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Kritiker Simon Singh über Chiropraktik

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Kritische Denker machen sich nicht nur Freunde. Der Wissenschaftsjournalist Simon Singh veröffentlichte in der englischen Zeitung The Guardian einen kritischen Artikel über die komplementärmedizinische Behandlungsmethode Chiropraktik. Die British Chiropractic Association (BCA) hat Singh deshalb wegen Verleumdung verklagt. Jetzt veröffentlicht Deutschlands größte und älteste Skeptiker-Organisation GWUP eine bearbeitete Fassung von Simon Singhs Artikel in deutscher Übersetzung. Den englischen Text gibt es bei den Kollegen von der europäischen Skeptiker-Organisation ECSO.

Simon Singh ist Physiker und Sachbuchautor („Fermats letzter Satz“, „Big Bang“). Sein aktuelles Buch „Gesund ohne Pillen“ verfasste Singh zusammen mit Edzard Ernst, dem weltwelt ersten Professor für Komplementärmedizin (Universität Exeter). Darin nehmen sich Singh und Ernst eine ganze Reihe von komplementärmedizinischen Verfahren vor, die Kranken viel versprechen, aber nur wenig halten. Zum Beispiel die Chiropraktik. Deren Anhänger gehen davon aus, dass Haltungsschäden des Rückgrats nicht nur für Rückenschmerzen, sondern auch für viele andere Krankheiten verantwortlich sind. In Wahrheit aber sind die Erfolge der chiropraktischen Wirbelsäulen-Manipulation bei Rückenproblemen nicht eindeutig belegt. Und das ist noch nicht alles: Wie Singh in seinem Artikel schreibt, empfiehlt der britische Chiropraktiker-Verband BCA die Methode auch bei Kindern mit Asthma, Koliken sowie Schlaf- und Essstörungen. Wissenschaftliche Studuen zeigen, dass Chiropraktik in solchen Fällen eine falsche, weil unwirksame Behandlung ist.

Also ein „bogus treatment“, wie Singh im Guardian schrieb. Das Wort „bogus“ hat verschiedene Bedeutungen. Im wissenschaftlichen Zusammenhang verwendet man es für zweifelhafte Therapien mit unbewiesenem Nutzen, es kann aber auch „betrügerisch“ bedeuten. Die BCA sieht sich durch Singhs Artikel diffamiert. Die Bezeichnung „bogus“ sei keine – erlaubte – freie Meinungsäußerung, sondern eine wissentlich falsche Tatsachenbehauptung. Auch Richter sir David Eady versand in einer ersten Verhandlung im Mai das Wort „bogus“ ausschließlich im Sinn von „betrügerisch“ und gab den Chiropraktikern Recht. Simon Singh will gegen die Entscheidung Berufung einlegen.

 

Links zum Thema:

Simon Singhs Webseite

Angriff auf die Meinungsfreiheit: Die GWUP über den Singh-Prozess

Facebok-Gruppe zur Unterstützung von Simon Singh

Edzard Ernst & Simon Singh (2009): Gesund ohne Pillen – was kann die Alternativmedizin?

Autor: Inge Hüsgen

Redaktionsleiterin Skeptiker - Zeitschrift für Wissenschaft und kritisches Denken

3 Kommentare

  1. @ crazyfrog:

    Das Schlimmste an diesem Fall:

    „Derzeit sei jedoch nicht klar, ob eine Anklage gegen den Chiropraktiker erhoben werden soll.“

    Warum denn nicht, Teufi aber auch?

  2. @ noch’n Flo:

    Warum nicht? Binnenkonsens, mein Lieber, Binnenkonsens! Intern ist man sich darüber einig, dass sie nur simuliert.

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