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Staatsanwaltschaft wirft Michael Ballweg versuchten Betrug in mehr als 9000 Fällen vor

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Das Oberlandesgericht Stuttgart hat den Haftbefehl gegen „Querdenken“-Gründer Michael Ballweg außer Vollzug gesetzt:

Wesentlicher Grund für die Entscheidung des Senats war, dass sich der aus der Straferwartung resultierende Fluchtanreiz beim Angeschuldigten inzwischen reduziert habe, weshalb der Zweck der Untersuchungshaft nunmehr auch durch mildere Mittel erreicht werden könne.

Nach knapp zehn Monaten in Untersuchungshaft ist Ballweg unter Auflagen wieder auf freiem Fuß, twittert und gibt Interviews, etwa beim Bild-Parlamentsbüro-Leiter Ralf Schuler oder bei Julian Reichelt.

Wie geht es jetzt weiter?

Dass der Mann nun wieder frei ist, ändert nichts an der Einschätzung der Staatsanwaltschaft Stuttgart,

schreibt heute die Welt am Sonntag:

Die Angelegenheit ist kompliziert. Das wird beim Blick auf die Anklageschrift deutlich, die die Staatsanwaltschaft am 20. März fertiggestellt hat. Nach Informationen von WamS beschuldigt sie Ballweg darin des versuchten Betrugs in 9450 Fällen, der Geldwäsche sowie der Steuerhinterziehung – jeweils in einem „besonders schweren Fall“.

Sollte es zur Hauptverhandlung kommen, wird es im Kern darum gehen, welche Kontotransaktionen privaten und welche „Querdenken“-Zwecken dienten.

So soll Ballweg gemäß der Anklageschrift stets behauptet haben, ehrenamtlich für „Querdenken“ tätig zu sein und die eingenommenen Spenden nur für „Querdenken“-Aktivitäten zu verwenden. Die Ermittler wollen aber nachgewiesen haben, dass er beispielsweise Gelder an seine IT-Firmen überwiesen, Wahlkampfrechnungen von Spenden beglichen und Mittel an eine ominöse „Familienstiftung“ umgeleitet habe.

Allerdings habe die Staatsanwaltschaft ihren Vorwurf von „vollendetem Betrug“ inzwischen auf lediglich „versuchten Betrug“ heruntergestuft. Umfangreiche Befragungen von Spendern hätten ergeben, dass die meisten von ihnen Ballweg die Mittel „zur freien Verwendung“ zur Verfügung stellten:

Das Landgericht Stuttgart wird nun entscheiden, ob es die Anklage zulässt.

Zum Weiterlesen:

  • Die dubiosen Geldflüsse des „Querdenken“-Gründers Ballweg, Welt+ am 9. April 2023
  • Staatsanwaltschaft wirft Ballweg 9450-fachen Betrug vor, FAZ am 9. April 2023
  • Verfassungsbeschwerde gescheitert: Michael Ballweg bleibt in Untersuchungshaft, GWUP-Blog am 11. März 2023
  • Das große Jammern der Verschwörungsideologen : „Ich weiß nicht, wovon ich das alles bezahlen soll“, tagesspiegel am 8. Januar 2023

6 Kommentare

  1. „Was die StA gegen Ballweg in der Hand hat und was das OLG Stg bisher für erwiesen hält“:

    http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&nr=38726

  2. @Martina Rheken:

    Sehr interessant, vielen Dank. Das scheint echt eng zu werden für Ballweg.

    Das Gericht sieht weithin begründeten Tatverdacht und bringt auch gleich einige Einwände von Ballwegs Verteidigung zu Fall.

    Der Strick um den Hals ist die klare Einstufung von dessen Tätigkeit für „Querdenken 711″als gewerblich, was dann einen Rattenschwanz von Rechtsfolgen nach sich zieht.

    Dass die Spenden eine Kompensation für von ihm privat aufgewendete Mittel in der „gemeinsamen Sache“ seien, dafür sieht das Gericht weder Anhaltspunkte noch Belege.

    Und eine Täuschung der Spender bejaht das Gericht (vorläufig) und sieht die Erklärung der berühmten „mehr als 1.000 Spender“. ihnen sei die Verwendung „egal“ gewesen, als irrelevant an – weil es auf Art und Inhalt der Einwerbung ankomme für die Beurteilung, ob eine Täuschungshandlung vorliege.

    Es dürfte sich lohnen, den Popcornbestand aufzufüllen.

  3. Das Landgericht Stuttgart wird nun entscheiden, ob es die Anklage zulässt.

    Das Landesgericht hat entschieden:

    Vorerst kein Prozess gegen Querdenken-Gründer Michael Ballweg

    Querdenken-Gründer Michael Ballweg wurde wegen Geldwäsche und versuchten Betrugs angeklagt – das Landgericht Stuttgart hält die Anklage für zu dünn, um einen Prozess zu eröffnen.

    So der Südkurier.

    Die Staatsanwaltschaft kündigte an, vor dem Oberlandesgericht Beschwerde gegen die Entscheidung einzulegen. Mal sehen was kommt.

    https://www.suedkurier.de/baden-wuerttemberg/vorerst-kein-prozess-gegen-querdenken-gruender-michael-ballweg;art417930,11750448

  4. Die Nachricht des Südkuriers ist unvollständig. Es soll keinen Prozess wegen Geldwäsche und versuchten Betrugs geben. Der Prozess wegen Steuerdelikten soll allerdings stattfinden.

    https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/stuttgart/landgericht-stuttgart-lehnt-eroeffnung-von-hauptverfahren-gegen-ballweg-ab-100.html

  5. Bei den Steuerdelikten geht es um die Steuern der Spendeneinnahmen (Spenden = Einkommen) die Ballweg gesammelt hat.

    Das rechtfertigt nicht den Einzug des gesamten Vermögens und neun Monate Untersuchungshaft. In einem solchen Fall wäre es ausreichend gewesen die hinterzogene Steuer einzubehalten. Man hätte sich dann vor Gericht über die Steuerminderung (Ausgaben) kloppen können.

    Wenn es dabei bleibt, hat Ballweg die Möglichkeit, abzüglich der Steuerschuld, Ansprüche an den Staat zu stellen.

  6. Bei manchen Kommentaren kann man nur ungläubig den Kopf schütteln…

    Ich muss – man verzeihe mir bitte den Ausdruck – kotzen, wenn ich an die in meinen Augen widerliche skrupellose Vorgehensweise des „ehrenwerten“ Ballweg denke!

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