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Abergläubische Juristen: Kein dreizehntes Sozialgesetzbuch

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Hier steht es schwarz auf weiß:

Auf das zwölfte Sozialgesetzbuch (SGB) folgt im Januar 2024 das vierzehnte. Die 13 wird übersprungen.

Kann man so auch bei Wikipedia nachschauen.

Aber warum? Das wird doch wohl nicht ernsthaft etwas mit dem Nonsens um die angebliche „Unglückszahl“ zu tun haben? Zumal wir im Oktober schrieben, dass auch die immer wieder zitierte Triskaidekaphobie, die Angst vor der 13, nur ein Mythos ist.

Kaum zu glauben – aber es ist leider wahr.

Wie der Jurist und Journalist Ronen Steinke heute in der Süddeutschen Zeitung schreibt, geht diese Entscheidung von Bundessozialminister Hubertus Heil (SPD) auf schlichten Aberglauben zurück.

Heil hatte bereits 2019 angekündigt,

… auf „Empfindungen Rücksicht nehmen“ zu wollen. Aus „Sensibilität“ gegenüber Menschen. Das neue Gesetzbuch soll unter anderem die Entschädigung von Terroropfern und anderen Betroffenen von Gewalttaten regeln, von Menschen also, die ein besonderes Unglück getroffen hat. „Es gibt viele Betroffene, die bei so einer Zahl ein ungutes Gefühl haben“, hatte Heil erklärt.

Nun ist es natürlich richtig, dass die Terroranschläge 2015 in Paris am Freitag, dem 13. November stattfanden.

Trotzdem sei es schwer, hier keine Satire zu schreiben, zitiert Steinke aus einem Kommentar des Sozialgerichtspräsidenten von Aachen, Volker Bischofs. Auch ein Richter beim Bayerischen Landessozialgericht erklärte, Rücksicht auf Aberglaube sei als Grundhaltung für den Gesetzgeber „höchst problematisch“.

Recht hat er.

Eigentlich wünschen wir uns Juristen als Verbündete im Kampf gegen die Folgen von Aberglauben und Esoterik.

Zum Weiterlesen:

  • Abergläubische Juristen, Süddeutsche am 10. Dezember 2023
  • Abergläubisch? Bundesminister Heil will auf die Zahl 13 verzichten, Augsburger Allgemeine am 11. Januar 2019
  • Die Angst vor Freitag, dem 13. und die Templer von heute, GWUP-Blog am 12. Oktober 2023
  • Warum gilt die 13 als Unglückszahl? swr am 13. Oktober 2023
  • Zwangsprostitution, Voodoo-Zauber und das Strafrecht, GWUP-Blog am 17. August 2017

9 Kommentare

  1. Bekanntermaßen hat ja der Aberglaube auch seinen angestammten Platz im bundesdeutschen Arzneimittelgesetz. Viel subtiler – und mit viel mehr Auswirkungen.

    So was stimmt mich nicht fröhlich. Ich soll auf abergläubische, völlig unfundierte „Empfindungen“ als Gesetzgeber „Rücksicht nehmen“, wo doch Ratio und Intersubjektivität gefragt sind?

    Ich glaub, ich spinne!

  2. „So was stimmt mich nicht fröhlich. Ich soll auf abergläubische, völlig unfundierte „Empfindungen“ als Gesetzgeber „Rücksicht nehmen“, wo doch Ratio und Intersubjektivität gefragt sind?“
    Das ist eben woke. Die richtige Haltung zählt, nicht das richtige Ergebnis.

  3. Hi Doc Nemo,

    für mich hat das nichts mit woke zu tun.
    Die 13 auszulassen ist einfach nur ein mentaler Offenbarungseid der Verantwortlichen.
    Vergleichbar mit:
    Wer zum Geistheiler geht ist selber schuld, lassen wir die Betrüger machen.
    HP verkaufen Zuckerkugeln als Medizin, ja mei wenn die Leute so blöd sind, das glauben und daran krepieren.
    Gefangen in Verträgen auf Basis grenzwertiger AGB: Selber schuld, wenn Ihr keine Juristen seit.
    Ärzte verkaufen Atest um kein Maske tragen zu lassen: Ach das ist doch nur ne Lappalie.
    etc.
    etc.

  4. In etwas so Banalem wie der Nummerierung eines Gesetzeswerkes Rücksicht auf die Befindlichkeit von Abergläubischen zu nehmen, ist meines Erachtens schon ein Ausdruck von Wokeness.

  5. Windows XP, Windows 7, Windows 8, Windows 10, Windows 11.
    Windows 9 fehlt, damit Scripte nicht versehentlich Windows 95 oder Windows 98 mit Windows 9 verwechseln. Ob als Nächstes nach Windows 12 auch Windows 13 folgen wird? Der Lackmustest für Microsoft und Bill Gates.

  6. Ich bin zwar nicht abergläubig, aber in dem Fall:
    Ja und? Mich stört die ausgelassene 13 nicht, wichtig ist sie auch nicht (Man könnte die auch A, B, C … nennen statt 1, 2, 3 …), also kann man das doch machen? Wo ist das Problem? Es ist ja nicht so, dass damit jeder Aberglaube gleich ins Gesetz übernommen wird.

  7. auf den 13. zu verzichten, ist nicht Woke sondern dumm, möglicherweise kann man es aber auch umgekehrt sehen

  8. Ob es auch Menschen gibt, die auf das dreizehnte Monatsgehalt verzichten?

  9. Es gibt Software, deren Release-Abfolge direkt von 12 auf 14 gewechselt hat. Argument der Marketing-Abteilung: „Wenn auch nur ein Kunde den Release 13 aus Aberglauben nicht kauft, ist es schon ein kaufmännischer Nachteil. Durch das Überspringen der Nummer 13 sind keine kaufmännischen Nachteile zu erwarten.“

    Somit nährt sich ab einer kritischen Verbreitungs-Grenze der Aberglauben selbst.

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