Interessante Frage:
Als wie aufrichtig dürfen wir jemanden einschätzen, der in einer Radiosendung öffentlich behauptet
Ich muss ganz ehrlich sagen: Ich habe keine Kritiker“,
zu dem es aber einen recht umfangreichen Psiram-Eintrag gibt?
Bedauerlich, dass der selbsternannte „Meditationstherapeut“ Wolfgang Maly bei „Eins zu Eins. Der Talk“ damit durchgekommen ist.
Seltsam, dass die Bayern 2-Redaktion die Fragwürdigkeiten der „Maly-Meditation“ nicht kennt oder nicht ansprechen wollte, obwohl Moderator Achim Bogdahn in dem Gespräch durchblicken ließ, dass die Frage nach Belegen von seinen Kollegen durchaus aufgebracht worden sei.
Ein Gutes indes hatte die 41-minütige „Heiler“-Personality zur besten Sendezeit: Die Psiram-Kollegen finden in dem Gespräch jede Menge Material zur Ergänzung und Fokussierung ihres Artikels.
Bislang heißt es dort nur,
… in den Medien wurden wiederholt Behauptungen aufgestellt, Maly könne bei Bauchspeicheldrüsenkrebs regelrechte Wunderheilungen bewerkstelligen.“
Nein, das behaupten nicht bloß die Medien – sondern Maly selbst, zum Beispiel bei Minute 6:12, 18:40 oder 34:30, wo es nicht nur um das Pankreaskarzinom, sondern auch um Brustkrebs geht:
Viele Heilerfolge sind dadurch [durch die Maly-Meditation] passiert. Es sind sehr viele Patienten, die krebskrank waren, wieder gesund geworden […]
Es gibt verschiedene Patienten, die wirklich aufgegeben waren, es gibt eine Krebsart, das ist der Bauchspeicheldrüsenkrebs, wo viele Patienten eine ganz, ganz schlechte Prognose von den Ärzten bekommen, wo man auch sagt, man gibt ihnen nur noch so und so lange zu leben. Von diesen Patienten haben wir jetzt nachweislich sechs oder sieben Patienten, die wirklich tumorfrei sind.
Ich habe auch Patienten da, die nicht tumorfrei sind, aber wo es komplett zum Stillstand gekommen ist.“
Soso.
Wo man diese angeblichen „Nachweise“ findet, wird nicht recht deutlich – bei der platten „Literatur“-Werbung auf Malys Homepage jedenfalls nicht.
Ab Minute 37:20 spricht Maly von einem Fall (Mammakarzinom-Patientin), der „in den onkologischen Zeitschriften erfasst“ worden sei, nur …
… steht da natürlich nicht drin, die Patientin ist geheilt durch die Maly-Meditation, da steht eben drin, dass die Patientin diese Maly-Meditation dazu gemacht hat.“
Solche beleglosen Unschärfen kultiviert Wolfgang Maly anscheinend bewusst.
Einerseits wabern seine Aussagen vage um höhere Mächte („Gottvertrauen“), weichgespülte Psychoneuroimmunologie („Mit der Hoffnung schwindet die Angst“) und Beziehungspflege („Die Maly-Meditation ist das beste Paar-Therapeutikum, das Sie sich vorstellen können“).
Andererseits klingt nahezu unverbrämt an, dass die nicht ganz billige „Maly-Meditation“ kausal wirksam in das Krebsgeschehen eingreife.
Insofern geht es bei der „Maly-Meditation“ also tatsächlich …
… nicht um bereits bekannte Versuche, allein die Lebensqualität schwer Erkrankter günstig zu beeinflussen“,
wie Psiram schreibt, sondern darum, Tumore zu besiegen.
Umso unverständlicher ist die Unterstützung, die Maly von der Uniklinik Bochum zuteil wird, in persona Prof. Waldemar Uhl, der in Interviews ebenso zwiespältig wie Maly einerseits nur von „komplementärmedizinischen Maßnahmen, um sich selber zu stärken, sein Umfeld zu verbessern“ spricht – und andererseits von der WAZ mit der Aussage zitiert wird:
Dass jemand vom Bauchspeicheldrüsenkrebs geheilt wird, ist eine Ausnahme, aber diese Wunder gibt es dank der Kombination von Schulmedizin mit Meditation.“
Mit diesem besagten WAZ-Artikel über Malys Wunder-Meditation haben wir uns hier schon mal ausführlich beschäftigt.
