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„Rhetorisch brav, inhaltlich lächerlich“: Florian Aigner über Kisins Anti-Klima-Rede

| 12 Kommentare

Florian Aigner hat einen Gastbeitrag für den Volksverpetzer geschrieben.

Es geht darin um eine Rede, die der russisch-britische Satiriker Konstantin Kisin vor drei Wochen beim Studenten- und Debattierclub „Oxford Union“ gehalten hat:

Während Welt-Chefreporterin Anne Schneider die neunminütige Suada für „brillant“ hält (die rechtskonservative Plattform Tichys Einblick dokumentiert sie „mit leichten Kürzungen in deutscher Übersetzung“), nennt Aigner die Anti-Klima-Rede „rhetorisch brav, inhaltlich lächerlich“:

Kisin hält brav und vorbildlich alle Regeln ein, die man in britischen Debattierklubs lernt. Er wirkt überzeugend, kultiviert und überlegen. Inhaltlich aber ist seine Rede eine heimtückische Irreführung, eine intellektuell hinkende Attacke auf einen selbstgebastelten Strohmann, eine bewusste Verdrehung dessen, wofür die Klimabewegung steht.

Konstantin Kisins Rede ist wie mit dem Flugzeug abzustürzen, während man Mozarts Klavierkonzerte hört: Es klingt eigentlich recht erfreulich, ist insgesamt aber trotzdem eine Katastrophe.

Zum Weiterlesen:

  • Anti-Klima-Rede von Konstantin Kisin zerlegt: inhaltlich jämmerlich, volksverpetzer am 31. Januar 2023
  • Weihnachtlicher Handapparat für Klimadebatten, spiegel.de am 18. Dezember 2022
  • „Letzte Generation“ stellt Daten von Aktivisten ins Netz, spiegel.de am 4. Februar 2023
  • Letzte Generation“: Psychologin schleust sich ein – und deckt Plan auf, t-online am 4. Februar 2023
  • „Letzte Generation“: Das große Los, Zeit-Online am 5. Februar 2023

12 Kommentare

  1. Kisin ist überzeugender als Klimakleber, die Verzicht predigen und privat nach Bali fliegen.
    Verarmung – die deutsche Energiepolitik hat jetzt schon dazu geführt, dass sich der Strompreis vervielfacht hat und die Trittinsche Eiskugel so groß haben werden lassen, dass man sich daran den Magen verdirbt.
    Lösungen werden durch Arbeit und Ideen erbracht, nicht durch Verweigerung. Schließlich ist die Steinzeit nicht zu Ende gegangen, weil es keine Steine mehr gab.

  2. „Niemand, der auch nur irgendetwas von Klimawandel versteht, hat je gefordert, dass arme Leute, die hungern und keine ordentlichen Sanitäranlagen haben, sich für den Klimaschutz einsetzen. Das müssen sie auch nicht: Ihr Einfluss auf den Klimawandel ist auch sehr gering.“

    Das ist das gleiche Argument, wie die zu Recht verrissen 2% Klimawirkung, für die Großbritannien verantwortlich ist. Nein keiner erwartet, dass sich diese Menschen für Klimaschutz engagieren, man geht nur wie selbstverständlich davon aus,vdass sie arm bleiben, damit ihr CO2 Einfluss so klein bleibt.

    Es ist unmoralisch, heute real lebenden Menschen Verzicht zu predigen, um hypothetischer zukünftiger Generationen Willen.
    Eder Kisin noch Aufner nennen das eigentliche Problem: Bevölkerungsexplosion, besonders in den armen Ländern. In Nigeria, Ägypten und Afghanistan hat sich die Bevölkerung in den letzten 40 Jahren mehr als verdreifacht, trotz Dauerkrieg in Afganistan. Die Bevölkerung in Westeuropa schrumpft, wenn man Zuzug ausklammern.

  3. die rechtskonservative Plattform Tichys Einblick

    Die Einschätzung „rechtskonservativ“ ist aber sehr freundlich. :)

  4. @RPGNo1:

    Die Einschätzung ist von Lobbypedia.

    Bei Wikipedia wird TE noch freundlicher behandelt, meinem Eindruck nach.

