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Die absurde finanzielle Ungleichbehandlung von Ärzten und Heilpraktikern

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In unserem vorherigen Artikel „Nicht Globuli sind entscheidend, sondern die ärztliche Zuwendung“ ging es um die Frage, ob eine …

… fundierte ‚schulmedizinische‘ Behand­lung mit einer zeitlich ausreichenden und umfangreichen Befunderhebung […] zu mehr Patientenzufriedenheit und zu besseren Ergebnissen in der Behandlung führen könnte.“

Das war am Donnerstagabend auch Thema bei Kontraste – genauer gesagt die finanzielle Ungleichbehandlung von Ärzten und Alternativheilern, die von der gesetzlichen Krankenkasse IKK Südwest gerade ins Absurde getrieben wird:

Immer mehr Gesetzliche Krankenkassen locken neue Mitglieder durch Kostenübernahmen für Alternativmedizin. Doch das Sozialgesetzbuch untersagt den Kassen eigentlich, Rechnungen von Heilpraktikern zu begleichen.

Denn deren Kenntnisse sind oftmals ungenügend, die Methoden umstritten. Die IKK Südwest bricht nun ganz offensiv die Regeln im Kampf um Kunden: Auch teure Heilpraktiker-Gespräche werden abgerechnet.

Und so sieht’s konkret aus:

Beim Arzt:

Warum kaum noch Zeit für die Patienten bleibt, liegt für den Bonner Urologen Ayk-Peter Richter an der schlechten Bezahlung der Ärzte. Nur 16 Euro pro Fall und Quartal bekam er zuletzt von der Kasse.

Damit er seine Praxis wirtschaftlich betreiben kann, muss er zwölf Patienten pro Stunde abarbeiten. Er rechnet uns vor: für Bürokratie, Behandlung und Gesprächszeit bleiben ihm nur 5 Minuten […]

Selbst bei Kinder- und Hausärzten weist die neue Gebührenordnung nur noch Vier Euro Fünfzig für ein Gespräch aus. Kalkulierte Zeit pro Patient: gerade einmal fünf Minuten!“

Beim Heilpraktiker:

Er dagegen darf sich Zeit nehmen. Steffen Jung ist Heilpraktiker im Saarland, seit kurzem werden seine Rechnungen für Patientengespräche auch von einer Kasse erstattet. Ein Angebot der IKK Südwest.

Der Amateur-Fußballer Christian Hertel sucht heute Jungs Rat. Trotz eines ausgeheilten Bandscheibenvorfalls leidet er immer noch unter Schmerzen. Es folgt ein einstündiger Frage-Marathon […]

140 Euro bekommt Jung für so eine Anamnese, anschließend behandelt er mit homöopathischen Kügelchen, sogenannten Globuli.“

Hier geht’s zum Skript und zum Video der Kontraste-Sendung.

Zum Weiterlesen:

  • Heilpraktiker auf dem Vormarsch: Krankenkassen werben mit dubiosen Therapien, Kontraste am 17. Juli 2014
  • Kontraste: Skandal – IKK Südwest zahlt teure Heilpraktiker-Gesprächsindoktrination! Ratgeber-News-Blog am 17. Juli 2014
  • Homöopathie: Nicht Globuli sind entscheidend, sondern die ärztliche Zuwendung, GWUP-Blog am 18. Juli 2014
  • „Heilpraktiker“ – noch zeitgemäß? GWUP-Blog am 13. November 2012

20 Kommentare

  1. Es ist wirklich skandalös. Der Arzt bekommt 5 Minuten Zeit pro Patient bezahlt … kein Handwerker dieser Welt könnte zu solchen Konditionen gute Arbeit abliefern.

    Aber regen wir uns lieber über den Gaucho-Tanz auf.

    Manchmal möchte ich echt einen Sack voll Backpfeifen verteilen.

    Also so heilsame Backpfeifen. Nicht brutal oder so, nur einfach, sachte, so dass das Hirn wieder richtig in seine Halterung zurück rutschen kann, da scheint sich an einigen Stellen was verklemmt zu haben …

  2. Schlicht eine Sauerei …!

    Ärzte sollten streiken !

