Die Astro-Show „Blick in die Sterne“ des ORF ist anscheinend in aller Stille beerdigt worden.
Der Presse-Redakteur Thomas Kramar schreibt dazu, dass ohnehin „fast niemand“ wirklich an Astrologie glaube. Es handele sich vielmehr um ein „augenzwinkerndes Spiel mit fiktiven Einflüssen aus dem Weltall“ – ein Spiel, „aus dem man jederzeit aussteigen kann“.
Ob das auch auf die österreichische Unternehmerin Doris Bösmüller zutrifft?
Die Unternehmensberaterin und Gesellschafterin der Bösmüller Druckereien Gruppe nutzt Astrologie privat wie geschäftlich, sagte sie dem Handelsblatt:
Sie einfach als esoterische Spinnerin abzutun wäre nicht fair,
schreibt die Wirtschaftsjournalistin Annika Keilen. Bösmüller gebe im Jahr etwa 1000 Euro für astrologische Dienste aus. Für sich persönlich, aber auch, um ihr Unternehmen in Sicherheit zu wiegen.
Nur ein ironisches Spiel? Wohl kaum.
Das Marktforschungsinstitut Allied Market Research schätzte das globale Volumen des Astrologiemarktes 2021 auf 12,8 Milliarden Dollar. 2031 sollen es 22,8 Milliarden sein.
Der deutsche Markt ist kaum verlässlich zu beziffern. Watson will von 20.000 Astrologen in Deutschland und einem Umsatz von 800 Millionen Franken wissen, Haufe schreibt von bis zu 8000 Sterndeutern.
Wir sind da etwas vorsichtiger:
Die Webseite steuerklassen.com billigt Astrologen ein monatliches Bruttogehalt von 1.200 Euro zu. Das Online-Portal gehalt.de geht vom Dreifachen aus. Der Deutsche Astrologenverband (DAV) empfiehlt seinen Mitgliedern einen Stundensatz von „um die 100 Euro“.
Findige Astro-Coaches verlangen hingegen schon für einen simplen Basiskurs mit „acht vorbereiteten Videos“ 222 Euro. Designer wie Dior und Elsa Schiaparelli verhökern Schmuck und Klamotten mit Astro-Touch – „Cosmicwashing“ nennt die „Sternenfee“ (NZZ) Alexandra Kruse das, in Anlehnung an Begriffe wie „Greenwashing“. Profitable Astrologie-Apps wie „Co-Star“ machen das Business schließlich vollends unüberschaubar.
Und das alles, obwohl Astrologie sogar die „am besten widerlegte Pseudowissenschaft überhaupt“ ist, wie GWUP-Fellow Prof. Uwe Kanning in dem Handelsblatt-Artikel zitiert wird.
Warum trotzdem sogar Geschäftsführer und Führungskräfte von Großkonzernen der Sterndeutung verfallen, erklärt die Autorin mit „etwas, das keine Wissenschaft geben kann“:
Etwas, das die Astrologin Franziska Engel „eine Abkürzung“ nennt. Eine Sicherheit, bei unzähligen kleinen und großen Entscheidungen – und das Gefühl, dabei nicht allein auf sich selbst und seinen rationalen Verstand angewiesen zu sein. Denn: Die Sterne begleiten einen immer.
So gesehen, ist es leider mehr als fraglich, ob die Astrologie wirklich „auf verlorenem Posten“ steht, wie Presse-Redakteur Kramar schreibt.
Dafür müsste wohl noch einiges mehr passieren als nur die Absetzung einer lachhaften TV-Sendung.
Zum Weiterlesen:
- Warum das Geschäft mit Horoskopen auch in der Wirtschaft boomt, handelsblatt am 8. November 2024
- „Astro Show“ abgesetzt? An Astrologie glaubt eh niemand wirklich, diepresse am 28. Oktober 2024
- Die Sterne lügen nicht – aber die Menschen: „Astrologie“ im neuen Podcast der Science Busters, GWUP-Blog am 21. Oktober 2024
- Als nächstes kommt dann wohl „Globuli – The Show“? Die Kritik an der Sendung „Blick in die Sterne“ beim ORF reißt nicht ab, GWUP-Blog am 14. Oktober 2024
- Der ORF blickt in die Sterne und die Skeptiker wohl in die Röhre, GWUP-Blog am 1. Oktober 2024
- Astrology In Fashion: From Elsa Schiaparelli To Alexander McQueen – this is How The Cosmos Has Influenced Design, elle am 21. Februar 2024
- Hype um Horoskope: Warum die Gen Z so auf Sternzeichen abfährt, tagesspiegel am 7. Juni 2024