Beim Evokids-Kongress in Gießen wurde eine Resolution verabschiedet, die die Aufnahme des Evolutionsunterrichts in die Grundschullehrpläne fordert.
Die Süddeutsche Zeitung sprach darüber mit GWUP-Mitglied André Sebastiani:
SZ.de: Die Evolution steht nicht in den Lehrplänen für Grundschulen. Sie sprechen das Thema bei Ihren Schülerinnen und Schülern trotzdem an. Was für Erfahrungen haben Sie damit gemacht?
André Sebastiani: Das Thema ist zwar nicht vorgesehen, aber hin und wieder gibt es die Gelegenheit, es anzusprechen. Im Sachunterricht behandeln wir zum Beispiel Singvögel und beobachten sie auch in der Nachbarschaft der Schule.
Da entdecken die Kinder selbst Unterschiede zwischen den Arten – etwa die verschiedenen Schnabelformen – und fragen, wie das kommt.“
Es gehört inzwischen doch zur Allgemeinbildung, dass der Mensch und der Affe gemeinsame Vorfahren haben.
Danach habe ich die Kinder auch gefragt. Sie haben an verschiedenen Stellen davon schon gehört, aber vielen fällt es schwer, sich vorzustellen, dass sie selbst auch irgendwie Affen wären. Ein Mädchen hatte im Fernsehen tatsächlich etwas über diese gemeinsame Abstammung gesehen.
Als ich sie darauf hingewiesen habe, dass es also noch etwas anderes zu geben scheint als die Schöpfungsgeschichte, meinte sie, die im Fernsehen erzählen doch nur Quatsch.“
Das bedeutet, die Schöpfungsmythen stehen im Widerspruch zur Evolution, aber Grundschüler orientieren sich eher an den religiösen Vorstellungen?
Die Kinder sind ja fast alle diesen Schöpfungsmythen ausgesetzt, privat oder im Religionsunterricht. Es gibt in unserem Religionsunterricht in der 3. Klasse jedes Jahr ein großes Projekt, in dem alle Weltreligionen angesprochen werden.
Wir gehen mit den Kindern auch in die entsprechenden Gotteshäuser und setzen uns damit auseinander. Da stelle ich fest, dass ihre Religion für viele Kinder schon identitätsstiftend ist. Auch Schülerinnen und Schüler, die in der Schule eher leistungsschwach sind, können häufig viel über die Religion in ihrer Familie und Gemeinde sagen.
Aber in der Schule möchte ich die Kinder mit den religiösen Vorstellungen als Antwort auf existentielle Fragen nicht allein lassen. Zu einem ehrlichen Unterricht gehört ja dazu, dass auch vermittelt wird, was man heute weiß.
Dass sich das Leben entwickelt hat, ist eine erwiesene Tatsache.“
Ab Februar 2016 sollen die „Evokids-Boxen“ ausgeliefert werden, die neben den gedruckten Unterrichtskonzepten viele weitere Materialien für den Unterricht enthalten. Grundschulen, die mit den Evokids-Boxen arbeiten möchten, können sich schon jetzt bei der Projektgruppe bewerben.
Zum Weiterlesen:
- Zum ehrlichen Unterricht gehört auch die Evolution, Süddeutsche am 9. November 2015
- “Evokids“: Evolution schon in der Grundschule lehren, GWUP-Blog am 26. Juni 2014
- Vince Ebert: Evolution, GWUP-Blog am 22. Dezember 2013
- Urmel und die Evolution, GWUP-Blog am 26. Juli 2013
- Evokids-Kongress in Gießen, GWUP-Blog am 24. Oktober 2015