Über den Jahreswechsel werden wir unsere Webseite mal gründlich tachyonisieren – das heißt, wir richten sie vertikal aus und schließen sie an die überlichtschnellen kosmischen Prozesse an.
Daher wünschen wir schon heute allen unseren Leserinnen und Lesern einen guten Rutsch und das Beste für 2011! Und verabschieden das alte Jahr mit einem letzten Lesestück aus „Wer’s glaubt, wird selig“ von Dieter Nuhr, diesmal zum Top-Thema in Sachen Neujahrswünsche: Gesundheit.
Klar, dass die Medizin früher besser war. Da wurden die Menschen zwar nur halb so alt – aber sie starben gesünder. Denn damals gab es noch das alte Wissen, das von Generation zu Generation weitergegeben wurde.
Man wusste, was zu tun war, wenn die Schwindsucht zuschlug (ein Nutellabrot an einen Balken festnageln und dabei das Ave Maria hupen) oder die Pest grassierte (sterben). Und man wusste, dass es göttliche Fügung war, wenn man am Fußpilz dahinschied. Antibiotika gab es noch nicht, stattdessen versuchte man es mit Teufelsaustreibungen. Zwar gibt es in katholischen Gegenden bis heute immer noch Exorzismus. Aber meistens versucht man es vorher mit Aspirin. […]
Auch bei uns misstrauen viele Menschen der Schulmedizin. Ich finde Schulmediziner prima. Ich finde es schön, wenn mein Arzt eine Schule besucht hat. Das gibt mir Trost und Hoffnung. Zwar können die meisten Ärzte trotz Schulbesuch und Universität nicht schreiben (zumindest lesen kann man es nicht), aber rechnen ist auch heute noch in den Zeiten von AOK und Praxisgebühr eine ganz wichtige Grundfähigkeit unserer Mediziner.
Wie wünscht sich der Patient seinen Arzt? In erster Linie soll er nicht wie ein neunmalkluger Biologe daherkommen, sondern verständnisvoll und vor allem entspannt Wehwehchen erkunden. Der Arzt erhält dann für das zweistündige ausgiebige Gespräch, in dem auch private Probleme diskutiert wurden, ein Honorar von 1,10 Euro, sodass der Krankenkassenbeitrag gesenkt werden kann. So macht man Patienten glücklich.
Leider gibt es Ärzte, die behaupten, dass sie, nach zirka zehn Jahren Ausbildung, aufgrund ihrer Arbeit, bei der sie Verantwortung für Leben und Tod tragen, auch Anrecht auf ausreichende Bezahlung hätten. Wie unsozial! Schließlich arbeiten ja auch Schreiner häufig für einen Apfel und ein Ei, wenn ein wirklich Bedürftiger notfallartig in ihrer Tür steht und dringend eine neue Louis-Seize-Kommode benötigt.
Es ist diese Gier nach Geld, die das Vertrauen der Patienten so oft erschüttert. Die Ärzte sollten Rücksicht lernen. Ist andere zu heilen nicht Belohnung genug? Muss es immer auch noch Geld dafür geben? Viele Ärzte legen Wert auf Essen und Wohnen. Muss das sein? Und dann oft auch noch beides zusammen! […]
Es gibt also auch bei uns Menschen, die der modernen Medizin misstrauen und im Krankheitsfall Wege beschreiten, die die Krankenkassen nicht belasten. Wer sich auf die Heilkraft von Steinen oder die magische Wirkung von Planetenkonstellationen verlässt, tut genauso viel für das Gesundheitswesen wie Kettenraucher: Auch die sterben früh und vor allem flott.
Ich bin da aus Erfahrung eher kritisch. Ich habe schon viele Kranke und Verletzte gesehen und musste immer wieder feststellen: Bei Schädelbruch oder abbem Bein helfen weder Salbei noch Löwenzahn. Wer seine Bauchschmerzen mit Fenchel und Kräutern bekämpft, erspart sich oft nicht nur die Chemotherapie, sondern des Rest des Lebens überhaupt. Wir sollten die Wirkung alternativer Methoden nicht unterschätzen! […]
In China leidet der Mensch nicht unter einer Krankheit, sondern am Leben, also Geist und Körper werden als eins angesehen, was im Übrigen bei uns nicht anders ist. Wenn der Körper den Geist aufgibt oder, besser gesagt, in die Freiheit entlässt, dann ist auch bei uns medizinisch gesehen der Ofen aus.
Aber der Chinese sieht das Ganze komplexer. Ganzheitlich denken heißt in der chinesischen Medizin: Ist das Leben hin, macht auch die Niere irgendwann Feierabend, beziehungsweise wenn die Galle nicht mehr funktioniert, muss man sich fragen, ob unter dem Fuß was nicht in Ordnung ist, weil man ohne Fuß gar keine Galle hätte beziehungsweise die Galle im Fuß praktisch auf die Lunge trifft, die ebenfalls da unten rumkreuchelt, weil für die Chinesen alles überall ist – ganzheitlich eben. […]
Der Chinese kennt durchaus bewundernswerte Therapien, für die es zwar keine empirischen Untersuchungen gibt, aber das genau macht ja den Unterschied: Wo nichts überprüft wird, gibt es auch keine falschen Untersuchungen. In China braucht man nichts überprüfen, weil der Arzt sowieso recht hat. Das ist gut.“