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Science March – und jetzt? So viel Pseudowissenschaft an Universitäten wie zuvor

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 Science March – und jetzt?“

ist der Titel einer Podiumsdiskussion am 18. Mai in Heidelberg, an der auch GWUP-Vorsitzender Amardeo Sarma teilnimmt.

dkft

Gute Frage.

Eine mögliche Antwort darauf: Es geht alles so weiter wie bisher.

– An der Universität zu Köln spricht am 3. Juni der Verschwörungstheoretiker und 9/11-Truther Daniele Ganser.

– An der Justus-Liebig-Universität Gießen gab’s vor vier Tagen einen Vortrag des Nahtod-Schwurblers Pim van Lommel, der sich nach Einschätzung der Schweizer Skeptiker schon längst „von wissenschaftlicher Forschung abgewandt und sich als populärwissenschaftlicher «NDE»-Buchautor etabliert hat“ – hofiert von der Uni-Pressestelle und diversen Professoren.

– Die Goethe-Universität Frankfurt bietet am 15./16. Mai einen Workshop „Neuro-Linguistisches Programmieren“ (NLP) an, laut Psiram eine „außerwissenschaftliche Theorie, die in der akademischen Psychologie nicht anerkannt ist“.

– Die Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München beglückt seit dem 27. April ihre Studierenden erneut mit einer „Ringvorlesung Homöopathie“.

Es scheint, als hätte so mancher Universitätspräsident und Dekan den „Science March“ lediglich als wohlfeiles Mittel zum Eigenmarketing genutzt – ohne zu begreifen, worum es dabei eigentlich geht.

Zum Weiterlesen:

  • Nach dem March for Science, GWUP-Blog am 24. April 2017
  • Rede von Amardeo Sarma an der HU Berlin, March for Science, GWUP-News am 25. April 2017
  • Daniele Ganser und der unsinnige Galilei-Vergleich, GWUP-Blog am 15. April 2017
  • Ganser: Eine Grenze überschritten, persoenlich am 25. April 2017
  • GWUP-Thema: NLP
  • NLP bei Psiram
  • Review of Consciousness Beyond Life by Pim van Lommel, neardth
  • „Jenseits retour“, skeptiker-blog am 14. Dezember 2010

16 Kommentare

  1. Und? Hat denn wirklich irgend jemand ernsthaft geglaubt, mit dem Bisschen Marschieren wird plötzlich alles besser?

  2. Und nicht zu vergessen: Der Masterstudiengang TCM der Technischen Universität München. Ein waschechter Master of Science, laut Eigenwerbung „der erste und derzeit einzige an einer westlichen Universität“.

    Hier lernen Ausgebildete Mediziner in 6 berufsbegleitenden Semestern (je 4200 Öcken) die „gewinnbringende Anwendung“ der TCM, inklusive Akupunktur, chin. Arzneimittellehre, Qi Gong, Tuijina, und Diätetik.

  3. „– An der Universität zu Köln spricht am 3. Juni der Verschwörungstheoretiker und 9/11-Truther Daniele Ganser.“

    Es ist schade, das ihr in vielen Dingen auch einfach nicht besser seid, als das was ihr anprangert, denn ein seriöser Umgang mit anderen Meinungen sieht i.d.R. anders aus.

  4. @Dieter:

    Gerne noch einmal:

    a) Fakten sind keine Meinungen.

    b) Der „seriöse Umgang“ mit Gansers Behauptungen ist längst geschehen, was ihn nicht daran hindert, immer wieder mit denselben widerlegten „Fragen“/Behauptungen anzukommen, was auch hier alles bereits diskutiert worden ist, z.B.:

    https://blog.gwup.net/2017/04/15/daniele-ganser-und-der-unsinnige-galilei-vergleich/#comment-69865

    https://blog.gwup.net/2017/04/15/daniele-ganser-und-der-unsinnige-galilei-vergleich/#comment-69849

  5. @Dieter

    Es existiert aber kein Recht oder Anspruch auf unwidersprochene Meinung.

    Ist ähnlich wie mit Kritik. Es gibt keinen Anspruch oder kein Recht auf konstruktive Kritik. Kritik muss nicht konstruktiv sein und sie ist nicht dazu verpflichtet eine Alternative anzubieten für Sachverhalte die sie anspricht und damit kritisiert.

