Zeit-Online warnt vor einer „Psychogruppe, die sich rasant in Deutschland ausbreitet“ und „deren Radikalität selbst Experten überrascht“.
Es geht um „Access Consciousness“, ein pseudowissenschaftliches Angebot aus den USA:
So wie viele Gruppen ist sie kaum bekannt, kommt harmlos und doch größenwahnsinnig daher. Schon ihre Webseiten sprechen tiefste Sehnsüchte an. Nach Geld, nach Erfolg, besserem Sex, einem schöneren Leben. Da steht: „Wer würdest du sein, wenn du alles sein könntest?“
Und dann: „Access Consciousness erlaubt dir alles zu verändern, das du nicht ändern kannst, und alles zu kreieren, was du dir wünschst.“
Nachdem er Kontakt zu einem Betroffenen bekam, der seine Ehefrau nebst 50.000 Euro an die Gruppierung verlor, meldete sich Zeit-Autor Alexander Kauschanski zu einen „Kennenlern- und Austauschabend“ bei Access Consciousness in Berlin an.
Was er dort erlebte, zeigt deutliche Parallelen zu Scientology (worauf auch Psiram hinweist):
Emilia erklärt, wie die „Access Bars“ funktionieren. Auf ihrem Kopf hätten Menschen 32 Punkte, die würden sie stimulieren. „Diese Stellen sind mit Traumata aufgeladen – aus sechs Generationen plus der ganzen Menschheitsgeschichte“, sagt Emilia. „Zellerinnerungen.“ Die Frauen hängen an ihren Lippen.
„Wir drücken hier wie auf den Reset-Knopf beim Computer: LÖSCHEN! MÜLL RUNTER!“, ruft sie und presst zwei Finger auf den Tisch. Ein Lächeln. „Und dann, okay: Was brauchen wir jetzt? Was geben wir bei Google ein? Wir löschen das alte Programm und laden neue Dinge drauf. Du erlebst einen anderen Bewusstseinszustand.“
An nüchternen Fakten hat Kauschanski recherchiert:
- Gegründet wurde Access Consciousness („Zugang zum Bewusstein“) von dem ehemaligen Immobilienmakler Gary Douglas Anfang der neunziger Jahre in Kalifornien.
- Access Consciousness sei eine Psychogruppe, die sich als Wellness-Coaching tarnt.
- In ihrer Lehre ähnele die Gruppe der Scientology-Sekte. Auch deren Mitglieder sollen auf einen „clearen“ Zustand hinarbeiten, der letztlich unerreichbar bleibt.
- Zentral dafür sei ein sogenanntes Clearing-Statement – eine Mantra-artige Formel: „Right and Wrong, Good and Bad, POD and POC, All 9, Shorts, Boys and Beyonds“. Wiederhole man den Satz ständig, dringe man in verborgene Bewusstseinsschichten ein. So könne man aus dem Kopf heraus die eigene Wirklichkeit ändern.
- Bleibt der Effekt aus, so seien die Anhängerinnen dafür selbst verantwortlich.
- Hinter der Fassade von Access Consciousness verberge sich ein profitables Multi-Level-Marketing-Unternehmen. Recht schnell würden die Anhängerinnen ermutigt, als „Facilitator“ zu unterrichten.
- Für das höchste Zertifizierungslevel zahlten die „Facilitator“ 15.000 Euro im ersten Jahr. Ein esoterisches Vermarktungssystem, das immer mehr Menschen hineinziehen solle.
Der grundlegende Unterschied zu Scientology sei indes:
Access Consciousness hat so gut wie kein Hauptquartier, keine festen Organisationsstrukturen, keine festen Begegnungsorte, keine Mitgliederpolitik. Es sind Heilpraktikerinnen, die Coaches von nebenan, die im regionalen Dialekt sprechen, die den Kontakt zu Access herstellen.
Im Zeitalter sozialer Medien bewerben sie Access Consciousness auf YouTube, auf Instagram, auf ihren Webseiten. Selbst eine Access-App gibt es. In ihren Wohnzimmern, in Heilpraxen kommen die Anhängerinnen dann zusammen.
Der evangelische Weltanschauungsbeauftragte Oliver Koch warnt vor psychischer und sozialer Abhängigkeit. Derzeit gebe es rund 1000 „Access Consciousness“-Kursanbieterinnen in Deutschland.
Eine entsprechende Heilpraktiker-Webseite sieht zum Beispiel so aus:
Sogar vor „Traumatherapien“ schreckt Access Consciousness nicht zurück:
„Warum kann sich in Deutschland eine missbräuchliche Sekte einfach ungestört ausbreiten?“, fragt Kauschanski am Ende seines Artikels. Was kann man dagegen tun?
Nichts. Nur „Aufklärung“ und „Prävention“.
Zum Weiterlesen: