gwup | die skeptiker

… denken kritisch seit 1987.

Pharmaziestudierende lehnen Homöopathie „entschieden“ ab

| 10 Kommentare

Nach den Medizinstudierenden hat sich jetzt auch der Bundesverband der Pharmaziestudierenden in Deutschland klar gegen die Homöopathie positioniert.

Der BPhD beurteilt die Grundsätze der homöopathischen Lehre und Prinzipien als unwissenschaftlich und lehnt sie deshalb entschieden ab. Der BPhD fordert, dass Homöopathika und weitere Arzneimittel der ungesicherten Therapiemethoden durch den Hersteller oder zu Werbezwecken nicht mehr als “alternativ” bezeichnet werden dürfen

heißt es in einem Positionspapier, das bei der Bundesverbandstagung in Marburg verabschiedet wurde.

Hahnemanns Lehren sind mit den Grundsätzen wissenschaftlicher Erkenntnis nicht in Einklang zu bringen. Verglichen mit der evidenzbasierten Medizin ist Homöopathie ein konstruiertes, illusorisches Konzept, diametral entgegengesetzt zum Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis.

Hier geht’s zum Download.

Zum Weiterlesen:

  • Die Medizinstudierenden in Deutschland positionieren sich gegen Homöopathie, GWUP-Blog am 3. Juni 2020
  • So steht der pharmazeutische Nachwuchs zur Homöopathie, pharmazeutische-zeitung am 23. Mai 2023

10 Kommentare

  1. Wer jetzt noch nicht gemerkt hat, dass die Zeit der Homöopathie in Medizin und Gesundheitswesen abgelaufen ist, der hat den Schuss nicht gehört. Was sonst soll man aus der unmissverständlichen Positionierung der angehenden Fachberufler in Medizin und Pharmazie schließen?

    Das opportunistische Schweigen der politischen Landschaft ist inzwischen geradezu dröhnend geworden. Es muss endlich begriffen werden, dass eine Aufhebung der Binnenkonsensregelungen und des Registrierungsprivilegs keine Eingriffe „zu Lasten“ der Leute wäre, die „Homöopathie gerne verwenden“ (können sie gern weiter tun, aber ohne das derzeit immer noch irreführende Gütesiegel der Arzneimitteleigenschaft), sondern die Wahrnehmung einer längst unbestreitbar notwendigen Schutzpflicht des Staates gegenüber seinen Bürgern.

    Mit ist bekannt, dass der Bundesverband der Pharmaziestudierenden es sich nicht leicht gemacht hat mit diesem Positionspapier. Nun, was lange währt, wird manchmal auch besonders gut. Wie in diesem Fall. Das Papier lässt nichts aus, was im Rahmen der Homöopathiekritik von Bedeutung wäre und wählt dabei eindeutige Worte.

    Die Signalwirkung sollte beträchtlich sein, letztlich ist das Papier einer der ersten großen Risse in der „Apothekerfront“, die bislang unverrückbar zur Homöopathie stand. Wir erinnern uns: Vor geraumer Zeit wurde ein Vorstoß der Apo-Kammer Berlin, der Bundesapothekertag möge beschließen, Homöopathie nach den Kriterien der Evidenzbasierten Medizin zu behandeln, von der ABDA abgeschmettert. Mit der Begründung, eine Expertengruppe der ABDA befasse sich bereits mit dem Thema Homöopathie.

    Das könnte angesichts des Positionspapiers der Pharmaziestudierenden doch sicher als inzwischen obsolet angesehen werden.

    Es scheint ohnehin, dass die vorgeblich seit geraumer Zeit tagenden Experten irgendwie die Kieselsteine, auf denen sie laufen, nicht zu erkennen vermögen. Aber vielleicht arbeiten sie noch die Blamage der deutschen Apothekenvertreter beim Apotheker-Weltkongress 2018 (Glasgow) auf, wo sich eine recht breite Front gegen Homöopathie in den Apotheken fand und die deutsche Gegenrede gegen das Eingangsstatement von Prof. Tucker (Sheffield) dem Vernehmen nach offenbar in gewisser Weise als Peinlichkeit empfunden wurde …

    Mit Interesse sollten die nächsten Konferenzen der Landes-Apothekenkammern beobachtet werden.

