Anlässlich der Geberkonferenz der Impfallianz Gavi in Berlin hat der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte eine Impfpflicht in Deutschland gefordert:
Die Bundesregierung handelt nicht konsequent genug, um das Recht eines jeden Kindes auf bestmögliche gesundheitliche Versorgung und auf Schutz durch Impfungen auch in Deutschland durchzusetzen“,
heißt es in einer Pressemitteilung.
Eltern in Deutschland haben immer noch das Recht, ihren Kindern den Impfschutz vorzuenthalten und Flüchtlingskinder erhalten nur Zugang zu einer eingeschränkten Gesundheitsversorgung ohne Prävention. Beides sind unhaltbare Zustände, die schleunigst behoben werden müssen […]
Der Beratungspflicht muss eine Impfpflicht folgen, wenn das Kind eine öffentliche Einrichtung besuchen soll. Anders geht es nicht!
Wir Kinder- und Jugendärzte beraten seit vielen Jahren die Eltern im Rahmen der Kindervorsorgen umfassend zu den öffentlich empfohlenen Impfungen. Harte Impfgegner lassen sich davon nicht überzeugen, wie die Vergangenheit vielfach gezeigt hat.
Sie verweigern ihren Kindern die Impfung und gefährden sie damit. Und sie gefährden auch die Kinder, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können. In den letzten Jahren hat es als Folge dieses unverantwortlichen Nicht-Handelns immer wieder Masernausbrüche gegeben.
Wir fordern daher den Gesundheitsminister mit allem Nachdruck auf, auf politischer Ebene dafür zu sorgen, dass wir Durchimpfungsraten von wenigstens 95 Prozent erreichen und somit auch Kinder schützen, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können! Alles andere ist unglaubwürdig.“
In den USA hat der jüngste Masernausbruch mittlerweile 14 Bundesstaaten erreicht.
Selbst das nationale Ereignis „Super Bowl“ am heutigen Sonntag macht den Behörden Sorgen:
Health officials in three Arizona counties said hundreds of people may have been exposed to the highly contagious measles virus, three days before thousands of sports fans pour into the state for the Super Bowl.“
Das US-Newsportal Vox bezweifelt, dass der Masernausbruch im Dezember in Disneyland seinen Anfang nahm.
Nach seinen Recherchen hat ein Missionar der Amish People in Ohio das Virus von den Philippinen eingeschleppt und in seiner Heimat verbreitet.
Und zum Schluss eine gute Nachricht:
Die amerikanische Anti-Impf-Propagandistin Sherri Tenpenny hat ihre geplante Australien-Tournee nach massiven Protesten abgesagt.
Zum Weiterlesen:
- Unser Berufsverband zur Impfpolitik in Deutschland, kinderdoc am 30. Januar 2015
- Deutschland unterstützt Impfallianz mit 600 Millionen Dollar, FAZ am 27. Januar 2015
- Impfkonferenz in Berlin: Mehr impfen ja, aber billiger, Deutschlandfunk am 27. Januar 2015
- Anti-Impf-Propaganda tötet Kinder und Klartext bei Fox News, GWUP-Blog am 25. Januar 2015
- Künstler pro Impfen: „The Art of Saving a Life“, GWUP-Blog am 17. Januar 2015
- Impfschutz als Kunstprojekt: Die Ästhetik der Spritze, Süddeutsche am 24. Januar 2015
- Die Impfskepsis der Eltern: Ein echtes Dilemma, FAZ am 24. Juli 2013
- How an Amish missionary caused 2014’s massive measles outbreak, vox am 29. Januar 2015
- Anti-Vaccine Tropes Stirring, NeuroLogica am 29. Januar 2015
- Measles has infected 84 people in 14 states this year, USA Today am 29. Januar 2015
- Arizona Tries to Contain Measles Outbreak Days Before Super Bowl, bloomberg am 29. Januar 2015
- This Is What Measles Actually Looks Like, Buzz Feed News am 27. Januar 2015
- Antivaccine cardiologist Jack Wolfson and the resurrection of false balance about vaccines, Respectful Insolence am 30. Januar 2015
- I Don’t Vaccinate My Child Because It’s My Right To Decide What Eliminated Diseases Come Roaring Back, The Onion am 23. Januar 2015
- „Ist doch alles nur gelogen“: Pseudowissenschaft und Impfkritiker, derfreitag am 15. Mai 2012
- Impfgegner, die sich in Kinderreime flüchten, und Kinder mit SSPE, GWUP-Blog am 9. Januar 2015
- Anti-vaccination campaigner Sherri Tenpenny cancels Australian tour, The Guardian am 28. Januar 2015
- Ein Pro und Contra zur Impfpflicht, Deutsches Ärzteblatt am 8. Juli 2013
1. Februar 2015 um 15:39
Ausgerechnet die Grünen, die einem möglichst alles vorschreiben/verbieten wollen, was ihrer Meinung nach sein muss/ nicht sein darf (Veggieday, Tempolimits, Fahrradhelm, das Atmen (wg. Giftgas CO2) usw. usw.), plädieren hier, wo es wirklich um das Überleben – vor allem von Kindern – geht, für das Selbstbestimmungsrecht. Das Topargument ist natürlich die Aussage von Frau Bender, dass es für die aktuelle Epidemie eh zu spät sei.