  3. @ Cris: Also quasi homöopathische Backpfeifen – Ohrfeige D30. ;-)

  4. Die Diskussion mit Esotherikern und dem Vertreter der IKK ist wirklich interessant. Warum hat der Mann den Mut, im TV aufzutreten und danach zuzugeben, dass er vom Thema eigentlich nicht viel Ahnung hat?
    „Meine zukünftige Frau schwört auf Globuli bei Erkältungen – ich bin da eher skeptisch…“ Solche Manager entscheiden ohne eine eigene Meinung zu haben?

    Schön auch, dass manche Homöopathen noch nie von Prof. Frass gehört haben – muss wohl homöopathischer Laie sein…

    Ich wusste bisher auch nicht, dass in Krisengebieten die Homöopathie per MP3-Player schwingend helfen soll. Nein, wir brauchen keine Esotherik, die von den Kassen bezahlt wird!

    https://www.facebook.com/kontraste.rbb?fref=photo

  5. Dienstag, 22.Juli 2014, läuft auf 3Sat um 22.55 Uhr die Doku

    „Landarzt mit Leib und Seele“

    http://www.3sat.de/page/?source=/dokumentationen/177484/index.html

  6. Genau hier ist der Hund begraben. Jetzt versteht jeder die Motive, warum Ärzte zu „Fortbildungskursen“ gehen, die pecuniäres (resp. homöopathisches) Fachwissen vermitteln. Die Tatsachen sind aber lange bekannt. Niemand soll so tun, als ob hier etwas Neues aufgedeckt würde. Auch hier nachzulesen auf S. 6 ff

    http://www.dr-bertelsen.de/documents/Homoeopathie-Journal-8-11_2.pdf

  7. Der Leiter einer großen Krankenkasse in einer Mail (Zitat):

    Institutionell gedacht haben wir dennoch die Realität des Kassenwettbewerbs und das, „was sich die Menschen halt wünschen“ zu berücksichtigen.

    (Zitat Ende)

    Ich meine, die Menschen wünschen sich, gesund zu werden. Sie wünschen sich nicht, getäuscht zu werden.

  8. @ Hans-Werner Bertelsen:

    Natürlich liegt hier der Hund begraben, und es ist schon lange bekannt.

    Es ändert sich trotzdem nichts – weder bei der GOÄ noch bei den GKV noch bei den Ärzten.

    Die skandalöse Tatsache, dass Ärzte für ausführliche Anamneseerhebungen, Beratungsgespräche, Hausbesuche etc. kaum etwas abrechnen können, rechtfertigt m. E. aber noch lange nicht, dass sie sich nach anderen, lukrativeren Einnahmequellen umsehen und sich aus pekuniären Gründen „alternativ“ z. B. der Homöopathie o. ä. zuwenden.

    Oder gleich ganz in die Esoterik/Pseudo-/Paramedizin abwandern wie z.B. viele Ihrer Zahnmediziner-/Mediziner-Kollegen in der deutschen Umweltmedizin.

    Das ist doch die falsche Konsequenz aus dieser Misere – und verletzt jegliche „Berufsehre“, Wissenschaftlichkeit, Verantwortlichkeit gegenüber dem Patienten!

    Aber vielleicht bin ich immer noch so naiv zu denken, dass Medizin nicht (noch mehr) zum Business wie jedes andere verkommen darf …

    Warum kämpfen ärztliche Berufsverbände/Standesvertretungen etc. nicht für eine adäquate, d. h. höhere Honorierung ihrer Leistungen im Bereich Anamneseerhebung, Beratungsgespräch usw. ?!
    Das wäre m. E. die einzig folgerichtige und notwendige Konsequenz und würde erheblich zur Verbesserung unseres Gesundheitssystems beitragen.

    Es müsste nicht nur das ärztliche Fortbildungsangebot reglementiert werden, sondern auch die GOÄ geändert werden.

  9. @Beobachter:

    << sondern auch die GOÄ geändert werden. << Die "neue" GOÄ ist seit Jahren in Arbeit, wird aber in diesem Bereich sicher keine Verbesserung bringen.

  10. @ Bernd Harder:

    Welche Kommission der Kommission welchen Ausschusses welches Arbeitskreises bearbeitet seit Jahren die „neue“ GOÄ?
    Wer entscheidet letztendlich darüber, was wie geändert wird?

