gwup | die skeptiker

… denken kritisch seit 1987.

Verschwörungstheoretiker interessieren sich nicht die Bohne für reale Verschwörungen

| 6 Kommentare

Wie reagieren eigentlich Verschwörungstheoretiker auf die Aufdeckung von echten Verschwörungen?

Zum Beispiel auf die Machenschaften von mächtigen Maklerverbänden, die Abschlussprovisionen zulasten der Käufer künstlich in die Höhe treiben, wie die New York Times kürzlich aufdeckte?

Oder auf die Versuche der ehemaligen Trump-Anwältin Sidney Powell, die Abwahl ihres Klienten 2020 anzufechten, indem sie zusammen mit anderen konservativen Juristen „conspiracy charges“ über angebliche Wahlmanipulationen und ausländische Einflussnahmen verbreitete, wofür sie im Oktober zu sechs Jahren Haft auf Bewährung verurteilt wurde?

Diese Verschwörungen waren real, ernst und stellten eine Gefahr für die Öffentlichkeit dar,

schreibt der amerikanische Skeptiker Benjamin Radford im CFI-Blog.

Und was sagt die Community der Verschwörungsgläubigen dazu?

Nichts. Es ist ihnen völlig egal.

Tatsächliche, nachweisbare Verschwörungen interessieren Verschwörungsideologen nicht die Bohne, stellt Radford nüchtern fest:

Sie kümmern sich nicht um Immobilienspekulanten, korrupte Anwälte oder Lebensmittelzusatzstoffe. Stattdessen sind sie zutiefst besorgt über Chemtrails und Illuminaten.

Dabei ist es nicht mal sonderlich schwierig, die Plausibilität einer Verschwörungsvermutung zu prüfen. Echte Verschwörungen sind „auf Zeit“ angelegt, mit „konkreten [und potentiell erreichbaren] Zielen“ und einer „überschaubaren Zahl von Akteuren“, erklärt der Deutschlandfunk.

Darüber hinaus sind sie „brüchig und alles andere als perfekt – und meist zwei Dimensionen kleiner, als man sich Verschwörungen so vorstellt“.

Mit einem Wort: langweilig.

Das „Engagement“ von Verschwörungstheoretikern jenseits des „Postens wie die Irren“ am heimischen Rechner kommt meist nicht über wirkungslose Ersatzhandlungen hinaus. Verschwörungstheoretiker verharren angesichts der angeblichen Macht der Verschwörer in einer Art Passivität des resignierten Wissens. Für das Ringen um eine bessere Welt sind sie verloren,

heißt es schon in dem Buch „Verschwörungstheorien: Ursachen – Gefahren – Strategien“ von 2018.

Und das ist vielleicht der traurigste Aspekt des ganzen Phänomens:

Wenn sie [Verschwörungstheoretiker] wirklich glauben, dass Verschwörungen eine echte Bedrohung für ihre Freiheit, ihre Zukunft und sogar für das Land selbst darstellen,

schreibt Radford zu diesem „merkwürdigen und oft übersehenen Aspekt des Verschwörungsdenkens“ – warum tun sie dann nichts Sinnvolles dagegen?

Zum Weiterlesen:

  • When Real Conspiracies Are Revealed, Conspiracists Shrug, cfi am 10. November 2023
  • Woran erkennt man eine echte Verschwörung? swr am 17. November 2023
  • „Verschwörungsspinner oder seriöse Aufklärer?“ GWUP-Blog am 16. Mai 2023
  • „Verschwörungstheorien analysieren“, GWUP-Blog am 17. Februar 2023
  • Video: „Verschwörungstheorien professionell analysieren“, GWUP-Blog am 17. August 2022
  • Verschwörungsmythen: Wenn Opa schwurbelt, zdf.de am 23. Dezember 2023

6 Kommentare

  1. Verschwörungsgläubige wollen sich für was besonderes halten. Sie sind die Erleuchteten, die Durchblicker, die mit der roten Pille.

    Das klappt natürlich nicht mehr, wenn der Mainstream schon berichtet hat (z.B. über diese Maklerverschwörung).

  2. Um mal Loriot zu zitieren:
    Ach?

  3. Nun ja, ein paar Verschwörungsgläubige unternehmen ja nun doch tatsächlich etwas in der realen Welt, wie wirkungslos auch immer.

    Ich denke da an Prepper, Reichsbürger („Staatsgründungen“, Putsch- und Anschlagspläne), andere wollen wenigstens aufrütteln (demonstrieren, publizieren).

    So völlig resigniert-passiv klingt das doch nicht?

  4. @2xhinschauen:

    Das ist in der Tat richtig.

    Dennoch arbeiten auch diese Leute sich an Phantasiegebilden ab, nicht an der Realität.

    Wenn sie etwas „unternehmen“ wollten, wäre es sinnvoller, sich bei Transparency, LobbyControl o.ä. zu engagieren.

  5. Pingback: De linke weekendbijlage (50-2023) - Kloptdatwel?

  6. @2xhinschauen

    Prepper würde ich da rausnehmen, mindestens zum Teil.

    Die sind vielleicht Paranoid, aber sich auf einen Katastrophenfall einzurichten, um möglichst autark zu sein, wenn durch einen Atomschlag, Naturkatastrophe oder die Zombieapokalypse die Klospülung nicht mehr funktioniert (denn das haben wir ja im Buch Black Out gelernt, dass das das Schlimmste ist), halte ich jetzt nicht für komplett verkehrt – und die Gründe sind ja nicht immer Glaube an VT.

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.