    Gerichtlich zulässig wäre wohl auch „neurechte Plattform“.

  5. „Neurechts“ trifft es meines Erachtens gut, obwohl der Blog noch nicht ganz in den Untiefen von NachDenkSeiten oder der Achse des Guten verschwunden ist. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.

  6. @RPG:

    wie tief kann man in einer intelektuellen Auseinandersetzung sinken.

    Ob es Neurechte oder Altlinke sind, due, die etwas sagen oder schreiben, sollte egal sein. Wichtig ist der Inhalt, die Botschaft, das Argument und nicht, wer es vorbringt.

  7. @Moebius:

    Ob es Neurechte oder Altlinke sind, due, die etwas sagen oder schreiben, sollte egal sein. Wichtig ist der Inhalt, die Botschaft, das Argument und nicht, wer es vorbringt.

    Darum geht es doch überhaupt nicht.

    Der Kommentar ging darum, wie man TE korrekt einordnet – nicht um eine „Botschaft“ oder ein „Argument“.

  8. @Moebius

    Erst lesen, dann verstehen, dann posten.

  9. Ich dachte, es geht um

    „Rhetorisch brav, inhaltlich lächerlich“: Florian Aigner über Kisins Anti-Klima-Rede

  10. Ich habe mir den Videobeitrag angesehen und auch die Kritik von Florian Aigner.

    Vorrede: Es wird ein wenig länger. Dabei möchte ich nebenbei darauf hinweisen, dass ich mich lange vor FFF und der modernen Klimabewegung zum Thema geäußert habe, wie hier in diesem Vortrag bei Kortizes oder noch 2015 in London.

    Als Angebot: Das mache ich gerne wieder – mit vielen, vielen Updates für diejenigen, die sich dafür interessieren.

    Ein Beispiel: Es war nicht John Tyndall, sondern Eunice Foote, die als Erste den Zusammenhang von Kohlendioxid und Erderwärmung feststellte. Ihr Vortrag wurde von einem Mann gehalten und ihr Beitrag dazu in den Proceedings nicht veröffentlicht.

    Neben aller Polemik, die man bei Kisin kritisieren kann, sowie fragwürdigen Inhalten, wie sein Herauslassen von Afrika statt nur Asien und Lateinamerika:

    Bei den Nachhaltigkeitszielen der UN ist Klimaschutz eines von 17 (Nr. 13). Das weist auf ein Grundproblem hin, nämlich dass wir mehrere Ziele haben, die jeweils abgewogen werden müssen. Die ersten acht, wenn nicht zehn, Ziele haben alle etwas mit der Bekämpfung von Armut und Benachteiligung zu tun.

    Das Problem hier ist, dass diese Ziele auch alle mit einem größeren Energieverbrauch (nicht nur Elektrizität) und Nahrungsbedarf einhergehen. Dass wir bei Letzterem ein großes Problem haben, wo 46 % der bewohnbaren Landfläche für die Landwirtschaft in Anspruch genommen wird, ist ein anderes Thema.

    Nun zur zentralen Aussage von Konstantin Kisin, der ich zustimme: Für die Menschen in Asien und Lateinamerika (und viel mehr in Afrika) und die dortigen Regierungen ist die klare Priorität Armut, Hunger, Wasser und Bildung – nicht Klima, egal, wie wichtig dieses langfristig ist.

    Und: Sie benötigen dafür MEHR Energie.

    Noch haben 940 Millionen Menschen keinen Zugang zur Elektrizität!

    Auch wenn es mir aus Klimagründen komplett gegen den Strich geht, werden sie auch Kohlekraftwerke als Basis für ihren Aufstieg bauen. Sie werden sich nicht vom deutschen Sonderweg leiten lassen, den unsere Nachbarn auch nicht mehr mitgehen.

    Wenn wir Erfolg wollen, müssen wir alle für sie geeigneten kohlenstoffarmen Technologien in Betracht ziehen, nicht nur die von uns favorisierten. Wir sollten hier nicht als großer Lehrmeister auftreten.