Impfen passt halt nicht ins alternativmedizinisch geprägte Weltbild der Grünen, es darf ja nicht sein, dass die bösen Pharmakonzerne sich eine „goldene Nase“ durch das Impfen verdienen.
1. Februar 2015 um 16:41
Ich bin ja immer noch der Ansicht, dass konsequente Aufklärungsarbeit (wie sie die GWUP ja seit Jahren lobenswerter Weise durchführt) der bessere Weg ist, als Zwangsmaßnahmen. Ich denke dass dies ja nur jene bestärkt, die in ihrem Kammerl sitzen und Weltverschwörungstheorien spinnen und solchen Leuten werden dann mehr Leute in die Arme getrieben.
Was man sich schon überlegen sollte, ob man nicht positive Anreize schafft.
Zudem wäre ich eher dafür bewußte Fehlinformationen wie sie vonseiten gewisser esoterischer Impfgegner (meist aus dem „neugermanischen“ Eck stammend), Quacksalberei usw. unter Strafe zu stellen, wenn sie eindeutig gegen wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse verstoßen.
Auch sollte man sich im deutschsprachigen Raum überlegen, ob es so Nischen wie „Heilpraktiker“, Homöopath usw. geben darf. (aus diesen Bereichen stammt ja meist die quaqua gegen die Vernunft des Impfens).
2. Februar 2015 um 18:50
In dem von „trixi“ verlinkten Interview sagt Wolfram Hartmann zu Beginn, meistens würde die Impfung vergessen, nicht verweigert.
Wenn das so ist, ist eine Impfpflicht schon aus diesem Grund nicht die Lösung. Sie wäre dann der Ersatz für Aufklärung und kompensatorische Impfangebote, z.B. durch den öffentlichen Gesundheitsdienst in Kitas und Schulen.
Zudem gibt es bekanntlich erhebliche juristische Einwände gegen eine allgemeine Impfpflicht bei Masern & Co.
Der „Zwang zum Guten“ ist hier eine heikle Sache und “no vaccination, no school”-Strategien scheinen mir der bessere Weg zu sein.
2. Februar 2015 um 21:00
@christian groschke
Natürlich ist die Aufklärungsarbeit lobenswert, aber hier handelt es sich nicht um einen irrgeleiteten Glauben, sondern um eine Gesundheitsgefahr für die Allgemeinheit – hier hat die Gesellschaft die Pflicht, im Sinne Aller und im Besondern, im Sinne der Schwächsten zu handeln und das heißt Impfpflicht
2. Februar 2015 um 21:45
Das trifft aber auch für den Fasching zu…da haben Viren auch ein leichtes Spiel…dieses Jahr ist der Norovirus sehr aktiv…
Für Viren und Bakterien ist es ein wahres Fest, wenn viele Menschen sich zusammenfinden und auch noch Alkohol im hohen Maße genießen…beides begünstigt die Übertragung derer…ich weiß schon, warum ich ein „Faschingsmuffel“ bin ;-)
2. Februar 2015 um 21:58
Zu trixis verlinktem Artikel:
Sehr schön, bei uns (Fußball-WM) muß man die Herzinfarkt-Rate bemühen, um etwas „sensationelles“ zu bringen…dank des Winters, kann man bei dem §Super-Bowl“ mal eine schöne Grippe als makabren Beigeschmack vermarkten…
2. Februar 2015 um 22:06
…ach ja, das ist der Vorteil der WM in Katar…sie wird wahrscheinlich im Winter ausgetragen…ja, ich freue mich schon auf die Schlagzeile: Grippewelle tötet Fußball-Fans ;-)
3. Februar 2015 um 06:55
Influenza und super bowl: Nicht unplausibel, aber das müsste man sich einmal genauer ansehen. Eine um 18 % erhöhte Sterblichkeit, wie die Süddeutsche schreibt, kommt in einer Beobachtungsstudie schnell auch durch wer weiß was zustande.