    Warum „wird sie in diesem Bereich sicher keine Verbesserung bringen“ – wo doch allen Beteiligten (Ärzten, Patienten, Kassen) seit Langem klar ist, „wo der Hund begraben liegt“ ?!

    Dieser Bereich ist ein ganz zentraler, wichtiger und grundlegender Bereich; wenn sich da nichts Positives tut, können alle Kritiker einpacken und sich weiterhin sinnlos und vergebens aufregen … – sorry.

    Ich reg mich grad auf …

  11. @Beobachter:

    Na ja, das Ganze wird ziemlich hochrangig verhandelt, im Kern zwischen den Ärzte-Vertretern und dem Verband der privaten Krankenkassen.

    Angeblich *soll* zumindest das Gespräch besser honoriert werden, aber das Ganze zieht sich schon so lange hin, dass es fast nur noch Murks werden kann (aber ich kann mich irren!):

    http://www.aerztezeitung.de/praxis_wirtschaft/aerztliche_verguetung/article/849875/konzept-vorgestellt-4000-gebuehrenziffern-neuen-goae.html

    http://www.aerzteblatt.de/archiv/149842/GOAe-Novellierung-Signal-an-die-neue-Bundesregierung

  12. @Beobachter

    <<Warum kämpfen ärztliche Berufsverbände/Standesvertretungen etc. nicht für eine adäquate, d. h. höhere Honorierung ihrer Leistungen im Bereich Anamneseerhebung, Beratungsgespräch usw. ?!<<

    Fragen Sie nach bei der BÄK und bei der BZÄK. Ich warte seit Wochen auf Antwort.

    Die Betriebskosten einer Praxis liegen geschätzt zwischen 150.- (kleine Praxis) und 300.- (große Praxis) pro Stunde.

  13. @ Beobachter
    „Ich reg mich grad auf …!“

    Oje, oje…

  14. @ Bernd Harder:

    Danke für die Infos/Links und Entschuldigung für den unsachlichen Ton.
    Nützt ja nix, sich aufzuregen …

  15. @ Hans-Werner Bertelsen:

    Wenn eine Privatperson ohne Lobby im Rücken bei den Ärztekammern nachfragt, erhält sie mit größter Wahrscheinlichkeit nie eine Antwort.

    Was die von Ihnen bezifferten hohen Betriebskosten pro Stunde (!) einer Arztpraxis betrifft:
    Das ist alles sehr vage; da spielen viele Faktoren eine Rolle (z. B.):
    Was heißt „kleine/große Praxis“? Mit wievielen Angestellten?
    In der (Groß-)Stadt oder auf dem Land?
    Welche Praxen? Radiologische/orthopädische/internistische/hausärztliche allgemeinärztl. Praxis usw.?
    Wer hat das geschätzt? Aufgrund von welchen Annahmen/Umfragen/Daten/Zahlen?

    „Die Arztpraxis als betriebswirtschaftliches Unternehmen“ ist m. E. ein Thema für sich.
    Mit „(betriebs-)wirtschaftlichen Zwängen“ lässt sich alles erklären/entschuldigen/rechtfertigen.
    Es läßt sich aber durch nichts rechtfertigen, wenn Ärzte kaum mehr Gespräche (Anamnese, Beratung, Aufklärung) mit ihren Patienten führen – obwohl sie die Grundlage sind für jegliches weitere ärztliche Vorgehen.

    Außerdem denke ich, dass KEIN Arzt am Hungertuch nagen würde, wenn er sich die notwendige Zeit für wichtige Gespräche mit seinen Patienten nehmen würde.

  16. @Beobachter

    Der Beratungsbedarf ist in allen Disziplinen enorm groß, aber nicht in allen Fällen nötig. Damit beide Seiten – Arzt und Patient – in Ruhe Diagnose und Therapie besprechen können, habe ich eine „Intensivberatung“ (45 Minuten, einmal pro Jahr, 100.- Euro, gerne übertragbar, z.B. als Gutschein!) vorgeschlagen. Hier zu lesen:

    http://www.dr-bertelsen.de/documents/Transparent_KZVB_Nr13-2012_Wer_recht_hat_heilt.pdf

    Die GWUP schlägt vor, die „Homöopathische Anamnese“ auch für Nicht-Homöopathen zu realisieren. Beides zeigt in die selbe Richtung. Das würde der Scharlatanerie viel Attraktivität nehmen.

