürgen Elsässers Aufruf, „dieses Regime zu stürzen“ (Minute 36:30).

Das „Kontraste“-Video (zirka acht Minuten) gibt es hier (mit Transkript) und in der ARD-Mediathek.

Auch die Amadeu Antonio Stiftung warnt in einem 24-seitigen Policy Paper vor einer „antidemokratischen Kampagnenmaschine“:

Über zwei Jahre Dauerbeschallung mit Verschwörungsideologien, Antisemitismus und Desinformation haben ein neues demokratiefeindliches Milieu entstehen lassen, das für immer neue Anlässe mobilisierbar bleibt. Das Protestgeschehen hat eine neue Qualität, inzwischen wird unabhängig vom Thema gegen die Demokratie als solche mobilisiert.

Die Publikation steht hier zum kostenlosen Download bereit.

Eine zentrale Forderung des Papiers ist, demokratischen Protest zu ermöglichen:

Für viele Menschen in Deutschland zeichnen sich schwerer wirtschaftlicher Schaden und hohe Belastungen ab. Protest und Demonstrationen müssen möglich sein, aber berechtigte Sorgen sind kein Grund, mit Rechtsextremen auf die Straße zu gehen.

Institutionen wie Gewerkschaften, Parteien und zivilgesellschaftliche Gruppen sind aufgerufen, demokratischen Protest zu ermöglichen und Lösungswege ohne menschenfeindliche Inhalte aufzuzeigen.

Das ist ein entscheidender Punkt, den auch das CeMAS aufgreift. Denn selbstverständlich ist es „wichtig, das Instrument des Protestes nicht von vorneherein zu delegitimieren“:

Genau daran hat es in der Corona-Krise vielerorts gefehlt, und deshalb war es schwierig bis unmöglich, bei den Protestveranstaltungen „Nazis, rechte Aluhut-Träger oder Corona-Leugner“ von der „Mitte der Gesellschaft“ zu unterscheiden.

Klar ist aber auch:

Verschiedene Akteur:innen planen Proteste, um die Krisenlage für die eigenen Zwecke zu nutzen. In den entsprechenden Telegram-Kanälen ist dann etwa die Rede vom „Großen Erwachen“ und einem „aufziehenden Sturm, der die Grundmauern des Systems erschüttern“ würde. Einem Untergang wird teilweise regelrecht entgegengefiebert,

schreibt das CeMAS.

An all dem gibt es nichts zu relativieren, „die von Verfassungsfeinden und Verschwörungsideologen ausgehende Gefahr ist alarmierend groß“, kommentiert Peter Maxwill bei Spiegel-Online:

Der Kampf dagegen aber darf der Debatte über Energie- und Sozialpolitik nicht im Weg stehen. Und erst recht nicht darf der Eindruck entstehen, der Verweis auf Rechtsextreme sei womöglich nur ein Manöver, um Protest zu delegitimieren. Protest, für den es gute Gründe gibt.

Es wird sich zeigen, ob „Lehren aus den Erfahrungen mit dem Corona-Protestgeschehen“ gezogen werden, von der Politik, den Sicherheitsbehörden, der Gesellschaft – und von uns allen.

Zum Weiterlesen:

  • Verschwörungsideologen und „Querdenker“ mobilisieren für einen deutschen Wutwinter, GWUP-Blog am 28. Juli 2022
  • Pia Lamberty: „Man darf nicht unterschätzen, wie stark Ideologien sind“, swr 2 am 22. August 2022
  • Wenn es kalt und teuer wird – „Wutwinter“ als Herausforderung für die Demokratie, Deutschlandfunk Kultur am 2. August 2022
  • Energiepreise: Wird es im Herbst Proteste geben? WDR 1 am 28. August 2022
  • Krisenzeiten als Brandbeschleuniger rechtsextremer Mobilisierung, cemas am 17. August 2022
  • Compact und „Babylon Berlin“: Einstweilig abgesagt, Süddeutsche am 1. September 2022
  • Das „Querdenken“-Milieu als antidemokratische Kampagnenmaschine, Belltower News am 27. August 2022
  • Demokratiefeinde setzen Hasskampagnen in der Energiekrise nahtlos fort, Belltower News am 26. August 2022
  • Wutwinter, Teil 2: Gewalt soll den Systemsturz bringen, Belltower News am 16. August 2022
  • Wutwinter, Teil 1: Die „neue Rechte“ will, dass Deutschland leidet, Belltower News am 15. August 2022
  • Energiekrise: So bereitet sich die AfD auf den „Heißen Herbst” vor, Belltower News am 9. August 2022
  • Corona-Proteste: Austauschbare Inhalte, gefestigte Kernideologie, Belltower News am 20. Juni 2022
  • Proteste gegen die Krisenpolitik: Der kommende Aufstand, Zeit-Online am 13. August 2022
  • Energiekrise: Der Protest lädt sich auf, Zeit-Online am 27. August 2022

2 Kommentare

  1. Das wäre auch meine Sorge, dass legitime Proteste gegen den Kurs der Regierung, von Feinden der Demokratie (Rechtsextreme, Nazis, Reichsbürger, Querdenker) vereinnahmt werden. Leider grenzen sich zu wenig von den Demokratiefeinden ab.

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