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Geldverschwendung: Meditonsin in der Erkältungszeit

| 21 Kommentare

Herbstwetter, Erkältungszeit – Meditonsin?

Besser nicht, erklärt das „Susannchen“-Team.

Es gibt da so ein Präparat, das „meistgenutzte homöopathische Arzneimittel bei Erkältungskrankheiten“, das uns während der Erkältungssaison in der Werbung vielfach begegnet. Inzwischen nicht mehr nur als Tropflösung, sondern auch als Globuli erhältlich. Klar, Meditonsin, kennt (fast) jeder.

Damit wollen wir uns heute näher beschäftigen. Und zwar ausschließlich auf der Grundlage allgemein zugänglicher Informationen, einschließlich der Angaben, die uns die Herstellerfirma selbst liefert.

Kann es uns und vor allem unseren Kindern helfen?“

Zum Weiterlesen:

  • Ein Erkältungsmittel – nichts drin, nichts dran, glücklicherweise, Susannchen braucht keine Globuli am 1. November 2017
  • Positive Fälle – anders erklärt: Weniger Erkältungen durch Homöopathie, Informationsnetzwerk Homöopathie am 9. März 2016
  • Homöopathie ist „auf eine Art mystische Zauberei“, Welt-Online am 18. Mai 2007
  • Homöopathen werben wieder mit skurrilen Jubel-Umfragen, GWUP-Blog am 21. Oktober 2014
  • Meditonsin: Der Geist in der Flasche, SZ-Magazin 47/2013
  • NDR kritisiert „Abzocke in Apotheken“, DAZ.online am 18. Oktober 2016

21 Kommentare

  1. Vor gefühlt ca. ein bis zwei Jahren gab es nach meiner Erinnerung Werbung für das Zeug sowohl in der Fernsehwerbung als auch per Plakat in Apotheken.

    Weiß jemand, warum dies nicht mehr der Fall ist?

    Übrigens: Wenn ich jemanden treffe, der das nimmmt, dann weise ich immer erst einmal auf das Quecksilber hin, das ergibt leichtes Nachdenken…

  2. @ Ich:

    „Weiß jemand, warum dies nicht mehr der Fall ist?“

    Weil die Umsätze mit dem Zeuch inzwischen besser geworden sind?

  3. @ Ich: Die gefühlte „Welle“ in der Werbung vor etwas mehr als einem Jahr war der Markteinführung der Globuli neben der Tropflösung geschuldet. Es war eine wohl recht kostspielige Offensive. Die derzeitige Werbung ist mehr oder weniger wieder „Normalmaß“ – aber jetzt, zum Beginn der Erkältungssaison, zieht sie auch wieder etwas an. Ob der Artikel bei Susannchen braucht keine Globuli damit wohl was zu tun hat…?

  4. Immerhin ist es nur Geldverschwendung. Wenn ich an an solch gefährliche Sachen wie dieses Wick MediNait denke, wird mir richtig schwindlig und das tun Eltern ihren Kindern wirklich an.

  5. @Catweazle:

    Was ist das Problem damit? Kenne nur den Namen, das war’s.

  6. @ Ich:

    Da drin sind unter anderem Ephedrin (ein Aufputschmittel) und Dextrometorphan (ein Halluzinogen). Dann noch Paracetamol (damit die Abbauwege in der Leber noch so richtig kräftig blockiert werden).

    Schon mal etwas von „psychedelischem Hustensaft“ gehört?

  7. @noch’n Flo:
    Das einzige, was ich bei Atemwegsinfekten verwende ist Kamillosan Spray, weil es einen lindernden zähen Schleim im Hals erzeugt. Mit Hustensaft habe ich keine Erfahrung, obwohl es ja interessant klingt ;-)

  8. @noch’n Flo
    Aua. Dass Kombinationsmittel wie MediNait oder Grippostad nicht unbedingt empfehlenswert sind, war mir schon länger bekannt. Die von dir beschriebenen Substanzen (und dazu noch Doxylaminsuccinat) haben es aber ganz schön in sich.

  9. @ Ich:

    „obwohl es ja interessant klingt“

    Wenn Du Depersonalisierung und Dissoziation interessant findest, okay. Nebenbei ist DXM ziemlich toxisch, die Spanne zwischen therapeutischer und letaler Dosis ist nicht allzu gross.

    DXM ist echt heftig, kein Spielzeug, was man mal so nebenbei ausprobieren kann: http://www.lycaeum.org/third-plateau/beginner/index.html

  10. @noch’n Flo:
    Gut zu wissen, danke.

