Eine Zeitung darf Homöopathie als „Scharlatanerie“, „Aberglauben“ und „Bockmist“ bezeichnen – das hat der Schweizer Presserat aktuell entschieden.
Die pauschale Aussage „Es gibt keine einzige Studie, welche die Wirksamkeit von homöopathischen Methoden beweisen würde“, bewertete das Gremium dagegen als sachlich unrichtig.
Heißt das im Umkehrschluss, dass die Wirksamkeit von Homöopathika nun quasi gerichtlich festgestellt worden ist?
Natürlich nicht.
Die Sache ist einfach nur die: Es gibt Studien, die die Wirksamkeit scheinbar „beweisen“ (gemeint ist „belegen“). Das ist nicht weiter verwunderlich, da gute und gelinde gesagt weniger gute Studien existieren.
Bei den meisten gut erforschten Wissenschaftsthemen (oder ihren verschiedenen Teilaspekten) gibt es indessen einen Konsens der Fachleute oder wenigstens einen Trend in den Studienergebnissen – auch bei der Homöopathie, und der ist eindeutig negativ.
Die Situation der Homöopathie kann man so zusammenfassen:
- Es gibt keine theoretische Begründung, warum sie funktionieren sollte. Alle diesbezüglichen Ansätze haben sich als nicht stichhaltig herausgestellt.
- Es gibt eine theoretische Begründung, warum sie nicht funktionieren sollte.
- Es gibt etliche gescheiterte (weil fehlerhafte) theoretische Begründungen, warum sie funktionieren sollte.
- Es gibt keinen empirischen Beleg dafür, dass sie funktioniert. Je besser die Studie, desto ungünstiger fällt sie in der Regel für die Homöopathie aus.
- Es gibt empirische Belege dafür, dass sie nicht funktioniert.
- Es gibt etliche gescheiterte (fehlerhafte) empirische Belege dafür, dass sie funktioniert.
Wie man eine „positive“ Homöopathie-Studie veröffentlicht, hat unlängst der Ratio-Blog beschrieben. Die Kurzversion:
- Hypothese aufstellen,
- Versuch durchführen,
- Ergebnisse dokumentieren,
- Ergebnisse ignorieren,
- Homöopathie als wirksam deklarieren.
Zum Weiterlesen:
- Schweizer Presserat rügt Homöopathie-Kritik, skeptiker-blog am 22. April 2011
- „Die Homöopathie ist eine widerlegte Methode“, Tagesanzeiger am 12. April 2009
Und ein nettes Video aus Australien: „Homeopathy is not Medicine“:
The YouTube ID of 3bYAgR71NBY&feature=youtu.be is invalid.
20. April 2011 um 21:03
Absolut lesenswert: die hysterischen Leserkommentare im „Tagesanzeiger“… die versammelten Homöounsinn-Fanboys & -girls schäumen nur so vor Wut – kein Pseudoragument ist ihnen abgedroschen genug ;)
21. April 2011 um 08:27
Dann solltet ihr aber als „Skeptiker“ bitte so fair sein und ebenso schulmedizinische Studien zerpflücken und anzweifeln. Bei dieser permanenten einseitigen Betrachtungsweise auf diesen Seiten ist allein die Bezeichnung „Skeptiker“ nicht gerechtfertigt. Natürlich wird das hier, aus entsprechenden Gründen, nie passieren. ;)
21. April 2011 um 10:42
@Marc: Untaugliches Ablenkungsmanöver.
Wie hier etwa schon gefühlt 10 000 Mal ausgeführt, passiert das, was Sie fordern, jeden Tag und ist inhärenter Bestandteil der Wissenschaft und der Medizin.
Bei den „Besonderen Therapierichtungen“ gibt es solche inneren Regulative aber gar nicht, weil nach dem s.g. „Binnenkonsens“ ein inhaltsloses Geschwafel a la „Wir haben nur Gutes gesehen“ ausreicht, um das Zeug auf den Markt zu bringen.
21. April 2011 um 12:23
Es passiert aber nicht auf dieser Skeptiker-Webseite. Ich sehe keinen Artikel, wo Sie sich z.B. skeptisch über bestimmte schulmedizinische Behandlungsmethoden, deren Erfolge ebenso fragwürdig sein können, auslassen.
21. April 2011 um 12:28
@Marc: Die „Skeptiker“ haben sich auf das Themenfeld der s.g. „Außergewöhnlichen Behauptungen“ fokussiert, um das sich sonst niemand kümmert. Das ist unser „USP“, wenn Sie so wollen.
„Schulmedizinische Behandlungsmethoden“ werden von einer Vielzahl von Organisationen und Einzelpersonen kritisch begleitet und geprüft.
Ihre Argumentation ist in etwa: „Sie dürfen nicht über den neuen Exorzismus-Film berichten, ohne zugleich auch alle anderen Filme zu kritisieren, die im Kino laufen.“
21. April 2011 um 12:50
@Bernd: Tja die Frage ist ja immer, wer die Studien durchführt, wer davon profitiert und welche Studien man wie interpretiert. Wirkt die Homöopathie (als Erfahrungsbericht der Betroffenen) dann ist es der Placebo-Effekt. Wirkt ein schulmedizinisches Medikament, dann war es natürlich ausnahmslos der Wirkstoff. Sie wissen bestimmt selbst, dass man derartige Untersuchungen führen und auswerten kann, wie man möchte.
Es gibt natürlich auch andere Studienergebnisse und Interpretationen: http://www.dzkf.de/heft/1999_1-2/Homoeopathie.htm
21. April 2011 um 12:55
@Marc:
Bei *jeder* – auch „schulmedizinischen“ – Behandlung wirkt der Placebo-Effekt, was auch jeder Studienleiter weiß, und der deshalb umständlich aus den *guten* Studien herausgerechnet wird. Sein Anteil wird auf 30 bis 40 Prozent bei „schulmedizinischen“ Verfahren und Medikamenten geschätzt.
<< Sie wissen bestimmt selbst, dass man derartige Untersuchungen führen und auswerten kann, wie man möchte. << Deshalb haben wir ja auch geschrieben, dass *eine* Studie nix aussagt, sondern die langjährige "Tendenz" sehr vieler Studien, Meta-Analysen etc. Und gerade bei dieser Betrachtungsweise hat die H. nix zu bieten.
10. Mai 2011 um 09:53
Hey, netter Beitrag zum Thema Aberglaube. War für mich auf jeden Fall neu. Danke. Ciao, Ann-Christin.