  2. Gesundheitsminister Lauterbach äußert anlässlich des Todes von Tina Turner Kritik an Homöopathie.

    https://www.rollingstone.de/karl-lauterbach-tina-turner-homoeopathie-2590901/

    Turner hatte Bluthochdruck nicht schulmedizinisch behadeln lassen, sondern der Homöopathie vertraut. Laut eigener Aussage hat sie so ihre Nieren schwer geschädigt und war seither um Aufklärung bemüht.

    https://www.showyourkidneyslove.com/articles/my-kidney-are-victims-of-my-elevated-blood-pressure-tina-turner/

    Auch in einer ihrer letzten Äußerungen über Social Media, im Rahmen des Weltnierentags, wies sie ausdrücklich darauf hin, dass sie der Schulmedizin hätte vertrauen müssen.

    https://www.gmx.net/magazine/unterhaltung/musik/tina-turner-stolz-nachdenklich-nachrichten-38250718

  3. Tina Turner hatte nach diesem Vorgang immer noch gute Worte für die Homöopathie. Die ganze Story:

    https://onkelmichael.blog/2018/10/18/tina-turners-niere-und-eine-klassische-therapieverschleppung/

    Und, sorry, ja, tut mir wirklich leid, das sagen zu müssen: Herrn Lauterbachs Statements zur Homöopathie sind gut und schön, aber bislang sah er sich offenbar außerstande, auch nur einen Ansatz zur Lösung des offen auf dem Tisch liegenden Problems zu unternehmen. Es fehlt sichtlich an der politischen Durchsetzungsfähigkeit.

    Auch von anderen Gesundheitspolitikern aus der Berliner Sphäre, die das Problem klar erkannt haben, hört man, als Teil der politischen Agenda sei es „nach wie vor heikel“. Heikel finde ich viel eher, dass der Mut fehlt, den Leuten im Interesse ihrer Gesundheit endlich reinen Wein einzuschenken und einen schweren Fehler aus dem Jahre 1976 zu korrigieren.

    Wie gut, dass es inzwischen unübersehbare Zeichen der Globukalypse gibt – trotz alledem.

  4. Ich habe langsam die Hoffnung, dass sich da etwas tut. Ich befürchte allerdings, dass es noch einige Generationen an Politikern und im Gesundheitswesen Tätigen braucht, bis sich eine Mehrheit findet, die es als wichtig erachtet, etwas zu ändern.

  5. Gibt es eigentlich noch Lehrstühle für Homöopathie an deutschen medizinischen Fakultäten? Ist Homöopathie immer noch ein Pflichtfach im Curriculum?

  6. @Udo Endruscheit

    „Tina Turner hatte nach diesem Vorgang immer noch gute Worte für die Homöopathie.“

    Nun neige ich ja schon dazu, mehrere Medien zu Themen zu konsultieren und dennoch endete es in einer Fehldeutung (zu Turners Äußerungen zur Aufklärung). Wenn man die ganze Dimension dieses Themas nur in einem Blog findet, könnte man daraus aber durchaus auch eine Medienkritik formulieren.

  7. @Bluesmaker:

    Ist ja nicht so. Die Primärquelle ist der eigene Bericht von Tina Turner in der Daily Mail.

    https://www.dailymail.co.uk/news/article-6245727/The-read-memoir-rocks-greatest-survivor-TINA-TURNER.html

    Was Fehldeutung betrifft, so findet sich die in Sachen Tina Turner / Homöopathie tatsächlich allerorten.

    Z.B. schrieb auch Herr Lauterbach auf Twitter allzu unpräzise, Homöopathie habe Turners Nieren „zerstört“. Worauf gleich die Replik auftauchte (ernst gemeint), also habe Homöopathie doch eine Wirkung und könne kein Placebo sein!

    Und schon war mal wieder der typische Twitter-Schaum da …

  8. @Thomas Roth c/o Praxis Dr. Sabine Roth

    Es gibt derzeit acht medizinische Fakultäten, die Homöopathie als Wahlpflichtfach anbieten – alle „betreut“ von der Carstens-Stiftung. Dazu gibt es „studentische Arbeitsgemeinschaften“ und Promotionsprogramme aus „gleichem Hause“.

    In den letzten Jahren ist die Zahl der anbietenden Fakultäten von 13 um fünf geschrumpft, was immerhin nicht wenig ist. Ich kenne zudem keine der verbliebenen, wo das Angebot nicht mindestens umstritten ist, teils „auf der Kippe“ steht und von der Studentenschaft kritisiert wird.

    Ähnlich ist es bei den studentischen Arbeitsgemeinschaften. Ein Fanal hat vor einigen Jahren die Kieler Studentenschaft gesetzt, indem sie es erreichte, dass die Uni für solche „Arbeitsgemeinschaften“ keine Räumlichkeiten mehr zur Verfügung stellt. Worauf die Sache auch einschlief.

