Die schon hier lobend erwähnte Philosophiezeitschrift Hohe Luft hat in ihrer Online-Ausgabe auch einen netten kleinen Artikel zum Thema „Aberglauben“ veröffentlicht:
Jetzt schlägt’s 13!“
Ein Auszug:
Der Talisman und die Karten sollen Sicherheit geben […]
Mit diesen simplen Regeln lässt sich die Welt leicht erklären, wird sie überschaubar und verständlich. Darum ist der Aberglaube keineswegs aus unserer Gesellschaft verschwunden, sondern nimmt vielmehr zu.
Das Bedürfnis, sich in einer immer unübersichtlicher erscheinenden Welt an etwas festzuhalten, scheint enorm groß zu sein, gerade am Jahreswechsel, wenn wir in eine Zukunft voller Ungewissheiten blicken.“
Dazu passt eine Meldung aus Österreich, nach der in der Alpenrepublik mehr als zehn Millionen Glücksbringer verschenkt werden, die zwischen fünf und 20 Euro kosten.
Und was bringen Glücksbringer?
Dazu hat format.at eine mehr als zehn Jahre Schweizer Studie ausgegraben:
So untersuchte ein Team rund um Daniel Haag-Wackernagel am Institut für Medizinische Biologie der Universität Basel den Glücksbringer-Einsatz und -Einfluss anhand einer Gruppe Medizinstudenten.
Etwa zehn Prozent aller Kandidaten verwendeten beim ersten propädeutischen Examen Glücksbringer: Dieses Kollektiv zeigte keine deutlich besseren Prüfungsergebnisse.
In der Studie verwendeten übrigens mehr Frauen als Männer einen solchen Gegenstand, am häufigsten kamen Marienkäfer – gefolgt von Schweinen – zum Einsatz.“
Hier geht’s zur Originalarbeit.
Zum Weiterlesen:
- Die Geschichte des Aberglaubens, Bayern 2 am 31. Oktober 2012
- GWUP-Thema: Aberglaube
- Aberglaube: Interview mit dem Volkskundler Dr. Stephan Bachter (GWUP)
- Hansjörg Hemminger/Bernd Harder: Was ist Aberglaube? Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2000
2. Januar 2013 um 14:58
Das ist schon stammesgeschichtlich interessant:
Der Mensch und sein Fetisch…
Früher war es der Zahn eines Tigers – heute der Marienkäfer…
2. Januar 2013 um 15:19
Zumindest empfinden die meisten Käufer von Glücksbringern wohl eher keine Garantie oder zu große Hoffnung auf das tatsächlich eintreffende Glück. Außerdem werden von den Käufern keine Wucherpreise abverlangt, da bei Glücksbringern (fast) der übliche Verkausfspreis des jeweiligen Artikels abverlangt wird. Beispiel: Glücksschweinchen aus Marzipan!
Im Gegensatz zu sonstigen Wundermittelchen liegen hier die Verdienstspannen doch recht im üblichen Bereich. Und es wird keine Abhängigkeit manipuluiert. Also ich habe nichts geegen Glücksbringer – solange sie nicht überteuert verkauft werden.
Wenn sich manche Menschen so ihre Hoffnung auf Glück erkaufen wollen und dafür wenige Euros lockermachen wollen, ist das doch in Ordnung. Wenn aber für ein Produkt (was niemals die erhoffte Wirkung bringt) ein nicht verhältnismässiger Preis gefordert wird (wie z. B,. im Esoterik-/Atromarkt), dann ist es Betrug!
2. Januar 2013 um 15:29
@Pierre Castell
Hier geht es aber um das „Prinzip“…egal ob ich 1 Euro oder hundert bezahle – es bleibt wirkungslos und ist eigentlich ein Atavismus. Wenn man an Glücksbringer glaubt, glaubt man vielleicht auch an „Homöopathie“ oder „Bachblüten“ und „Wasseradern“; wie gesagt, es geht um das „Prinzip“, egal wie viel es kostet.
2. Januar 2013 um 15:48
@ Ralf
Hm…..ja stimmt. Ist nicht unproblematisch. O.K – wehret den Anfängen.
2. Januar 2013 um 16:01
@Pierre Castell
Ja – ich weiß schon wie Sie das meinten. Viele, die ein Glücksschwein kaufen, glauben nicht daran…und für die ist es ein Spaß…das kann Ok sein, wie die Glückskekse im China-Restaurant…aber in der Studie wurden 10% der Medizinstudenten genannt, die Glücksbringer verwendeten und das ist schon beachtlich für Studenten, die man eigentlich zu den Naturwissenschaften zählen kann…dann brauch man sich auch nicht wundern, wenn diese dann homöopathische Mittel „verschreiben“…
2. Januar 2013 um 16:49
@Ralf
„…beachtlich für Studenten, die man eigentlich zu den Naturwissenschaften zählen kann…dann brauch man sich auch nicht wundern, wenn diese dann homöopathische Mittel “verschreiben”…“
Als ich vor kurzer Zeit erfuhr, dass auch ein Kölner Krankenhaus „Wundermittelchen“ verschreibt, bin ich fast vom Stuhl gefallen.
Dass derartiges auch in Krankenhäusern praktiziert wird, war mir bis dato nicht bekannt (bin davon ausgegangen, dass es so etwas „nur“ in Arztpraxen gibt) und hat mich sehr geschockt…
2. Januar 2013 um 17:20
@Pierre Castell
vielleicht bewegen wir uns auf dem Weg zum Schamanismus, das wäre auch ein Atavismus…
Ich möchte nicht wissen, was in einem Krankenhaus in Hogwarts an der Oder so alles verschrieben wird… :-)
2. Januar 2013 um 17:29
Erschreckend, dass hier keine Gesetze bzw. deren Umsetzung greifen können…
2. Januar 2013 um 17:48
@Pierre Castell
Das Stichwort ist hier: „Freiheit“ (das häufigste gebrauchte Wort unseres Bundespräsidenten)…
Hier müssen Selbstregulierungen greifen…und deshalb ist Aufklärung darüber wichtig.
3. Januar 2013 um 09:52
manchmal frage ich mich schon, weshalb in einem „modernen rechtsstaat“?
-selbstregulierungen und aufklärung- , greifen müssen, bei so einer
„untat“ eigentlich körperverletzung, wenn ein weißkittel nutzlose homöoglaubulis bei einer „wirklichen“ erkrankung verschreibt.
denn die (glaubensmedizin) ist ja nur für glauben, nicht für die wirklichkeit zuständig.
wenn unser staat das nicht schafft, wäre doch mal „europa“ gefragt,
also endlich mal eine sinnvolle beschäftigung für brüssel – statt beschäftigung mit sachen die völlig irrelevant sind.
mfg. diabetiker
3. Januar 2013 um 10:50
@ diabetiker
Die Frage sollte eher lauten, wieso unser Staat dies nicht möchte…