Schöne Ergänzung zu unserer Skeptiker-Titelgeschichte „Osteopathie – eine Heilmethode auf dem Prüfstand“ (3/2015) in der Zeit:
Für die viszerale Osteopathie existiert kaum wissenschaftliche Evidenz, und beim Einlesen in die Grundsätze der kraniosakralen Osteopathie bekommt ein rational-schulmedizinisch denkender Kopf das Grausen.
Gehirn und Rückenmark, so die Lehre, würden in einem regelmäßigen Rhythmus schwingen, den der osteopathische Untersucher mit seinen Händen durch den knöchernen Wirbelkanal, zentimeterdicke Muskeln, Fettgewebe und Haut hindurch spüren könne.
Die deutsche Gesellschaft für Neuropädiatrie nahm dazu schon im Jahr 2001 kritisch Stellung [zum PDF].
Wolfram Hartmann ist ehemaliger Präsident und heutiger Ehrenpräsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte. Er sieht ebenfalls einen Trend zur Osteopathie: „In manchen Regionen Deutschlands geht inzwischen die Mehrheit der Eltern mit ihren Neugeborenen zum Osteopathen“, sagt er, „meistens auf Empfehlung der Hebamme.“ Diese Entwicklung, daraus macht er kein Geheimnis, bereitet ihm Sorgen.
Vor drei Jahren veröffentlichte er im Magazin Kinder- und Jugendarzt einen Artikel, über dem stand: „Osteopathie – Marketinginstrument der Krankenkassen“ [zum PDF]
Es geht darum, dass inzwischen viele gesetzliche Krankenkassen die Kosten für osteopathische Behandlungen von Säuglingen und Kindern zumindest teilweise erstatten. Hartmann vermutet, die Krankenkassen benutzten den Trend zur Baby-Osteopathie als Lockmittel, um junge Eltern als Kunden zu werben.
Dabei, so warnt er, ignorierten die Kassen nicht nur fehlende Nachweise für eine Wirksamkeit der Methode. Sie nähmen auch in Kauf, dass durch osteopathische Behandlungen Kinder zu Schaden kommen könnten – und dass außerdem viel Geld verschleudert wird.“
Zum Weiterlesen:
- Osteopathie: In guten Händen? Zeit-Online am 18. August 2016
- Hände ohne Heilkraft, Schweriner Volkszeitung am 26. September 2015
- Osteopathie bei Psiram
2. September 2016 um 22:04
Ja, was wir nicht alles spüren können…
warum, [Zynismus] schickt man Hunde ins Erdbebengebiet, warum schickt man keine „feinfühligen Pendler“ ins Katastrophengebiet? – Hunde sind nach einer viertel Stunde Suche total erschöpft…ein Pendler kann länger.[/Zynismus]
4. September 2016 um 13:26
Ein Skandal, dass die Krankenkassen Dinge erstatten, die unwirksam sind, nur um die Mitglieder aus Marketingsicht zu bespaßen. Peinlich und es sollte gesetzlich verboten werden.
6. September 2016 um 00:40
Im Artikel ist vom Röntgen vor Osteopathie bei Säuglingen die Rede… wie geht das denn mit eher streng zu handhabenden Indikationsstellung zusammen? Man ist froh, dass man heutzutage z.B. Hüften sonographisch abklären kann, aber dann kommt der Osteopath ums Eck und schon wird fröhlich geröngt. (Wobei der Arzt aus dem ZEIT-Artikel Orthopäde und kein Radiologe ist…)
1. März 2017 um 19:51
< < Vor Qualitätsmängeln und damit einer Gefahr für die Sicherheit von Patienten bei osteopathischen Behandlungen hat die Bundesärztekammer (BÄK) gewarnt. << https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/73363/Bundesaerztekammer-fordert-hohe-Qualitaetsauflagen-fuer-osteopathische-Behandlungen