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Die Unwahrsagerin: Zwei Medien und ein Geschäftsmodell

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Hurra – Herzogin Kate und Prinz William werden zum vierten Mal Eltern!

Jedenfalls weiß das Echo der Frau – und dann muss es ja stimmen. Denn die Quelle für diese sensationelle Nachricht ist niemand anderes als die „Star-Hellseherin“ Soraya.

Das war im Februar. Und offenkundig trug Kate beim 70. Thronjubiläum der Queen im vorigen Monat mitnichten die erwarteten Zwillinge „schon auf dem Arm“, wie das Blatt damals in einer Titelgeschichte angekündigt hatte.

Man könnte das natürlich als belanglosen Unsinn abtun.

Andererseits ist es durchaus erfreulich, dass der Deutsche Presserat diesen Quatsch jetzt öffentlich gerügt hat:

Beschwerdeführer waren die Klatschkritiker von Topf voll Gold beziehungsweise Übermedien, die den ganzen Vorgang ausführlich nachzeichnen:

Demzufolge pflegt Echo der Frau seit zwei Jahrzehnten eine rätselhafte Kooperation mit jener „Star-Hellseherin“, die ihrerseits als Referenz lediglich auf Echo der Frau rückverweist (außer nebulösen „Fernsehauftritten“).

Rätselhaft deswegen, weil Soraya „immer wieder spektakulär danebenliegt“, wie ein Blick ins Archiv zeigt. Das jedoch

… hält die Funke-Mediengruppe nicht davon ab, sie auch heute noch immer wieder als Quelle heranzuziehen und ihre falschen Vorhersagen als echte Nachrichten zu verkaufen.

Besonders sauer stößt den Klatschkritikern auf, dass die Yellow-Zeitschrift auch Telefonaktionen mit der „Hellseherin“ veranstaltet, bei der

… das Medium in Ihre persönlichen Sterne und in magische Karten blickt.

Übermedien:

Das ist zwar kostenlos, allerdings nur für einen Zeitraum von ein paar Stunden. Ruft man davor oder danach an, muss man zahlen. Und wie „Echo der Frau“ erklärt, ist die Telefonleitung im Kostenlos-Zeitraum „oft belegt“. Darum weist die Redaktion freundlich darauf hin, dass man auch „sehr gerne“ die kostenpflichtige Nummer anrufen kann.

Zu Recht benennt der Autor Mats Schönauer die Gefahr der Esoteriksucht, die Betroffene an den Rand des Ruins bringen kann.

Und was sagt die Funke-Mediengruppe dazu? In etwa das Gleiche wie der ORF in Österreich, wenn es um die dortige Haus-Astrologin Gerda Rogers geht – alles nur Fun, alles reine Unterhaltung:

Zugegeben, die Erfolgsbilanz von Soraya ist durchwachsen. Ihre schillernde Persönlichkeit und ihre Deutungen der Zukunft sind allerdings immer für die eine oder andere Geschichte gut. Nehmen Sie sie einfach etwas lockerer und verstehen Sie sie als das, was sie ist: eine gute Entertainerin.

Ob die ratsuchenden Menschen, die kostenpflichtig bei Soraya anrufen, das auch so verstehen? Wohl kaum.

Fazit:

Zum Weiterlesen:

  • Dank Soraya: Niemand kann so gut schlecht in die Zukunft sehen wie „Echo der Frau“, uebermedien am 27. Juni 2022
  • Nein, astrologische Ratgebersendungen sind keine Unterhaltung, lieber ORF, GWUP-Blog am 5. Juni 2017
  • Eine kritische Auseinandersetzung mit den „Ö3-Sternstunden’“ von Gerda Rogers, Vice am 28. Mai 2017
  • Video: MaiThink X über Astrologie, Scharlatane und die Psychologie der Täuschung, GWUP-Blog am 11. April 2022
  • Prognosen: Wenn Astrologen gar nichts mehr einfällt, kommt eben die Zombie-Apokalypse, GWUP-Blog am 15. Dezember 2021
  • Astrologie: „Es gibt eine Esoteriksucht“, Zeit-Online am 30. Dezember 2020
  • Wenn Wahrsagerei süchtig macht, Welt-Online am 20. September 2007

2 Kommentare

  1. Es ist eine Schande für die Zeitschrift „Echo der Frau“, dass der Leserschaft (vorwiegend ältere Herrschaften ab 70) derartiger Unfug „serviert“ wird.

    Dass man die Leser:innen aber auch noch abzocken will, ist entsetzlich.

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