  11. Meditonsin hat doch die ca 4 fache Quecksilberkonzentration, die max in Trinkwasser erlaubt ist.
    Und nach der Minamata Deklaration sollte man es aus dem Verkehr ziehen.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Minamata-%C3%9Cbereinkommen

  12. so hab noch mal nachgeschaut: der Meditonsin Hersteller schreibt

    „Mercurius cyanatus ist eine anerkannte Substanz des homöopathischen Arzneibuchs zur Behandlung von Entzündungen der Mandeln, des Rachens und des Kehlkopfes und insofern ein zur Wirkung von Meditonsin® wesentlich beitragender Bestandteil. Eine Flasche Meditonsin® 35g enthält nur ein Zehntel der Quecksilber-Menge, die in einem Liter Trinkwasser akzeptiert wird. Insofern kann dieser Bestandteil nicht als bedenklich angesehen werden und wurde auch seitens der Behörde nicht so bewertet.“

    also eine 35 g Flasche (alkoholische Lösung ) das sind ca 30 ml und in diesen 30 ml ist Quecksilber drinnen. Aber 1000 ml H2O ist 33 mal so viel Volumen.
    weil 1/10 der Menge die in Trinkwasser max akzeptiert ist ergibt ja noch immer das 3,3 fache.

  13. @ Wolfgang
    Es liegt mir fern, das Zeug zu verteidigen, aber die im Vergleich zu Wasser höhere Hg-Menge ist nur bedingt problematisch. Du trinkst ja keine 30 Fläschchen auf Ex, sondern nur ein paar Tropfen pro Stunde.
    Trotzdem lustig, dass man sich bei einem homöopathischen Mittel über eine zu hohe Konzentration von Inhaltsstoffen unterhalten muss, obwohl gemeinhin ja nix drin ist.

  14. Meditonsin wird auch ohne verstärkte Werbung oft genug gekauft, meist die Tropfen, aber oft genug auch die Globuli (naja, da wo ich arbeite zumindest).

    Was ich ja dreist finde, ist, dass die mit ihrem tollen Trikomplex als „natürlich“ werben. Jetzt mal von der Verdünnung abgesehen, stimmt das ja so nicht:

    Aconitum – Blauer Eisenhut, ja, eindeutig natürlich.
    Atropinum sulfuricum – Atropinsulfat, KANN natürlichen Ursprungs sein
    Mercurius cyanatus – Quecksilbercyanat, nein, definitiv nicht natürlich

    Aber klar, man nimmt gerne die Natürlichkeit für sich in Anspruch, damit kann man sich ja so schön von der Schulmedizin, die uns alle vergiften will, abgrenzen.

    Zum Quecksilber… ist als D8 enthalten, in 10g Meditonsin 4g (wobei nur ca. 2/3 davon Quecksilber sind, der Rest auf das Cyanat entfällt) davon, also 40ng pro 10g oder 140ng pro 35g (kleine Packung Meditonsin). Nicht viel (der Grenzwert für Trinkwasser liegt bei 1µg/l), aber messbar. Über die Jahre kommt da bei Leuten, die das in der Erkältungszeit regelmäßig nehmen, schon was zusammen.
    In 10g Globuli sind interessanterweise nur 40mg Quecksilbercyanat D8 enthalten… damit dürfte es etwas „gesünder“ sein. Der Wirkung (oder Nichtwirkung) dürfte es auch keinen Abbruch tun. :D

    Zum MediNait:
    Das ist sicherlich nicht das Gelbe vom Ei, insbesondere weil es ein Rundumschlag gegen alle Erkältungssymptome ist + Schlafmittel – die einzelnen Komponenten aber z.T. geringer dosiert sind als in entsprechenden Monopräparaten.

    Der Fairness halber sollte man die Darstellung von Flo aber mal relativieren:

    Ephedrin ist in der Tat ein Aufputschmittel – bzw. wirkt es aufputschend. Als Alphasympathomimetikum ist es aber eben auch ein Stoff, der Schleimhäute (Schnupfennasen) abschwellen lässt.

    Paracetamol wirkt einerseits gegen erkältungsbedingtes Fieber, andererseits gegen Schmerzen (z.B. erkältungsbedingte Gliederschmerzen).

    Dextrometorphan ist KEIN Halluzinugen, sondern ein zentral wirksames Antitussivum und ist, das strukturell Opioiden ähnelt, aber nicht an Opioidrezeptoren bindet. Bei hoher Dosierung oder einem genetisch bedingten Mangel an CYP2D6 kann es auch in therapeutischer Dosierung zu Überdosierungserscheinungen (darunter Halluzinationen) kommen kann.

    Doxylamin ist ein Antihistaminikum der 1. Generation und dementsprechend ermüdend (Wick MediNait soll ja auch beim einschlafen helfen) und ist meiner Meinung nach am ehesten ein problematischer Arzneistoff.

    Paracetamol blockiert die Abbauwege in der Leber dabei aber nicht sonderlich – auch wenn Paracetamol durchaus in höherer Dosierung leberschädigend wirkt. Insbesondere mit Ethanol, das in MediNait auch noch enthalten ist.

    Paracetamol und Dextrometorphan werden über verschiedene CYP-Enzyme abgebaut, so dass eine eventuelle temporäre Sättigung durch das Paracetamol an der Konzentration des Dextrometorphans nichts ändern wird.

    Damit ist MediNait immer noch kein tolles Arzneimittel (ich empfehle das nie), aber wo eine Wirkung ist, da ist halt auch eine Nebenwirkung. Und die Symptome werden durchaus damit gut gelindert… nur halt die Ursache der Erkankung nicht bekämpft.