4. Februar 2015 um 06:12
Irrglaube der Öko-Kalifornier wird zur Gefahr:
http://www.welt.de/politik/ausland/article137090363/Irrglaube-der-Oeko-Kalifornier-wird-zur-Gefahr.html
4. Februar 2015 um 07:48
@ Joseph Kuhn:
> […] sagt Wolfram Hartmann […], meistens würde die
> Impfung vergessen, nicht verweigert.
> Wenn das so ist, ist eine Impfpflicht schon aus
> diesem Grund nicht die Lösung. Sie wäre dann der
> Ersatz für Aufklärung […]“
In welchem konkreten Widerspruch stehen, Ihrer Ansicht nach, Pflicht und Aufklärung zueinander? Für mein Verständnis können sich beide Entitäten ohne Weiteres gegenseitig ergänzen – jedenfalls in einer demokratisch geprägten Gesellschaft.
Was das Vergessen angeht, so gibt es dagegen probate Mittel. Koppeln wir etwa den Bezug leistungsfreier Einkommen, in diesem Fall zum Beispiel des Kindergeldes, an die Erfüllung bestimmter Voraussetzungen, hier der Impfung des Kindes – schon wird sich die Gedächtnisleistung in der Gesellschaft sprunghaft und erkennbar gebessert haben.
Da bedarf es folglich, da gehe ich gern mit Ihnen, nicht einmal einer Impfpflicht, denn wer nicht impfen will, muss es ja nicht tun. ‚S gibt halt dann kein Kindergeld… ;)
4. Februar 2015 um 14:41
@Dalek Sander
gar nicht so schlecht, die Idee mit dem Kindergeld, geht aber nie durch.
Was man aber machen könnte, wäre ein positiver Anreiz: Für geimpfte Kinder ist der KIGA-Besuch kostenlos.
Aus medizinischer Sicht grundlos (Gründe wären z.B. Allergien oder sonstige Kontraindikationen) Nichtgeimpfte zahlen dafür einen höheren Tarif.
Das hätte den Effekt, dass sichs manche doch überlegen würden (Pecunia non olet) und dass es wesentlich weniger Nichtgeimpfte an den KIGAS gäbe.
4. Februar 2015 um 17:55
@ Dalek Sander: Aufklärung und Pflicht müssen nicht per se in Widerspruch zueinander stehen. Auch Pflichten sollten ja argumentativ vermittelt werden. In diesem Fall ist es aber so, auch darauf geht Hartmann am Ende seines Interviews kurz ein, dass mit dem ÖGD einer der wichtigsten Akteure, die z.B. in Kitas und Schulen über das Impfen aufklären müssten, seit Jahren personell ausgezehrt wurde. Eine klassische Paradoxie neoliberaler Politik: Öffentliche Daseinsvorsorge wird abgebaut, „Eigenverantwortung“ soll sie ersetzen, wenn das nicht klappt, wird mit Zwang gedroht. Im großen Stil kann man das in den USA sehen: Gefängnisse statt Bildung.
Kindergeldentzug: Das wäre vermutlich verfassungswidrig. In Bayern ist allerdings das Landeserziehungsgeld an die Teilnahme an bestimmten U-Untersuchungen geknüpft – bei den U-Untersuchungen erinnern die Kinderärzte an ausstehende Impfungen und können sie auch gleich vornehmen.