Heute in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung:
Die Ärztin Natalie Grams war Homöopathin und wurde zur Globuli-Kritikerin. In ihrem neuen Buch nimmt sie auch Yoga, Osteopathie und Bachblüten unter die Lupe – und zeigt auf, wo die Schulmedizin von der Homöopathie tatsächlich etwas lernen kann.
Ein Auszug:
FAS: Sie sagen, Homöopathie ziehe so viele Menschen an, weil Heilpraktiker den Patienten häufig die Zuwendung und Aufmerksamkeit entgegenbrächten, die sie beim Arzt nicht finden.
Grams: Während wir darüber diskutieren, ob Zuckerkugeln eine Wirkung haben, könnten wir so viel mehr Energie investieren in eine wirklich bessere, menschlichere Versorgung, eine tatsächliche Human-Medizin.
Da geht es in meinem Buch auch um Stichworte wie das Fallpauschalensystem, um die Frage: Warum werden Eingriffe besser bezahlt als Gespräche mit dem Patienten? Es geht um Personalknappheit und den Arbeitsdruck, der in deutschen Kliniken herrscht.
Würden wir es in der Medizin wieder schaffen, uns auf den Patienten zu konzentrieren, würden viele nicht nach vermeintlichen Alternativen suchen müssen.
Sie haben Ihre Praxis für Homöopathie aufgegeben. Warum eröffnen Sie nicht eine neue, in der Sie Patienten genau so behandeln – menschlich mit Zeit und Fürsorge?
Ich habe überlegt, den Facharzt für Psychosomatik zu machen und darüber den Patienten als Mensch in den Mittelpunkt zu stellen. Das wäre dann nett für mich, aber im Großen ändert sich nichts. Das ist der Grund, warum ich meine Arbeit im Moment eher in der Öffentlichkeit als in einer eigenen Praxis sehe.
Ihr selbst definiertes Ziel ist es, aufzuklären, warum Globuli nicht wirken – zumindest nicht so, wie es angegeben wird, nämlich durch ihre Inhaltsstoffe. Wenn jemand zu Ihnen kommt und das verstanden hat, sich aber entscheidet, trotzdem weiter Globuli einzunehmen, weil es ihm gut tut, wäre das für Sie in Ordnung?
Selbstverständlich. Wir leben in einer freien demokratischen Gesellschaft, jeder kann sein Geld ausgeben, wofür er möchte. Auch für Homöopathie und Heilpraktiker. Aber erst, wenn man darüber aufgeklärt ist, was das wirklich bedeutet, ist die Wahl auch frei.
Ein Interview mit Natalie Grams zu ihrem neuen Buch gibt’s in den GWUP-News.
Zum Weiterlesen:
- „Nur wer wirklich aufgeklärt ist, kann frei entscheiden“, FAS am 16. Februar 2020
- „Was wirklich wirkt“: Interview mit Natalie Grams, GWUP-News am 13. Februar 2020
- Darf’s a bisserl mehr sein? Die bayerische Homöopathiestudie wird teurer, Gesundheits-Check am 14. Februar 2020
- ARTE-Video: „Homöopathie – Sanfte Medizin oder Hokuspokus?“, GWUP-Blog am 15. Februar 2020
- Augsburger Globuli-Manufaktur bei ARTE – eingebettet in viel Kritik an der Homöopathie, casus factus am 15. Februar 2020
- Die Frankfurter Rundschau auf homöopathischem Argumentationsniveau, Gesundheits-Check am 16. Februar 2020
24. März 2020 um 13:21
„FAS: Sie sagen, Homöopathie ziehe so viele Menschen an, weil Heilpraktiker den Patienten häufig die Zuwendung und Aufmerksamkeit entgegenbrächten, die sie beim Arzt nicht finden.“
Das würde bedeuten, dass sich diejenigen Patienten, die (eigentlich oder auch) das Bedürfnis nach besonderer Zuwendung haben bzw. Krankheitsverläufe, bei denen die Psyche oder auch besondere Belastungen/emotionale Faktoren eine große Rolle spielen eher zu Heilpraktikern gehen.
Das ist einerseits ein Thema für die Psychosomatik – wie auch immer das ausehen sollte.
Es kann aber auch sein, dass Menschen mit psychologischen Themen lieber zum Heilpraktiker gehen statt psychologische Beratung zu suchen.
Nicht jede/r Patient sucht diese Zuwendung. Wenn es aber dieses Segment gibt mit einer Überlappung Erkrankung udn Psyche, dann müsste es ein spezielles Angebot auch bei Ärzten geben, das dann ähnlich vergütet wird wie das bei homöopathischen Anwendungen der Fall ist.
So eine Art erweiterter Anamnese, die auch nach den Lebensumständen, dem allgemeinen gesundheitlichen Befinden und auch anderen Erkrankungen ausführlicher fragt).