    Lehrstühle „für Homöopathie“ im engeren Sinne gibts nicht und gabs auch nicht (selbst der 1928 auf Betreiben August Biers an der Humboldt-Uni eingerichtete unter Bastanier ist über ein kleines eingebettetes Institut nicht hinausgekommen und wurde auch später wegen „erwiesener Erfolglosigkeit“ (sic!) wieder geschlossen).

    Wenn, dann „versteckt“ sich die Homöopathie hinter „Naturheilkunde“ (sic!) und „integrativer Medizin“. So z.B. war ja die ehemalige Lehrstuhlinhaberin für Naturheilkunde und integrative Medizin an der Charité, Claudia Witt (jetzt Zürich) durchaus von der Carstens-Stiftung mit dem Auftrag ausgestattet, Homöopathie zu erforschen. (Was mit dem Eingeständnis endete, sie habe keine Wirkung über Placebo hinaus aufzuweisen.)

    Ihr Nachfolger, Andreas Michalsen, firmiert unter „Klinische Naturheilkunde“ am Institut für Sozialmedizin der Charité, hat aber ganz offensichtlich mit Homöopathie fast nichts mehr am Hut. Eine Geschichte für sich …

    Ob es allerdings eine Verbesserung darstellt, dass sein derzeitiger Forschungsschwerpunkt Ayurveda ist, das sei mal dahingestellt.

    Der Versuch, Homöopathie examensrelevant zu machen, wurde ja bereits 1992 nachhaltig durch die „Marburger Erklärung“ unter Federführung von Prof. Rudolf Happle (INH-Gründungsmitglied) verhindert.

    Die Unis wären ja legitimiert, Homöopathie in die Curricula einzubeziehen (sollen sie ja auch, nur nicht unter der false flag medizinischer Relevanz), denn in der derzeit geltenden Approbationsordnung steht sie ja noch drin. Allerdings im derzeit kursierenden Referentenentwurf für eine neue ApprO nicht mehr …

    In der Gesamtschau sehe ich eine schwindende universitäre „Basis“ für die Homöopathie, was für ihre Proponenten bitter sein dürfte. Denn seit Ende des 19. Jahrhunderts sind sie bemüht, akademische Weihen zu erlangen, was ihnen aber nie durchgreifend gelungen ist (einer der ersten der ein solches Begehren abschmetterte, war Rudolf Virchow persönlich). Infiltration gabs aber schon.

    So hat z.B. die Carstens-Stiftung lange Zeit (20 Jahre) durchaus ihren Einfluss an der LMU ausgeübt, indem sie am Von Haunerschen Kinderspital eine „homöopathiegeneigte“ Stelle mitfinanziert hatte, von wo aus auch jedes Jahr unter der Flagge der LMU Propagandaveranstaltungen pro Homöopathie gestartet wurden. Allerdings keine der eigentlich intendierten „Forschungsarbeiten“ zustande kam.

    Inzwischen hat sich das Von Haunersche recht spektakulär von der Homöopathie distanziert und die „Ringvorlesungen“ an der LMU sind auch Geschichte.

    Das nur als kleiner Abriss, soweit ich die Szene überblicke.

    Ich verorte die „universitäre Homöopathie“ übrigens inzwischen mehr in Österreich und insbesondere der Schweiz. Während in Österreich jedenfalls nach dem „Abschied“ von Prof. Frass von der MedUni Wien die Zuckerkugeln an den Unis durchaus auch langsam immer kleiner werden, ist die Schweiz ein regelrechter Zufluchtsort für „homöopathische Forscher“ geworden – genannt sei neben Claudia Witt z.B. auch der frühere Leiter des Homeopathy Research Institute, Alexander Tournier.

  9. @ Udo Endruscheit

    Auf der Med Uni Wien gibt es das Wahlfach Homöopathie seit 2018 nicht mehr. Linz hat nachgezogen, allerdings gibt es eine peinliche parlamentarische Anfrage zum Thema Komplimentärmedizin aus 2020, in dem auch die Homöopathie enthalten ist.

    https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVII/J/4615/fnameorig_856624.html

    Die Argumente kennen wir schon zur Genüge, und werden seit gefühlt 100 Jahren immer wieder durchgekaut.

    Ich glaube, es ist noch ein langer Weg…

    Erst letztens während unseres Warnstreiks kam das Thema im Kollegenkreis auf, die wildesten Anekdoten , wie sehr die die Homöopathie geholfen hat, und wie sehr die „Schulmedizin“ nicht geholfen hat. Man hat sich gegenseitig direkt übertrumpft!

    Da stehts auf verlorenen Posten!

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.