Ein Piercing am Ohr gegen Migräne, praktisch als eine Art Dauer-Akupunktur?
Taugt nix, erklärt auch der Arzt und Videoblogger Dr. Johannes.
Bei Psiram gibt es einen Eintrag zum Thema:
Piercingpunktur (von Piercing und Akupunktur) ist die Bezeichnung für alternativmedizinische Behandlungen, bei denen Piercingschmuck zu pseudomedizinischen und Wellness-Zwecken zum Einsatz kommt, insbesondere gegen die Migräne (dann auch als „Daith Piercing“ oder „Migräne Piercing“ bezeichnet). Die Mode entstand in den neunziger Jahren in den USA.
Ein wissenschaftlicher Nachweis für relevante positive Wirkungen auf die Gesundheit durch Piercings ist unbekannt.“
Einen sinnvollen Ansatz gegen Migräne hat die INH-Unterstützerin Bettina Frank vom bundesweiten Migräne- und Selbsthilfenetzwerk „Headbook“ in Kiel vorgestellt: eine neue Migräne-App.
Der „digitale Meilenstein“ in der Kopfschmerztherapie wurde von der Kieler Schmerzklinik in enger Zusammenarbeit mit der Techniker Krankenkasse (TK) entwickelt.
Die Migräne-App ist seit Anfang Oktober im iTunes-Store kostenlos erhältlich.
Und noch bis zum 31. Oktober kann man bei dem Wissenschafts-Wettbewerb „Fast Forward Science“ für die besten Web-Videos abstimmen. Nominiert ist unter anderem:
Zum Voting geht’s hier.
Zum Weiterlesen:
- Alternative Medizin: Daith Piercing gegen Migräne, DRadio Wissen am 3. September 2016
- Neue Migräne-App setzt Maßstäbe, Kieler Nachrichten am 5. Oktober 2016
- Die DMKG warnt: Piercing ist nicht zur Therapie der Migräne geeignet! Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft
- Piercingpunktur bei Psiram
- Einfach mal reinschauen: Die Wissenschaftsvideos von „Fast Forward Science“, GWUP-Blog am 2. September 2016
22. Oktober 2016 um 12:08
Wenn ich da mal etwas skeptisch dazwischengrätzschen darf: Ich finde den verlinkten Artikel über die Migräne-App ziemlich mager, denn eine Frage wird mir da nicht beantwortet. Wie sieht es mit Wirksamkeits-Belegen aus? Es wird zwar ungefähr beschrieben, was diese App macht, aber nicht belegt, ob das auch dazu führt, dass es den Patienten besser geht. Wird dazu begleitend eine randomisierte Studie durchgeführt?
Es gibt ja gerade einen größeren Hype um Gesundheits-Apps etc., aber auch da denke ich sollte man kritisch die Maßstäbe evidenzbasierter Medizin anlegen. Und auch eine App braucht Wirksamkeitsnachweise.
22. Oktober 2016 um 12:14
@Hanno:
Es ist mir nicht ganz klar, was Sie mit „Wirksamkeits-Belegen“ meinen?
Der Anspruch der App ist, eine Art digitaler Schmerzkalender zu sein und „Patienten in die Lage zu versetzen, eine aktive Rolle bei Vorbeugung und Behandlung zu übernehmen“.
http://www.schmerzklinik.de/2016/10/01/die-migraene-app/
http://www.aerztezeitung.de/praxis_wirtschaft/special-arzt-patient/article/921380/compliance-techniker-krankenkasse-lanciert-migraene-app.html
22. Oktober 2016 um 13:31
Die Frage nach Wirksamkeitsbelegen finde ich reichlich seltsam.
Die App will ja die Migräne nicht heilen.
Als ich noch recht regelmäßig davon gequält wurde, wäre ich über so eine Software recht glücklich gewesen. Ich habe mir ansatzeise mit einer Excel-Tabelle zu helfen versucht. Mit genau dem Ziel, das diese App jetzt auch verfolgen will.
22. Oktober 2016 um 13:41
@Bernd Harder:
Naja, grob sowas:
1. Man nehme X Patienten, teile sie randomisiert in 2 Gruppen, eine bekommt die App, die andere was auch immer der aktuelle Standard in der Migränebehandlung ist.
2. Über X Monate werden bei allen Patienten die Schmerzwerte gemessen (ich kenn mich mit Migränebehandlung nicht aus, aber es gibt garantiert dafür standardisierte Fragebögen o.ä.)
3. Am Ende schaun ob die App einen spürbaren Unterschied macht.
Klar, das ist grob vereinfacht, gibt sicher viele Details die man dabei beachten muss. Man könnte auch die Frage stellen, ob ein Schmerzkalender per App warscheinlicher genutzt wird als einer auf Papier etc. pp. Aber die Grundidee sollte klar sein: Jede medizinische Intervention kann und sollte wissenschaftlich getestet werden. Und auch eine App ist in dem Fall eine medizinische Intervention.
22. Oktober 2016 um 13:58
@Hanno:
Nur damit ich es richtig verstehe, bevor ich die Frage eventuell weiterleite:
Sich regelmäßig zu notieren, wann und unter welchen Umständen man Kopfschmerzen hat, ist eine „medizinische Intervention“?
Also auch ein Notizzettel, ein Schmerztagebuch o.ä.?
