„Versunken und erlogen“ heißt ein schöner Artikel übers Bermuda-Dreieck, der bei einestages zu lesen steht.
Obwohl ein klassischer 70-Jahre-Heuler, gehören die Gruselstorys von den verschwundenen Schiffen und Flugzeugen in dem verrufenen Seegebiet seltsamerweise bis heute zu den bekanntesten Verschwörungsmythen, hat der Psychologe Sebastian Bartoschek bei seiner Promotionsarbeit festgestellt. Worum geht es dabei eigentlich? Ein kurzer Review:
Schiff weg, Flugzeug weg, Mann und Maus weg. Und zwar spurlos.“
So oder so ähnlich lasen (und lesen) sich die Schlagzeilen der Boulevard-Presse, wenn es um die gefürchtetste Gegend aller sieben Weltmeere geht. Hunderte einschlägiger Fälle aus dem Triangel zwischen Puerto Rico, Südflorida und den Bermuda-Inseln sind überliefert, nachzuschlagen etwa bei Charles Berlitz, in seinen Bestsellern „Das Bermuda-Dreieck“ und „Spurlos“.
Wir wissen nicht, wo Westen ist. Alles ist verkehrt. Seltsam. Wir haben kein Richtungsgefühl mehr. Sogar der Ozean sieht nicht so aus, wie er eigentlich sollte …“
Mysteriös, was da beispielsweise der Staffelführer der berüchtigten „verschwundenen Patrouille“ („Flug 19“) am 5. Dezember 1945 an die Bodenstation gefunkt haben soll. Unmittelbar darauf sei der Kontakt abgebrochen, und fünf Torpedobomber der US-Marine vom Typ „Avenger“ mit mehr als 20 Crewmitgliedern lösten sich buchstäblich in Luft auf.
Ist das „Teufelsdreieck“ im Atlantik das Tor zu einer anderen Welt? Oder haben die submarinen Bewohner von Atlantis ihre Hände im Spiel? Oder geht es um besonders dreiste „Space-Nappings“ außerirdischer Intelligenzen?
Weder noch.
Der Mythos ums Bermuda-Dreieck ist eine Mischung aus Hype und Hoax (englisch für „Jux“, „Streich“, „Verarschung“). Die Versicherung Lloyds in London bestätigt, dass in dem ungefähr dreieckigen Meeresgebiet nicht mehr Schiffs- und Flugzeugunglücke passieren als in anderen vielbefahrenen Regionen. Weit gefährlicher sind nach dem Lloyds-Schiffsregister etwa die Arabische See oder die Sundasee in Indonesien.
Viele Fallberichte aus dem Bermuda-Dreieck kursieren nur gerüchteweise oder sind frei erfunden.
Schiffe, von denen Berlitz behauptet, sie seien bei strahlend blauem Himmel verschwunden, gerieten tatsächlich in einen Orkan. Andere sanken gar nicht im Bermuda-Dreieck, sondern im Pazifik. Wieder andere scheinen gar nicht existiert zu haben“,
stellte der Uni-Bibliothekar und Autor Lawrence D. Kusche („The Bermuda Triangle Mystery Solved“) fest, als er die Angaben seines Kollegen akribisch nachprüfte, nachdem er von Studenten der Arizona State University immer wieder um Material zu dem Thema gebeten worden war.
Auch der oben zitierte Funkverkehr der „Avenger“-Staffel findet sich so in keinem Marine-Dokument. Nach heutigen Erkenntnissen verlor das Übungs-Geschwader aufgrund eines fatalen Fehlers des 28-jährigen Fluglehrers, Leutnant Charles C. Taylor, völlig die Orientierung und stürzte bei Dunkelheit und rauer See irgendwo östlich von Florida ins Meer.
Einige Fälle von verschwundenen Schiffen und Flugzeugen im „Teufelsdreieck“ bleiben mysteriös, weil zu wenig konkrete Informationen darüber zur Verfügung stehen. Aber genauso wenig, wie sich sämtliche Verkehrsunfälle in Deutschland auf eine einzige Ursache zurückführen lassen, gibt es „die“ Erklärung für alle Havarien im Bermuda-Dreieck.