    (Werfen uns die Homöos ja immer wieder vor… in diesem Falle zurecht; wobei natürlich Meditonsin ebensowenig die Ursache bekämpft und nicht mal die Symptome bessert über Placebo hinaus).

  15. @ C. Becker:

    „Dextrometorphan ist KEIN Halluzinugen, sondern ein zentral wirksames Antitussivum und ist, das strukturell Opioiden ähnelt, aber nicht an Opioidrezeptoren bindet. Bei hoher Dosierung oder einem genetisch bedingten Mangel an CYP2D6 kann es auch in therapeutischer Dosierung zu Überdosierungserscheinungen (darunter Halluzinationen) kommen kann.“

    Also ist es doch ein Halluzinogen. Die Dosierung kann nicht das Kriterium sein, andernfalls wäre ja auch LSD kein Halluzinogen.

  16. Ich hoffe, es haben sich auch alle ausreichend gegruselt über die Stoffe und Dosierungen, die in Meditonsin mal drin WAREN… Quecksilbercyanat in der 10.000-fachen Menge wie heute, früher als kleine Beigabe auch noch Kaliumdichromat…

  17. @Rainer O

    ich hab ja nicht geschrieben, dass ich Meditonsin für bedenklich halte.

    Aber Wirksamkeit und Unbedenklichkeit sollte nachgewiesen sein.

    Und wenn die Wirksamkeit schon nicht gegeben ist, kann man es doch nicht in den Kanal schütten, sondern müßte es entsorgen.

    Und ich hab was dagegen, dass unwirksame Arzneien über die Körper (häufig Kinder) entsorgt werden- dann besser als Sondermüll entsorgen.

  18. @Flo
    Doch, die Dosis ist ein Kriterium. Sonst wäre Kaliumcyanid auch kein Gift, gell?

    Arzneistoffe haben oft auch Nebenwirkungen, die man missbrauchen kann, z.B. eine halluzinogene. Dextrometorphan in der tat auch als Halluzinogen missbraucht (wenn auch wohl nicht das MediNait, da preislich eher unattraktiv) – das ändert nichts dran, dass Dextrometorphan in therapeutischer Dosis zunächst mal als Hustenstiller eingesetzt wird.

    Wenn man sich eine Nebenwirkung als raussucht, die hauptsächlich bei unsachgemäßem Gebrauch auftritt, und einen Arzneistoff danach bezeichnet, ist man ganz schnell auf dem Niveau derer, die Krebsmedikamente (N-Loste) als chemische Kampfstoffe bezeichnen.

    @Udo Endruscheit
    Kaliumdichromat kriegt man heute auch noch, z.B. im Cinnabsin. Als D3 Trituration, also ziemlich niederpotent und damit in nachweisbarer Menge. Warum das vertrieben werden darf (als cancerogenen Stoff dürfte ich den Reinstoff, selbst mit genauer Unterweisung, Dokumentation und allem Pipapo in der Apotheke nicht an Verbraucher abgeben), ist mir ein Rätsel.

  19. @Udo Endruscheit
    Ja, der Grusel ist angekommen…

  20. Zum Thema Quecksilber: Das gibt es in der Homöopathie auch als Mercurius solubilis.

    „eine Mischung aus reinem Quecksilber, Salpetersäure und Quecksilbernitrat“

    netdoktor.de/homoeopathie/mercurius-solubilis

    Wird dort als d6 fürs fiebrige, rotzende Kleinkind empfohlen. Ich hab irgendwo auch mal was von d4 gelesen, wenn das Kind zappelt oder Mundgeruch hat. Ohne jetzt die gesamtdosis einer Behandlung in µg ausgerechnet zu haben, gruselt es mich da schon rein gefühlsmäßig.

  21. @Herr B
    Bei den Potenzen ist immer (also für normaldenkende) zu berücksichtigen, um welche Form es sich handelt.

    Für Globuli gilt (für vernünftige Menschen) Dx = D(x+2), da bei der Anfertigung von Globuli der Potenz Dx eine flüssige Verdünnung der Potenz Dx genommen wird und dann auf den Zucker aufgesprüht wird.

    Da aber Zuckerkugeln verlaufen, wenn man sie mit zuviel Flüssigkeit besprüht, nimmt man sehr wenig.

    Laut homöopathischem Arzneibuch nimmt man 0,1g Flüssigkeit für 10g Kügelchen, womit sich eine weitere Verdünnung (für Homoöpathen ja nicht gleichzusetzen mit Potenzierung) um den Faktor 100 ergibt.

    Das heißt, dass Mercurius Solubilis D4 als Globuli tatsächlich 1:100000 verdünnt ist (und damit immernoch messbar Quecksilber enthalten sollte, aber eben doch deutlich weniger als eine flüssige Verdünnung D4).

    Das hat z.T. auch rechtliche Konsequenzen; Belladonna D3 als flüssige Verdünnung ist verschreibungspflichtig, als Globuli dagegen nicht, weil es halt eigentlich eine D5 ist.

    Der Gehalt an Quecksilber in D6-Globuli dürfte im niedrigen Nanogrammbereich/g liegen, bei D4 entsprechend im Mikrogramm/g Bereich

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