    Das tut die GWUP aber dennoch. Zwar spricht die GWUP nicht von Alternativen, aber sie liefert Erklärungsmodelle für Dinge die sie Kritisiert. Die Kritik seitens GWUP schöpft sich nicht aus einem Vakuum einfach um des Kritisierens wegen.

  6. @Dieter:

    Der entscheidende Punkt ist:

    „Der Punkt ist der, dass eine falsche Meinung fast immer negative Konsequenzen haben wird.“

    http://www.nachdenken-bitte.de/kritisches-denken/meinungen-ansichten-ideen-uberzeugungen-entscheidungen-und-handlungen/

  7. @crazyfrog:

    Bei Ganser würde ich das noch ergänzen:

    Meinungen bilden sich üblicherweise in einer Filterblase und basieren auf wenigen Daten und viel Gefühl.

    https://blog.gwup.net/2015/07/28/muss-man-eine-andere-meinung-stets-akzeptieren-mitnichten/

    Ich würde trotzdem darum bitten, primär das Thread-Thema zu fokussieren. Zu Ganser gibt es genügend Beiträge, auch von GWUP-Kollegen, z.B. hier:

    http://de.euronews.com/2017/01/06/interview-verschwoerungstheorien-sind-in-der-mitte-der-gesellschaft-angekommen

    Was ich von Ganser aber in den letzten Jahren mitbekomme, hat wenig Akademisches, sondern ist klassisch verschwörungstheoretisches Kolorit, speziell, was 9/11 angeht. Das Problem bei Ganser ist, dass er wenig greifbar ist. Und er entzieht sich meinem Gefühl nach auch den Diskussionen. Als er hier in Witten war, hat er zugesehen, den Rahmen so zu stecken, dass kritische Diskussionen nicht ermöglicht wurden.

    Er ist eher ein Festredner als einer, der sich in eine Diskussionsrunde setzt. Er ist aber einer, den ich unheimlich gerne mal interviewen würde … Und da glaube ich tatsächlich, dass Ganser ein Stück weit selber Opfer davon geworden ist, in einer Szene weitergereicht zu werden. Ich glaube, dass es ähnlich ist wie beim Holocaust-Leugner David Irving, der ja zu Beginn auch ein seriöser Historiker war, aber dann immer mehr in die falschen Kreise geriet.

    Ich finde Ganser sehr interessant. Ich habe mich lange Zeit auch geweigert, ihn als Verschwörungstheoretiker zu sehen. Aber als ich dann mitbekam, was er in Witten für einen Vortrag gehalten hat, da wurde mir klar: Das ist eindeutig verschwörungstheoretisch, was da mittlerweile kommt.

    Bartoschek macht auch den Unterschied zwischen „kritischen Fragen“ und Verschwörungs-Geraune a la Ganser klar:

    Die offizielle Version kann man natürlich erst mal anzweifeln. Aber wenn ich das richtig im Kopf habe, geht Ganser ja noch weiter und vermutet eine dunkle Täterschaft hinter 9/11. Und klar, bei 9/11 ist man schnell dabei, sich zu wundern. Was mich bis heute wundert, sind die geschwärzten Seiten im Untersuchungsausschuss und die Rolle des Regimes in Riad. Aber ich bin noch weit davon weg zu sagen, das hat die Bush-Regierung selbst inszeniert.

  8. @Flo
    Wäre es aber besser gewesen, nicht zu marschieren? So bekommt z.B. das Thema Esoterik an der Uni wenigstens *etwas* öffentliche Aufmerksamkeit.

  9. @ 2xhinschauen:

    Ach komm – 99% der Bevölkerung haben vom Marsch entweder von vornherein nichts mitbekommen oder ihn inzwischen schon wieder vergessen. Und von der Politik keinerlei richtungsweisende Reaktion. So schön die Aktion war, aber es war vergebene Liebesmüh.

  10. @ nihil jie:

    „Es gibt keinen Anspruch oder kein Recht auf konstruktive Kritik.“

    Dem kann ich als Mitglied des Zentralvereins für unkonstruktive bayerische Grantelei nur zustimmen ;-)

    @ noch’n Flo:

    „es war vergebene Liebesmüh“

    Kommt darauf an, was man sich davon erwartet hat. Ich finde, es hat sich schon alleine wegen der Diskussionen in den sozialen Medien über den Marsch gelohnt – das hat mit Sicherheit viele Leute angeregt, einmal darüber nachzudenken, wozu Wissenschaft gut ist und was gute Wissenschaft ist. Dass die Politik jetzt nicht gleich mit tollen Konzepten kommt, verwundert mich nicht, da haben sich beim Marsch eher die Böcke selbst zu Gärntern gemacht.