Eine immer wieder angeführte Hypothese findet sich aktuell auch im Kommentarbereich zum „Versunken und erlogen“-Artikel:
Ich wollte nur noch einwerfen, dass zum Teil für das Verschwinden von Flugzeugen und Schiffen auch im Ozeanboden (eines Kontinentalabhangs) gebundenes Methan verantwortlich sein kann …“
Kann – ist es aber wohl nicht. Mit dieser Frage haben sich auch die Skeptiker schon beschäftigt, nachzulesen hier. Das Fazit:
Tatsächlich wurde 1991 die Freisetzung von Gas aus Gashydraten im Ochotskischen Meer nachgewiesen, allerdings mit sechs Milliliter Methan pro Liter Wasser viel zu wenig, um eine Gefahr für die Schifffahrt darzustellen, und nirgendwo sonst konnte ein ähnlicher Gas- gehalt im Wasser gemessen werden. Auch die Belege für eine ruckartige Freisetzung großer Gasmengen, wie sie für die ,schäumende See‘ der Bermuda-Theorie nötig wäre, entpuppen sich als wenig alarmierend: Geologische Untersuchungen des Meeresbodens im Bermuda-Dreieck erbrachten zwar Hinweise auf katastrophale Erdrutsche – aber bereits vor 15 000 Jahren, am Ende der Eiszeit …
Obwohl also gefährliche Gasausbrüche prinzipiell möglich sind, ist es doch extrem unwahrscheinlich, dass sie im heutigen Bermuda-Dreieck eine Rolle spielen, und sie sind sicher nicht häufig genug, um viele Schiffe über einen langen Zeitraum hinweg verschwinden zu lassen.“
Zum Weiterlesen:
- The Sceptic’s Dictionary: Bermuda Triangle
- Markus Pössel: Phantastische Wissenschaft, Rowohlt-Verlag
- Was steckt hinter dem Rätsel vom Bermuda-Dreieck? Handelsblatt-Online am 26. November 2009
13. Dezember 2010 um 23:43
Wer mehr zum Thema hören möchte, kann in Folge #10 von „Hoaxilla – Dem skeptischen Podcast aus Münster“ reinhören. Diese Episode ist dem Bermuda-Dreieck gewidmet. http://www.hoaxilla.de/podcast/hoaxcast10.mp3
14. Dezember 2010 um 15:57
Die Bermudadreieck=Methanhydrat-„Erklärung“ scheint sogar bei Wissenschaftsjournalisten populär zu sein: Bei einer Pressekonferenz auf der Geophysiker-Tagung schlechthin, dem alldezemberlichen AGU Fall Meeting in San Francisco, fragte 2006 tatsächlich einer danach – dem dann versichert wurde, in der fraglichen Gegend gäbe es gar kein Gashydrat.
Dass es freilich auch keine Überhäufigkeit bei Schiffs- und Flugzeugunglücken gibt, sagte bei der Gelegenheit leider keiner. Dabei wären die Methanblasen eine so ’schöne‘ Skeptiker-Erklärung für einen ‚mysteriösen‘ Vorgang gewesen – da fragt man sich, wieviele andere unter Skeptikern verbreitete Erklärungen für Paranormales auch irrig sind, weil es das angebliche Phänomen als solches schlicht nicht gibt. Andere Beispiele?
15. Dezember 2010 um 10:19
„Im Bermudadreieck verschwanden überzufällig oft Flugzeuge und Schiffe auf ungeklärte Art.“ lautete eines der 95 Items in meiner laufenden Diss zu Verschwörungstheorien.
Es schaffte es bei Bekanntheit auf Platz 1 (98% Bekanntheit, N=1101) allerdings nur auf Platz 17 bei der Zustimmung (44%, N=786).
Ich persönlich mag ja die ganzen USO-Geschichten, die geben einem so dieses wohlige „Abyss“-Feeling :)
16. Januar 2016 um 10:03
The Bermuda Triangle Mystery Delusion: Looking Back after Forty Years:
http://www.csicop.org/si/show/the_bermuda_triangle_mystery_delusion
14. März 2016 um 15:24
Nicht schon wieder …
<< Bermuda-Dreieck: Wurden Schiffe und Flugzeuge durch Gas in die Tiefe gezogen? <<
http://www.op-online.de/welt/bermuda-dreieck-raetsel-offenbar-geloest-zr-6208090.html