    Wenn dann noch die Kammern keine Mumpitz-Kurse mehr anböten, wären wir ein großes Stück weitergekommen.

  17. @ Hans-Werner Bertelsen:

    Eine „(Intensiv-)Beratung“ muss dann erfolgen, wenn sie notwendig ist und so oft und so lange sie (pro Jahr) notwendig ist.

    Für viele Versicherten ist sie kaum oder gar nicht notwendig, für viele andere umso mehr.

    Ich denke, da läßt sich nichts verwaltungstechnisch planbar pauschalisieren, und es muss jedes notwendige Gespräch als ärztliche Leistung (Anamnese, Beratung, Aufklärung, Anweisung, auch Hausbesuche) adäquat honoriert werden – wie die „Homöopathische Anamnese“ und nach GWUP-Forderung (wie Sie oben erwähnen; ich habe mir deren Vorschläge/Forderungen selbst noch nicht angesehen).

    Es ist m. E. nicht zielführend, mit Flickschusterei und Pauschalisierungen mit Verwaltungsaufwand anzufangen.

    Bsp.:
    Bei alten Leuten (häusliche Pflegefälle), die eine chronische Krankheit nach der anderen bekommen und bei denen öfters Notfälle mit grundlegenden Veränderungen des Gesundheitszustandes eintreten, ist eine „Intensivberatung“ pro Jahr wie Sie sie vorschlagen, ein Tropfen auf den heißen Stein und bei Weitem nicht ausreichend.

    In der Regel übernehmen begleitende und pflegende Angehörige viele der o. g. „ärztlichen Leistungen“, sofern es welche gibt und sie sich fachlich einigermaßen auskennen.

    Es gehen schon mindestens 45 Min. nach JEDEM Arztbesuch drauf, um ihnen z. B. zu erklären, was der Arzt überhaupt gesagt hat („Medizinerdeutsch“ übersetzen), weshalb er was verschrieben hat, wie es einzunehmen/anzuwenden ist, was weiterhin warum geplant ist, auf was man achten muss etc.

    Bei Schwerhörigkeit und Vergesslichkeit können Sie das mehrmals wiederholen, bis es richtig angekommen ist.
    Kleines Beispiel aus der Praxis …
    Na ja, aber bei alten Menschen rechnen die Kassen ja eh mit „sozialverträglichem Frühableben“ (K. Vilmar, Bremen; u. a. Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages).
    http://de.wikipedia.org/wiki/Karsten_Vilmar

    Und was macht ein Versicherter, der gegen Jahresende seinen übertragbaren Intensivberatungs-Gutschein schon an einen „Bedürftigen“ weitergereicht hat und bei dem dann kurzfristig z. B. Diabetes diagnostiziert wird, der einen schweren Unfall hat oder einen Herzinfarkt erleidet?

    Beratung ade, weil Kontingent schon abgegeben – deshalb Abfertigung im Minutentakt wie gehabt ?!

    Und in der Folge gäbe es dann von den Kassen vielleicht noch Prämien für diejenigen, die ihren Beratungs-Gutschein/ihr Kontingent nicht in Anspruch genommen haben – weil sie ihn/es nicht brauchten oder selbst alles „besser“ wußten ?!

    Alles in Allem keine so gute Idee …

  18. @ Hans-Werner Bertelsen:

    Ich habe zwei Fragen:

    Wie kommen Sie zu Ihren „Schätzungen“ bzgl. der Betriebskosten pro Stunde bei Arztpraxen ?

    Was halten Sie von meiner Kritik an Ihrem Vorschlag zur „Intensivberatung“ ?

  19. Natürlich klingen 5 Minuten erst einmal wenig, aber an sich sind die Ärzte ja darauf trainiert eine Diagnose schnell zu stellen.

    In den meisten Fällen sollten diese 5 Minuten also reichen. Das der Heilpraktiker soviel mehr bekommt finde ich etwas ungerecht. Mehr als das 10-fache für einen weniger qualifizierten „Arzt“.

    Womit will man das denn erklären? Schliesslich müssen die Ärzte ja hart arbeiten.

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