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Verhexte Kinder

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Kurz bevor es zum Tanz in den Mai geht, noch ein paar Lesetipps zum Thema „Hexennacht“:

Im vergangenen Jahr führten wir für den Skeptiker-Blog ein Interview mit dem Lebensmittelchemiker Dr. Jochen Bergmann zum Thema „High mit Hexensalbe“.

Ein Auszug:

Herr Dr. Bergmann, in der Walpurgisnacht fliegen die Hexen auf einem Besenstil zum Blocksberg, um dort eine Nacht lang zu tanzen und wollüstigen Sex mit dem Teufel zu haben. Das klingt wie ein Drogen-Trip. Könnten solche Vorstellungen vielleicht tatsächlich unter dem Einfluss halluzinogener Substanzen entstanden sein?

Das ist sogar sehr wahrscheinlich, wenn man die verwendeten Pflanzen betrachtet.

Obwohl Hexensalben-Rezepte – hier insbesondere die klassische „Flugsalbe“ – in verschiedenen Varianten kursierten, enthielten sie meist Teile einer oder mehrerer Pflanzen mit berauschender Wirkung, wie etwa Bilsenkraut, Tollkirsche, Alraune oder bittersüßer Nachtschatten. Auch wenn wir erst seit einigen Jahrzehnten die chemischen Verbindungen kennen, die für die Wirkung verantwortlich sind: Ihre Wirkung ist schon seit Jahrhunderten bekannt und der Kreis ihrer Anwender war nicht auf Hexen beschränkt.

Durch unterschiedliche Rezepte, Herstellungsverfahren und natürliche Schwankungen der Inhaltsstoffe gibt es zum Teil große Unterschiede in den Schilderungen der Wirkung von Hexensalben. Einige Hexensalben mögen vielleicht wirkungslos gewesen sein und bei anderen vermischen sich authentische Schilderungen mit Übertreibungen und Mythen.

Einen wahren Kern aber haben die die Schilderungen von „Hexenflug und Ausschweifungen“ allemal – nur fand dies im Kopf der Hexen statt.“

Das ganze Gespräch gibt’s hier.

Über „Walpurgisnacht und Hexen-Klischees“ sprachen wir mit der Altgermanistin Henriette Fiebig:

Woher kommt eigentlich die Verbindung von Walpurgisnacht, also dem 30. April, und den Hexen?

Ihren Namen hat die Walpurgisnacht von einer vermutlich um das Jahr 710 geborenen angelsächsischen Adligen namens Walburga. Ein Walburga-Kult ist aber erst seit dem späten neunten Jahrhundert belegbar und in der gleichen Zeit wurde auch ihr Name mit dem 1. Mai in Verbindung gebracht. Ihr Todestag kann allerdings nicht der 30. April oder 1. Mai gewesen sein.

Wir müssen dann einen Sprung in die frühe Neuzeit machen, als in Vernehmungen über Versammlungen auf Bergen, speziell auch Blocksbergen, berichtet wurde – der Name „Blocksberg“ steht übrigens nicht exklusiv für den bekannten Berg im Harz. In keinem Fall allerdings wurden diese Zusammenkünfte mit einem speziellen Datum zusammengebracht. Vermutlich war Johannes Praetorius der Erste, der die Vorstellung des Blocksberges als Hexenversammlungsort mit der Nacht vom 30. April auf den 1. Mai zusammenbrachte.

Das geschah im Jahr 1668 in seinem Buch „Blockes-Berges Verrichtung oder ausführlicher geographischer Bericht von den hohen trefflich alt- und berühmten Blockes-Berge.“ Goethe – mit seinem auf Praetorius basierenden „Faust“ – popularisierte die Vorstellung von der Walpurgisnacht als Hexennacht dann endgültig.“

Und hier geht’s weiter.

Ganz andere Kategorie:

Während in Europa immer mehr Opfer der Hexenverfolgung rehabilitiert werden, wütet in Afrika der Hexenwahn weiter. Der Straßenkinderreport beschreibt aktuell die Situation von „Verhexten Kindern“ in Nigeria und skizziert allgemein die Thematik „Hexerei und okkulte Gewalt in Afrika“ .

Zitat:

Viele Afrikaner machen Hexen und Zauberer für ihr persönliches Elend verantwortlich. Die afrikanischen Hexenverfolgungen hängen mit dem ökonomischen Zusammenbruch und der herrschenden Armut zusammen. So erweist sich der subkulturelle Okkultismus Afrikas als ein Globalisierungs- und Modernisierungsphänomen. Mit der Auflösung des staatlichen Gewaltmonopols lebt religiöse Gewalt auf. Die Handhabung okkulter Kräfte stellt für die Menschen im Elend ein letztes verzweifeltes Aufbäumen dar.“

Auch der nigerianische Menschenrechtsaktivist und Skeptiker-Autor Leo Igwe führt seit Jahren einen verzweifelten Kampf gegen Aberglauben und Hexenverfolgung in seinem Land.

In einem Artikel für die GWUP-Zeitschrift (2/2003) schrieb Igwe:

Der afrikanische Kontinent muss von dem Glauben an Hexerei und Zauberei befreit werden, wenn Afrika eine tragfähige Renaissance, eine dauerhafte Wiedergeburt erleben soll.“

Die Skeptiker-Verbände auf der ganzen Welt versuchen Igwe bei seinem Engagement zu unterstützen. Dazu äußert sich zum Beispiel Rebecca Watson vom Skepchick-Blog:

Zum Weiterlesen:

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