  11. @Bernd Hader: Gibt es aktuell eine schöne Übersichtsseite mit Widerlegungen der Argumente der 9/11-Truther?

    Für die Homöopathie haben wir ja jetzt das Netzwerk und für Klimawandel gibt es Skeptical Science.

    Wenn ich die Kommentare zu den anderen Blogposts zu Ganser durchlese muss ich leider immer wieder feststellen, dass Kritiker, die irgendwelche Truther-Argumente vorbringen direkt persönlich niedergemacht werden mit dem Hinweis darauf, dass alles ja längst widerlegt ist.

    Ich glaube, dabei vergisst du/ihr ein wenig, dass die meisten Menschen sich nicht so lange und intensiv mit 9/11 befasst haben wie du/ihr. Ich fände es angemessener, wenn einfach kurz und neutral die Fakten verlinkt werden. Ansonsten treibt man diejenigen, die tatsächlich einfach nur verstehen wollen, was an den Argumenten dran ist, in die Hände der Verschwörungstheoretiker (da die GWUP ja „nicht mit Fakten argumentiert“).

  12. @Flo
    Vielleicht sind es nur 97%, also 200% mehr als Du denkst auf der Plusseite? ;-)

    Kann schon sein, dass Du recht hast. Aber Selbstvergewisserung ist auch ein Wert, und vielleicht hat die Aktion ein paar neue Aktivisten hervorgebracht. Es ist besser, etwas zu tun, als nichts zu tun.

    Wichtig ist, am Ball zu bleiben. Folgeaktionen. Frühjahrs- und Herbstdemo. Lokale Initiativen. Neue Netzwerke, die sich koordinieren. Es gab 500+ Demos weltweit: Welche andere Interessengruppe kriegt sowas hin? Und die Wissenschaft ist die selbstkritischste, die es gibt. Da wird es auch in Bezug auf die Effizienz der Aktionen Fortschritte geben. Hoffentlich…

    Apropos … unter der Fahne der Wissenschaft segeln doch auch die Marketingspezialisten in den WiWis. Kommt aus deren Ecke vielleicht mal ein bisschen was zur besseren Selbstdarstellung der Wissenschaft als ganzes? Oder gehören sie doch nicht so richtig zur Familie?

  13. @cero:

    Das sind wichtige Hinweise, danke.

    Ein Problem ist, dass es solche Seiten nur auf Englisch gibt, wie auch die meiste Literatur.

    << mit dem Hinweis darauf, dass alles ja längst widerlegt ist. << Ich muss das mal im Detail nachprüfen, aber ich habe zumindest den Eindruck, dass die allermeisten Kommentare zu Ganser, 9/11 etc. mit Links und Literaturhinweisen zu den konkreten Fragestellungen versehen sind.

  14. @Bernd Hader:

    Ich sehe gerade, der Post wo mir das – in den Kommentaren – besonders aufgefallen ist, ist von 2011 (https://blog.gwup.net/2011/09/01/der-11-september-warum-sturzte-wtc-7-ein/).

    Die Reaktion in den Kommentaren von “Daniele Ganser und der unsinnige Galilei-Vergleich” finde ich absolut vorbildlich.

    Dennoch kann es natürlich passieren, dass jemand (wie ich) den Links folgt und dann auf die alte Diskussion stößt, in der „ein Truther Fakten gebracht hat und die Skeptiker nichts dagegen halten konnten“.

    Ich habe gerade zu dem Thema noch http://www.debunking911.com und http://www.911myths.com gefunden. Beide Seiten finde ich etwas unübersichtlich und teilweise (verständlicherweise) unvollständig, sie sind aber ein guter Anfang.

    (Sorry für Off-Topic)

  15. @cero:

    << (Sorry für Off-Topic) << Durchaus nicht, vielen Dank für Ihre Erläuterungen und Nachforschungen. Der sachliche Umgang mit diesem Thema ist - auch hier im Blog - in der Tat nicht so ganz leicht. Vielleicht erstellt ja mal jemand explizit ein deutschsprachiges 9/11-FAQ.

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