<< Man nehme X Patienten, teile sie randomisiert in 2 Gruppen, eine bekommt die App, die andere was auch immer der aktuelle Standard in der Migränebehandlung ist. << Nun ja, aber die App ist doch keine Migränebehandlung. Ich kann doch nicht einen Kalender gegen z.B. eine Schmerztablette testen. Ich kann falsch liegen, aber nach meinem Verständnis wäre das in etwa dasselbe wie ein Blutdruckmessgerät mit einem Blutdrucksenker zu vergleichen.
22. Oktober 2016 um 14:09
> Sich regelmäßig zu notieren, wann und unter welchen Umständen man Kopfschmerzen hat, ist eine “medizinische Intervention”?
Naja, es ist auf jeden Fall Teil einer medizinischen Intervention.
> Nun ja, aber die App ist doch keine Migränebehandlung. Ich kann doch nicht einen Kalender gegen z.B. eine Schmerztablette testen.
Das ist vermutlich schlecht vergleichbar, vor allem da die ja nicht gegeneinander stehen (Nutzer der App nehmen ja vermutlich weiterhin Schmerztabletten). Die Frage wär eher: Was machen Migränepatienten bisher, um derartige Daten zu sammeln und was verbessert die App? Und führen diese Änderungen messbar zu einer Verbesserung für den Patienten.
Das hängt jetzt alles natürlich von vielen Details ab. Aber die generelle Stoßrichtung meiner Argumente sollte schon klar sein, oder? Die App verspricht – ganz generell – die Situation von Migränepatienten zu verbessern, sonst bräuchte man sie ja nicht. Für dieses Versprechen würde ich gern wissenschaftliche Belege sehen.
22. Oktober 2016 um 14:40
Ich werde sehen, dass jemand antwortet.
6. November 2016 um 14:21
Es gibt auch ein Video von der Schmerzklinik Kiel selbst dazu:
https://www.youtube.com/watch?v=NnYYcp4cPOQ
Migräne und Kopfschmerzen: Was bei Kindern und Jugendlichen hilft. Mit dem Comicfilm „Mütze hat den Kopfschmerz satt“ erfolgreich gegen Kopfschmerzen – Aktuelle wissenschaftlich fundierte Infos für Kinder und Jugendliche
17. Januar 2017 um 12:41
Ich, als „Diplomskeptiker“ in meinem Bekanntenkreis gefürchtet, der kaum eine Information ohne einen wissenschaftlich fundierten Beleg akzeptiert, muss nun zur Kenntnis nehmen, dass meine Freundin (48)bereits seit nunmehr 10 Wochen nach Setzen der sogenannten „Migräne-Piercings“ anfallsfrei ist. Anfälle bis zu dem Zeitpunkt mindestens 1x wöchentlich (Beobachtungszeitraum von mir 4 Jahre).
Keine Ahnung, warum das funktioniert, ist mir aber in dem Fall letztendlich sch… egal.
Wir freuen uns und hoffen, dass es so bleibt.
25. November 2017 um 12:44
Die London Migraine Clinic (Dr Chris blatcheley) arbeitet mit daith Piercing in London zusammen (www.daith.co.uk).
Die Umfrageergebnisse sind aus meiner Sicht – ich leide seit 17 Jahre an Migräne – absolut sehenswert.
(https://www.surveymonkey.net/results/SM-BKC8QMD3/).
Der Mechanismus mag noch unklar sein, es scheint hier aber eher an eine Stimulation des vagus nerven gedacht zu werden als an Akupunkturpunkte.
Ich fände es sehr wünschenswert, dass sich die Kieler schmerzklinik kritisch aber eben auch optimistisch mit solchen Behandlungsmethoden auseinandersetzt, statt Unheilbarkeit zu betonen und ein App zu feiern, dass das Leiden v.a. dokumentiert.
Einen Versuch wäre es den allermeisten Leidenden wert!
Herzlichen Dank.
A. Hoffmann
25. November 2017 um 16:23
@ A. Hoffmann:
Wo ist da die Kontrollgruppe? Eine seriöse Studie sieht anders aus.
Und was bitteschön soll der N. vagus mit Migräne zu tun haben?
Warum kommt Dunning Kruger bezüglich wissenschaftlicher Medizin nur so oft bei Psychologen vor?
25. November 2017 um 18:08
@ noch’n Flo:
Ich hoffe, wir verhakeln uns bei dem Thema nicht auch noch. Aber mir scheint, der Link von Herrn Hoffmann führt nicht zu einer Studie, die den Anspruch hat, Wirksamkeit nachzuweisen, sondern zu einer Befragung von Nutzern einer Methode, eine Art Anwendungsbeobachtung, wenn man so will. Die kann man in der Tat kritisch sehen.
Siehe z.B. hier: https://www.uni-bonn.de/neues/063-2015
25. November 2017 um 23:30
@ J. Kuhn:
Klingt interessant. Mal gucken, ob ich das mal irgendwie/wo selber ausprobieren kann.
30. November 2017 um 15:34
[….] obwohl ich nicht an sowas glaube.
Ist sogar kostenlos !
30. November 2017 um 15:35
@klaus:
Sparen Sie sich Ihren Quatsch, Sie werden Ihre Werbelinks hier bei keinem Artikel unterbringen.