gwup | die skeptiker

… denken kritisch seit 1987.

Video: „Spezifisch deutsche“ Verschwörungsmythen

| 7 Kommentare

ZDF History mit einem (nicht ganz ausgegorenen) Mix aus kurzen geschichtlichen Rückblenden und längeren aktuellen Bezügen:

Deutsche Verschwörungsmythen – Reichsbürger und Querdenker

Vor allem aber zeigt die Dokumentation, welche Phänomene besonders in Deutschland eine Rolle spielen. Die Gedankenwelt der „Reichsbürger“ ist ein spezifisch deutsches Phänomen. Sie sehen den deutschen Staat als illegitim an und verleumden ihn als Statthalter fremder Interessen. Gleichzeitig träumen sie sich in ein vermeintliches Ideal des untergegangenen Deutschen Reiches zurück.

Zu diesen „spezifisch deutschen Phänomenen“ gehört angeblich auch eine Gruppierung namens „Spätmoderne Individualisten“ (Minute 18:40), zu der allerdings nichts im Netz zu finden ist, außer einer kurzen Erwähnung im Kommentarbereich der rechtsextremen PI-News – dort beschrieben als „bestehend aus Althippies, Esoterikern und Rechtsextremisten“.

Hier geht’s zum Video (zirka 45 Minuten).

Parallel dazu ist bei GEO Epoche ein Heft über Verschwörungstheorien erschienen.

Es geht unter anderem um Illuminaten, Bilderberger und Freimaurer, aber auch um moderne Ufologie und die Frage, warum viele den USA alles zutrauen.

Zum Weiterlesen:

  • Aus für Geo Epoche wohl nicht endgültig, spiegel.de am 11. Februar 2023
  • Sektenzentrum in Hessen: Ein Treffpunkt für die Verschwörungsszene, tagesschau.de am 9. Februar 2023
  • Reichsbürger: Der Medienhype um die Razzia, zapp am 8. Februar 2023
  • „Reichsbürger“ längst nicht entwaffnet, fr am 8. Februar 2023
  • Ermittler halten große Teile der Reichsbürgerszene für gewaltbereit, zeit.de am 4. Februar 2023
  • „Reichsbürger“ und Souveränismus, bpb am 27. August 2021

7 Kommentare

  1. Das Reichsbürgertum ein rein deutsches Phänomen ist, würde ich so nicht sagen. Auch in Österreich gibt es eine ähnliche Strömung (Stichwort: Staatenbund Österreich). Im Wesentlichen die gleichen „Argumente“, nur etwas adaptiert auf Österreich.

    Auch die USA und verschiedene angelsächsische Länder haben ihre Reichsbürger, welche dort als „sovereign citizen“ auftreten.

  2. In Russland ist es Staatsdoktrin. Back in the USSR. Das Reich,das Putin beansprucht, ist die Sowjetische Einflusssphäre Stand 1950.

  3. @Moebius

    Vladimir Putin nimmt sich wohl eher das russische Zarenreich als Vorbild.

    s. Michel Eltchaninoff, In Putins Kopf: Logik und Willkür eines Autokraten, Stuttgart, 2022.

  4. @Carsten Ramsel

    Es gibt dieses berühmte Zitat Putins, in dem er den Untergang der Sowjetunion [und eben nicht des russischen Reichs und die Ermordung der Zarenfamilie durch die Bolschewiki, meine Anmerkungen] als größte geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts bezeichnet hat. Das weist darauf hin, dass er das Ziel hat, das Imperium – in welchen Grenzen auch immer – wiederzuerrichten. Putin will Russland wieder zu einer Weltmacht wie zu sowjetischen Zeiten machen, eine Macht, die den USA und China ebenbürtig ist. Das ist das zentrale Ziel seiner Außenpolitik. Die Bedeutung dieses postimperialen Traumas für Russland hat der Westen lange unterschätzt.

    Aus einem Interview mit
    Andreas Kappeler, emeritierter Professor für Osteuropäische Geschichte an der Universität Wien. Er gilt als einer der besten Kenner Russlands und der Ukraine im deutschsprachigen Raum.

    https://www.google.com/amp/s/www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/europa/2137588-Putin-will-zur-Sowjetunion-zurueck.amp.html

  5. Die „Spätmoderne Individualisten“ werden im Buch Amlinger, Nachtwey; Gekränkte Freiheit beschrieben. Es ist keine homogene Gruppe. Gemeinsam ist ihnen ihre persönliche Freiheit.

    Obwohl teilweise rechtes Gedankengut vorhanden ist, z.B. Etabliertenrechte, sind sie nicht unbedingt rechtsextrem. Im Rechtsextremismus muss sich das Individuum der Volksgemeinschaft unterordnen und damit haben diese Individualisten erhebliche Probleme.

    Sie wollen einen Staat, der die Infrastruktur zur Verfügung stellt und sich sonst nicht bemerkbar macht, sie also nicht in ihren Freiheiten einschränkt.

  6. @Hendrik Endres

    Was Sie beschreiben, ist auch als „Libertärer Autoritarismus“ bekannt. Auf dem Blog ist letztes Jahr dazu auch ein Artikel erschienen.

    https://www.deutschlandfunk.de/das-ich-regiert-auf-kosten-der-gemeinschaft-100.html

    https://blog.gwup.net/2022/10/17/neue-querdenker-analyse-wenn-sich-das-ideal-der-freiheit-mit-autoritaerem-denken-mischt/

  7. Richtig. Den Hinweis auf das besprochene Buch habe ich oben eingeführt.

    Meine Vorsicht in der Beschreibung ist dem Umstand geschuldet, dass ich diese Gruppe noch in der Entwicklung sehe. Das Grundgerüst ist da, die weitere Entwicklung wüssen wir abwarten.

    Lohnen tut sich die Beschäftigung mit diesen Leuten allemal. Sie sind da und werden uns auch die nächsten Jahrzehnte begleiten.

    Anzumerken ist aber auch noch, dass nur ein Teil dieser Gruppe, aus dem Milieu der „Sozialökologischen“, bisher gut beschrieben ist. Andere sind in ihrem Misstrauen gegenüber dem Staat so weit, dass sie eine Teilnahme an der Studie, oder an erweiterten Interviews verweigert haben.

    (siehe dazu die hier verlinkte Studie: https://blog.gwup.net/2021/11/28/neue-studie-anthroposophie-und-alternativszene-als-triebfedern-der-querdenken-bewegung/ )

    Die „Sozialökologischen“, die Autorin und der Autor, orientieren sich an den Sinus-Mileus, hatten ein besonderes Bedürfnis zu erklären.

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.