    Klar verlangt niemand, dass Afrika, Asien und Lateinamerika im Hinblick auf das Klima vorpreschen sollen. Das ist auch nicht der Punkt. Der Punkt ist: Länder auf diesen Kontinenten werden aus nachvollziehbaren Gründen mehr Energie verbrauchen müssen und damit mehr Emissionen verursachen.

    Wir sind zudem nicht glaubwürdig, wenn wir gleichzeitig (Braun-)Kohlekraftwerke noch stärker als früher laufen lassen.

    Die 365 Gruppen von Florian Aigner wären gleich. Die Länder der Welt sind aber nicht gleich und haben unterschiedliche Prioritäten und werden auch unterschiedliche Lösungen bevorzugen.

    Wir müssen den Gegensatz – Klima und Wohlstand – offen ansprechen und dafür praktische Lösungen suchen, die in der globalen Welt sehr schwierig sein werden, und ohne unsere Vorstellungen dem Rest der Welt aufdrücken zu wollen.

    Meine sehr persönliche Meinung: Im gewissen Sinne sehe ich die 2 % – die auch für Deutschland gilt – inzwischen eher als Hoffnung.

    Wir in Deutschland werden, wie die Erfahrung der letzten 40 Jahre zeigt, nicht das Problem lösen, weil unsere Regierungen seit Helmut Kohl und nach Helmut Schmidt zu verbohrt waren und sind, und damit meine ich alle Parteien seit 1982. Meine Hoffnungen liegen auf andere Länder, auch in Europa, aber vor allem in Afrika, Lateinamerika und Asien. Ich bevorzuge die Vision der neuen Umweltorganisation RePlanet.

    Um die Wege zu mehr Klimaschutz (Vermeidung, Anpassung, Gegenmaßnahmen) werden wir in Zukunft lange streiten, aber nur den eigenen – meist sehr deutsch/mitteleuropäisch zentrierten – Lösungsansatz als für den einzig richtigen zu halten und andere abzutun, halte ich für wenig hilfreich. Besser wäre es, hier Fronten abzubauen und lösungsorientiert zu arbeiten.

    Dabei muss es uns klar sein: Es gibt nicht nur den einen Weg, den wir primär in Deutschland bevorzugen.

  11. Danke, Herr Sarma für Ihre klugen Worte.

    Cetero censeo energiam nuclearem adhibendam esse

  12. Auch von mir gibt es ein großes Dankeschön an Amardeo für seinen ausführlichen Kommentar.

    Mir scheint, dass es für die Entwicklung der Länder des „globalen Südens“ viele Möglichkeiten gibt, die leider viel zu wenig diskutiert und unterstützt werden.

    Für Stromversorgung durch Sonne und/oder Wind gibt es Standorte, die weit besser geeignet sind als Deutschland – entsprechende Projekte bräuchten weit mehr Unterstützung, und die lokale Bevölkerung sollte als Erste davon profitieren, so würde global auch am meisten CO2-Emissionen eingespart.

    Etwas auf die Spitze getrieben: Synthetische Kraftstoffe sind eine feine Sache – jede Technologie wird benötigt, um unsere Wirtschaft und unseren Lebensstil zu dekarbonisieren. Aber wenn zur Erzeugung von e-Fuels Photovoltaik in der Wüste aufgebaut wird und gleichzeitig ein Kohlekraftwerk für die lokale Stromversorgung in Betrieb genommen wird, dann stimmen die Prioritäten nicht.

    Im Moment gibt es viele Gelegenheiten, gleichzeitig die Umwelt zu schützen, den Lebensstandard der Menschen zu verbessern und die Emissionen von Treibhausgasen zu reduzieren.

    Je höher aber der bereits erreichte Entwicklungsstand, so fürchte ich, umso schwieriger wird es alle drei Ziele in Einklang miteinander zu bringen. Zum Beispiel gibt es kaum Alternativen zu Flugreisen – wenn man in „vernünftiger“ Zeit ein Ziel am anderen Ender der Welt erreichen möchte.

    Überspitzt formuliert: die Alternative ist es, zu Hause zu bleiben. Oder noch extremer und noch simpler: Es gibt keine umweltfreundliche 100-Meter-Luxusyacht.

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