Gestern Abend bei „Gut zu wissen“ im Bayerischen Fernsehen:
Dr. Christian Lübbers erklärt die drei Studien, mit denen die Landtags-CSU eine weitere Homöopathie-Studie zu rechtfertigen versucht.
Die erste Studie (Mathie 2014) zeigt, dass Homöopathen, Homöopathie-Fans und willfährige Politiker nicht einmal die Zusammenfassung der Autoren selbst lesen und verstehen können. Denn dort heißt es:
Medicines prescribed in individualised homeopathy may have small, specific treatment effects […] The low or unclear overall quality of the evidence prompts caution in interpreting the findings.
Zu Deutsch:
Die in der Homöopathie individuell verschriebenen Mittel zeigen möglicherweise kleine spezifische Behandlungseffekte. […] Die generell geringe oder zweifelhafte Qualität der Nachweise verlangt, diese Ergebnisse vorsichtig zu interpretieren.
Fazit Dr. Lübbers:
In dieser Meta-Analyse konnten die Autoren nicht zeigen, dass die Homöopathie besser als der Placebo-Effekt wirkt.
Die zweite Arbeit (Frass 2005) dreht sich um Homöopathie bei schwerer Sepsis. Dazu kann man bei Beweisaufnahme in Sachen Homöopathie schon alles Wesentliche nachlesen.
Fazit Dr. Lübbers:
Eine schlecht gemachte Studie, die eben nicht beantworten kann, ob Homöopathika, zusätzlich zu Antibiotika gegeben, einen lebensverlängernden Effekt haben.
Und drittens geht es um Homöopathie bei akuter Rhinosinusitis. Die qualitativen Mängel sind ebenfalls bereits von Dr. Norbert Aust beschrieben worden.
Fazit Dr. Lübbers:
Auch hier hat sich, wie schon so oft, gezeigt, dass methodisch gut gemachte Studien nicht nachweisen konnten, dass Homöopathika besser als der Placebo-Effekt wirken, und eben nur die schlecht gemachten Studien zu dem angeblichen Schluss kommen, dass Homöopathika besser als der Placeboeffekt wirken.
Und wie bewertet der Moderator Willi Weitzel am Ende die Situation?
Wissenschaftlich gilt als bewiesen, dass Homöopathie keinen Effekt liefert, der über den von Scheinmedikamenten hinausgeht […] Auch diese neue Studie dürfte an der wissenschaftlichen Sachlage nichts ändern.
Zum Weiterlesen:
- Homöopathie: Heilmittel oder wirksam durch den Placebo-Effekt? BR am 30. November 2019
- Homöopathie bei schwerer Sepsis (Blutvergiftung) – Frass (2005), Beweisaufnahme in Sachen Homöopathie am 15. April 2014
- Homöopathie in der Leitlinie zur Rhinosinusitis, Beweisaufnahme in Sachen Homöopathie am 14. August 2018
- Homöopedia: Systematische Reviews zur Homöopathie – Übersicht
- Jetzt ist es raus: Gut informierte Gesundheitspolitiker gaben die Homöopathie-Studie in Auftrag, GWUP-Blog am 16. November 2019
- Bayern löst mit Homöopathie-Studie riesige Debatte aus, web.de am 28. November 2019
- Die Grünen und die umstrittenen Pillen: Homöopathie für den Chef, taz am 28. November 2019
- Auch im Norden Abschied von der Homöopathie, ärztezeitung am 29. November 2019
- Robert Habeck und die Homöopathie, Onkel Michael am 29. November 2019
- Globukalypse now! Zeit-online am 14. November 2019
- How to Counter the Circus of Pseudoscience, New York Times am 5. Januar 2018
1. Dezember 2019 um 11:15
Unter dem Beitrag des BR ist das INH als pro-Homöopathie verlinkt.
Zufall, Absicht oder freud’sche Fehlleistung? :)
1. Dezember 2019 um 13:15
@ RPGNo1:
Oder schwarzer Humor: Das INH sagt an Positivem zur Homöopathie, was sich an Positivem sagen lässt: Wirkt als Placebo.
1. Dezember 2019 um 14:16
Wann wird sich endlich mal herumsprechen, dass es nicht auf einzelne Studien, sondern auf die Gesamtevidenz ankommt? Die gibt es zwar längst noch nicht für alles und jedes, aber für die Homöopathie schon.
Die ist nämlich mit Sicherheit die bestuntersuchte Schwurbelmethode ever – mit dem Ergebnis, dass nicht nur eine hohe dreistellige (wohl sogar vierstellige) Zahl von Arbeiten dazu vorliegt, sondern auch etliche (genauer: 11) große Reviews der Gesamtstudienlage.
So manches etablierte medizinische Verfahren würde vor Neid erblassen über eine derart umfangreiche Erkenntnislage.
Allerdings nicht über das Ergebnis: Die Gesamtevidenz belegt KEINEN belastbaren Wirkungsnachweis homöopathischer Behandlungen über die zu erwartenden Kontexteffekte hinaus. Das ist unverrückbarer Fakt.
Insofern ist das ständige Winken mit „Studien“, sei es seitens der Homöopathiefraktion selbst, sei es von völlig ahnungslosen Politikern, nur der (leider erfolgreiche) Versuch, vorzugaukeln, es gebe noch etwas zu diskutieren, zu erforschen oder was auch immer. Das Prinzip, die Suppe immer am Köcheln zu halten.
Es ist etwa so, wenn man oben auf der Dachterrasse in der Sonne sitzt und jemand aus dem Keller ruft, hier sei es auch hell, weil er eine Taschenlampe dabei hat.
Solange wissenschaftliche Grundbegriffe wie der der Evidenz nicht allgemein verstanden sind, wird es gleichwohl notwendig sein, auch auf der Ebene der einzelnen Studien und der ständig vorgetragenen Scheinbeweise kritische Kärrnerarbeit zu leisten.
Dafür Dank an Christian Lübbers und besonders auch an Norbert Aust.
By the way: Ich freue mich sehr, dass eine solche Sendung wie diese „Gut zu wissen“-Folge einmal mit einem glasklaren Fazit endet.
16. März 2020 um 13:06
Ich poste den Link zu diesem Webfund hier, weil Dr. Lübbers und die Homöopathie-Studie Aufhänger des Textes sind (und Dr. Nikil Mukerji, Jens Spahn, Dr. Natalie Grams…)
In Germany, a Heated Debate Over Homeopathy
Da es keine Beweise dafür gibt, dass die alternativen Behandlungsmethoden funktionieren, wollen sich u.a. Ärzte dafür engagieren, dass Homöopathie nicht mehr von den Krankenkassen erstattet wird.
(Ich bin auf Undark durch RetractionWatch aufmerksam geworden.)