In Deutschland erkranken jährlich etwa 440.000 Frauen und Männer an Krebs, zirka 200.000 Betroffene sterben an ihrem Tumorleiden.
Inzwischen ist Krebs nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen die zweithäufigste Todesursache. Nach der Primärtherapie des Krebses, in vielen Fällen in Form einer Operation, eventuell kombiniert mit Bestrahlung, besteht die weitere Therapie aus einer Wait-and-see-Strategie, also regelmäßigen Nachsorgeuntersuchungen.
Im Fall von Rezidiven wird meist eine Chemotherapie eingesetzt, um die Überlebenszeit des Patienten zu verlängern. Diese oft nur um wenige Monate verlängerte Zeitspanne wird aber mit teilweise erheblichen Nebenwirkungen erkauft. Kaum verwunderlich also, dass viele Tumorkranke Hilfe bei alternativen Therapiemethoden suchen.
Beim Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) vergangene Woche in Wiesbaden gab es ein Symposium zu diesem Thema, über das unter anderem die FAZ berichtet hat.
Zitat:
Gerade bei Tumorkranken sei der Wunsch groß, selbst etwas für sich zu tun, außerdem lasse sie die Ausweglosigkeit mancher Krebserkrankung, vor allem nach einem Rückfall, zu jedem Strohhalm greifen, der sich ihnen biete. Dass manche alternative Therapie nicht wirkt, ist oft noch das geringste Problem.
Sie birgt mitunter erhebliche Risiken, oder gefährdet aufgrund von Wechselwirkungen den Erfolg einer Chemotherapie. Außerdem droht den Kranken finanzieller Schaden, denn nicht wenige der vermeintlich lebensrettenden Behandlungen müssen teuer erkauft werden.“
Bei der Fachveranstaltung ging es zum Beispiel um die adjuvante Misteltherapie, um Vitamine und spezielle Diät- und Ernährungsempfehlungen für Krebspatienten.
Dabei stellte Dr. Jutta Hübner vom Zentrum für Komplementäre Onkologie am Universitätsklinikum Frankfurt noch einmal ihr Beratungsangebot für niedergelassene Kollegen und deren Patienten vor.
Man wisse aus Studien, dass bis zu 90 Prozent aller Krebspatienten „zusätzlich was machen“, hatte Hübner bereits im vergangenen Jahr gegenüber der Offenbach Post erklärt:
Die Leute schluckten, so Hübner, einiges in der Hoffnung, die Heilungschancen zu verbessern. Dumm sei nur, dass dies oft ohne Kontrolle geschehe und ohne zu klären, wie sich das Zusatz-Präparat mit der Kanonade der übrigen Medikamente vertrage.“
In einem Gastbeitrag für die FAZ beklagte die Medizinerin zugleich die Aufweichung des „strengen Kriteriums des Wirksamkeitsnachweises als Grundlage für die Erstattungsfähigkeit für die sogenannten besonderen Therapierichtungen wie Homöopathie, anthroposophische Medizin und Pflanzenheilkunde“.
Hübner wörtlich:
Viele komplementäre und alternative Präparate mögen billiger als moderne Krebsmittel sein. Aber welchen Sinn macht „billiger“, wenn die Wirkung mehr als fraglich ist?
Schätzungen zufolge wird bei der Behandlung von Tumorpatienten mittlerweile genauso viel Geld für die komplementären und alternativen Therapien ausgegeben wie für die wissenschaftlich geprüften, ohne dass genau bekannt wäre, welchen Gegenwert die Patienten dafür erhalten.“
Mittlerweile hat die Ärztliche Leiterin der Komplementären Onkologie
„… von A wie Aloe bis Z wie Zitrusflavinoide […] die derzeit verfügbare Evidenz gesammelt. Sie spricht klare Empfehlungen aus oder rät ab. Sie beweist dabei so viel Mut, dass Hersteller kritisch bewerteter Substanzen bereits mit Klage gegen ihre Publikationen gedroht haben.“
Hübner möchte erklärtermaßen darauf hinwirken, dass Patienten …
… begreifen, dass sie ein Risiko eingehen, wenn sie sich auf ungeprüfte Verfahren einlassen, und dass naive Heilsversprechen letztlich keine echte Alternative sind.“
Weitere Infos und Kontaktdaten gibt es hier.
Zum Weiterlesen:
- Dr. Jutta Hübner: Aloe, Ginkgo, Mistel & Co – Ergänzende Wirkstoffe in der Krebsbehandlung. Schattauer-Verlag, 2009
13. Mai 2011 um 21:01
ein Seiteneinwurf aus aktuellem Anlass:
die Snake oil Visualisierung von informationisbeautiful wurde vor wenigen Tagen geupdated und das dahinterliegende Spreadsheet in Zusammenarbeit mit Cochrane aktualisiert.
http://www.informationisbeautiful.net/play/snake-oil-supplements/
13. Mai 2011 um 21:49
@fatmike182:
Genial! Muss ich gleich verbloggen…
14. Mai 2011 um 20:00
@fatmike182
Interessant, wie da die Cranberries gegen Harnwegsinfekte von „strong“ auf „slight“ evidence abgestürzt sind. :)
24. Februar 2014 um 23:47
Was ist denn heilen? Doch nur geschwurbeltes aufschieben!
Gesund bleibt gesund, wird nach 14 Tagen wieder „hergestellt“.
Krank ist „krank“, wird „angenommen“ und „erträglich“ reduziert.
25. Februar 2014 um 10:19
Herr Senf, dieses „erträglich“ dürfen Sie gerne meiner verstorbenen Mutter erklären, die auf einen „Heiler“ reingefallen ist und statt Medizin lieber die idiotischen Pülverchen und Globuli mit Mistel und anderem Zeug genommen hat und letztendlich auch von Spezialisten nicht mehr zu retten war. Besagter Herr hat sich in die „Behandlung“ eingemischt, als der Krebs dank Chemo und Medikamenten praktisch besiegt war.
Das dumme Gewäsch der ganzheitlichen mitfühlenden und so toll alternativen Schwachmaten kann ich nicht mehr hören. Das das ein Schw*geld gekostett hat – das nur am Rande…