Anscheinend haben sich mit Maly und Uhl zwei Schwurbler vor dem Herrn gefunden. Dies im Vorfeld zu recherchieren, hätte die „Eins zu Eins“-Redaktion und Moderator Achim Bogdahn möglicherweise vor dieser Fehleinschätzung bewahrt:
Sie [Wolfgang Maly] haben seriöse Partner, sonst hätten wir Sie erst gar nicht eingeladen.“
Zum Weiterlesen:
20. Dezember 2015 um 20:14
vielen dank für das aufgreifen dieses themas
21. Dezember 2015 um 08:03
Das sind die Momente, in denen man bereut Rundfunkgebühren zu zahlen.
Die „Journalisten“ bzw. Moderatoren haben aus dem Fall Hamer wohl weniger als gar nichts gelernt.
21. Dezember 2015 um 09:14
Wird die Bayern-2-Wissenschaftsredaktion jetzt etwa genauso esoterisch wie ihre Kollegen bei SWR2?
21. Dezember 2015 um 10:01
Die Berufung auf „höhere Mächte“ wie Gott, Engel, o.ä. ist immer ein Zeichen für Unseriosität.
Peinlich, dass einer Uniklinik das nicht klar ist.
https://blog.gwup.net/2013/05/18/gwup-konferenz-ruckblick-vorsicht-seelenpfuscher/
21. Dezember 2015 um 11:15
BR2 ist normalerweise noch einer der wenigen Sender, die man hören kann, bzw. wo man das Gefühl hat, die Rundfunkgebühren würden sinnvoll eingesetzt.
Der „Talk“ ist eher eine feuilletonistische Sendung mit manchmal interessanten Gästen. Diesmal halt ein richtiger Griff ins Klo. Man hätte die Kollegen von der Wissenschaftsredaktion fragen können.
Aber immerhin, wie Bernd sagt: Die Aussagen ergänzen das Bild dieses Scharlatans wunderbar.
21. Dezember 2015 um 11:38
@Tim: 1 zu 1 hat eine eigene Redaktion.
21. Dezember 2015 um 15:11
Umgekehrt funktioniert das bei 1 zu 1 der Talk übrigens sehr wohl. Edzard Ernst bekam einen überzeugten Homöopathie-Anwender als Interviewer vorgesetzt, der ihn auch an der einen oder anderen empfindlichen Stelle gepackt hat. Auch nicht ganz zu unrecht wie ich meine, denn die Kapitel im Buch „Gesund ohne Pillen“ mit „Die Wahrheit über …“ zu überschreiben ist schon ein Punkt, den man diskutieren kann.
Außerdem müssen solche Sendungen ja durchaus keine Schmusestunden sein, auf einem Sender wie B2 schon gar nicht. Kritische Fragen erhöhen doch nur den Reiz des Interviews und gaben in diesem konkreten Fall dem Hr. Ernst die Möglichkeit, sich und seine Ansichten überzeugend darzustellen. Außerdem kann so keiner ernsthaft behaupten, die Sendung sei von der Pharmaindustrie gesponsert worden.
Warum hat das im Fall des Hr. Maly nicht funktioniert? Ist der BR zu christlich um jemandem zu widersprechen, der sich in seiner Tätigkeit auf den Herrgott bezieht? Liegt es daran, dass der Herr Bogdahn Theologe ist?
Warum darf jemand in der Sendung eines öffentlich-rechtlichen Radiosenders ungestört den Eindruck vermitteln, er könne schwerste Krankheiten mit Meditationsübungen heilen?
Ich bin entsetzt, eine Schande für den Bayrischen Rundfunk! Vielleicht sollten wir den Bildungsauftrag in Verblödungsauftrag umbenennen, dann stimmts wieder.
21. Dezember 2015 um 19:19
Der Herr Maly ist eben kein Gottloser!
Dass seine Bücher auf buecher.de intensiv beworben werden, dass er in der „Stadt Gottes“ der Steyler Missionare wohlwollend erwähnt wird, dass er bei Droemer Knaur verlegt wird, ist die ordnende Hand der HErrn!
Ramen.
21. Dezember 2015 um 20:44
Gerade eben auf K-TV:
„Gottes Ewigkeit für uns (Teil 3)“
Dort wurde wortwörtlich behauptet, die Quantenphysik sei ein Beweis für die Existenz Gottes…Jetzt fangen die Katholiken auch schon damit an – ja, von den Esoterikern kann selbst die Kirche noch etwas lernen ;-)