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„Aris Auftrag“: Vier Kurzvideos sollen Jugendlichen das Thema Verschwörungstheorien nahebringen – mit wenig Erfolg

| 10 Kommentare

Das mag ein origineller Ansatz sein, um Jugendliche über Verschwörungstheorien aufzuklären:

„Aris Auftrag“ ist eine vierteilige Videoreihe, die von modus zad (Zentrum für angewandte Deradikalisierungsforschung) im Auftrag der Bundeszentrale für politische Bildung realisiert wurde.

Die kurzen Episoden erzählen im Anime-Stil

… die fiktive Geschichte des Außerirdischen Ari, der seinen Planeten vor der Ausbreitung einer gefährlichen Verschwörungserzählung beschützen muss.

Der hehre Anspruch wird auf der Projektseite wortreich dargelegt – ob das Ganze funktioniert, sei mal dahingestellt. Nach vier Monaten dümpeln die vier Videos bei Youtube mit jeweils um die 100 Aufrufen so vor sich hin.

Irgendwie verständlich, denn die Abstraktion des Themas in Form einer behäbigen, wortlastigen Science-Fiction-Story mit Zeitreise-Elementen ist eher verwirrend und ohne das 30-seitige Begleitmaterial eigentlich kaum nachzuvollziehen.

Selbsterklärend geht jedenfalls anders. Auch dass permanent „Gerüchte“ und „Verschwörungstheorien“ gleichgesetzt werden, ist didaktischer Unsinn. Allenfalls in einer aufwändig vorbereiteten Unterrichtsstunde mag diese „Narrativkampagne“ halbwegs Sinn machen.

„Aris Auftrag“ besteht aus einem Trailer und den vier Folgen

Das Braunschweiger Schulprojekt, das wir hier vorgestellt haben, ist vielleicht nicht oscarreif, aber zumindest wesentlich praxisnaher.

Zum Weiterlesen:

  • „Desinformation“: Video von Braunschweiger Gymnasiasten über Verschwörungstheorien, GWUP-Blog am 9. April 2023

10 Kommentare

  1. Nun gut, man kann dem Projekt nicht wirklich zum Vorwurf machen, daß es ohne Vorwarnung didaktisch zeitaufwendig sei: Immerhin steht im Begleitmaterial, daß für die Bearbeitung jeder einzelnen Folge bis zu 45 Minuten Unterricht benötigt werden!

    Auch der Vergleich mit dem Braunschweiger Film ist etwas unfair, weil für diesen ja kein Begleitmaterial ausgearbeitet worden ist.

    Aber: Ich hätte diese Filme auch vor 25 Jahren, als ich mitten im angegebenen Zielgruppenalter steckte, für ziemlich uncool und bemüht gehalten. Genau das, was herauskommt, wenn irgendwelche Erwachsene mit viel Idealismus (und den Vorgaben durch eine öffentliche Institution eingeengt) versuchen, die jugendliche Zielgruppe zu erreichen, und dabei so tun, als ob sie auch noch Pickel hätten.

    Und natürlich läßt sich die Frage stellen, warum man eine solch umständliche und fade Story erzählt, anstatt mit einer beliebigen VT der letzten Jahre aus dem Vollen zu schöpfen. Haben die Braunschweiger mit ihrem Film jedenfalls deutlich besser hingekriegt.

  2. Wenn es darum geht, konzeptionell etwas gegen die Verbreitung von Verschwörungserzählungen bei Jugendlichen anzubieten, sollte man sich dorthin wenden, wo dies seit Jahren höchst erfolgreich praktiziertes „Geschäftsmodell“ ist: an das Team vom „Goldenen Aluhut“.

    Das Thema mit einer Fantasy-Story im Zeichentrickstil zu framen, scheint mir auch nicht so eine glänzende Idee zu sein.

  3. @borstel:

    Nun gut, man kann dem Projekt nicht wirklich zum Vorwurf machen, daß es ohne Vorwarnung didaktisch zeitaufwendig sei.

    Aus Sicht eines Lehrers, Pädagogen etc., der sich darauf einlässt, nicht.

    Aus Sicht der eigentlichen Zielgruppe, die das Ganze zufällig bei Youtube findet und mal anklickt – möglicherweise schon.

    Genau das, was herauskommt, wenn …

    Gut beschrieben.

  4. Das Projekt ist so angelegt, dass es im Schulunterricht verwendet werden kann und auch soll. Die Filmchen sind da nur Begleitmaterial und auf YouTube leicht zu erreichen.

    Schön wäre es, wenn es noch etwas für das Lehrpersonal gäbe, um auf weitere Fragen antworten zu können. Nicht jeder ist Spezialist in Sachen Verschwörungstheorie.

    So was wie das Braunschweiger Schulprojekt kann durchaus aus solch einer Vorbereitung entstehen.

  5. @Bernd Harder

    Die Frage ist halt, ob es nicht AUCH bei Youtube hochgeladen wurde, es aber eigentlich wirklich für den Unterricht an Schulen mit entsprechender Vor- und Nachbereitung gedacht ist.

    Wenn es auf Youtube ist, ist das mittlerweile für viele Lehrkräfte vermutlich einfacher einzusetzen. Video auf Youtube mit dem Smartboard oder dem Tablet öffnen und gut ist.

    Ein Download und nachheriges Abspielen dürfte, so meine Erfahrung als Lehrerinnengatte, viele noch immer/ schon wieder überfordern.

  6. @ Udo Endruscheit

    Hervorragender Vorschlag! Der Goldene Aluhut versucht eben gerade nicht, sich krampfhaft einer Zielgruppe anzunähern, ist brandaktuell, nicht überfrachtet mit gut gemeinter, aber nicht gut gemachter Didaktik!

    Einziges Problem könnte allerdings das modus-zad-Team sein, daß dann um seine berufliche Existenz bangen müßte – aber irgendwas is‘ halt immer…

  7. @Christian Becker:

    Gut, das mag wohl sein.

    Dennoch würde ich auch dann dabei bleiben, dass diese bräsige SF-Story niemanden interessiert.

  8. „Dennoch würde ich auch dann dabei bleiben, dass diese bräsige SF-Story niemanden interessiert.“

    Wie so viel anderes Schulmaterial auch. borstel hat das Problem mit sowas ja schon dargestellt. Man versucht sich bei einer Zielgruppe anzubiedern und das wird dann peinlich.

  9. Die wenigen Klicks (und noch weniger vorhandenen Likes) zeigen gut, wie wenig diese Story ankommt.

    @Christian Becker

    Dieses Anbiedern bei der Zielgruppe finde ich auch peinlich.

    Ich erinnere mich daran, was sich das Bundesfamilienministerium mit der Miniserie „Ehrenpflegas“ geleistet hat.

  10. @ Miriam

    „Ehrenpflegas“ war wirklich beleidigend. Da ist das aktuelle Projekt wenigstens nur lahm.

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