Dass Traditionelle Chinesische Medizin mitunter auf die Leber schlägt oder Nierenschäden verursacht, geht immer mal wieder durch die Medien.
Ayurveda dagegen wird in der Regel unkritisch hochgejubelt – so erst vor wenigen Tagen in der Rhein-Main-Presse.
Zu Unrecht, wie die Biologin Jasmin Barman-Aksözen bei der SkepKon 2014 in München erklärte.
Die Fachbereichsleiterin Chemie am Institut für Labormedizin des Triemlispitals in Zürich führte aus, dass jedes fünfte Ayurveda-Produkt Schwermetalle enthalte. Auch „rein pflanzliche“ Zubereitungen seien davon betroffen.
Barmann verwies unter anderem auf eine Studie von Saper et al. (2008), für die 193 Ayurveda-Produkte aus Indien und aus den USA untersucht wurden. Fast 22 Prozent der US-Produkte und 19,5 Prozent der Mittel aus Indien enthielten Schwermetalle in gesundheitsbedenklichen Mengen.
Alle Produkte waren über das Internet weltweit verfügbar.
Auch Case Studies machen auf das Problem aufmerksam, zum Beispiel Keen et al. (ein 39-jähriger Diabetespatient, der in Großbritannien lebt, wird bei einem Indien-Aufenthalt mit traditionellen volksmedizinischen Methoden behandelt und bekommt nach seiner Rückkehr starke Bauchschmerzen) oder Roche et al. (eine 51-jährige Neuseeländerin weist klassische Symptome einer Bleivergiftung auf, nachdem sie in Indien wegen einer Denguefieber-Infektion ayurvedische Präparate eingenommen hatte).
Aber wie gelangt das Blei in traditionelle Medizinprodukte?
Barmann:
Anders als häufig angenommen, handelt es sich bei Schwermetallen in der Ayurveda nicht um Verunreinigungen in eigentlich rein pflanzlichen Rezepturen. Sie sind darin enthalten, weil sie enthalten sein sollen, das heißt: Schwermetalle werden absichtlich zugesetzt, da ihnen eine bestimmte positive Wirkung zugeschrieben wird.
Besonders in Produkten des sogenannten Rasa-shastra Ayurveda finden sich häufig Schwermetalle, da bei dieser Richtung pflanzliche Komponenten mit Metallen, Mineralien, Korallen, Juwelen etc. gemischt werden.“
Als „falsches Signal“ bezeichnete die Diplom-Biologin daher einen aktuellen Vorstoß des Eidgenössischen Departements des Innern, der daraus abzielt, dass die Leistungen der anthroposophischen Medizin, der Traditionellen chinesischen Medizin, der Homöopathie und der Phytotherapie grundsätzlich von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung übernommen werden sollen:
Die Gleichbehandlung von ausführlich geprüften Arzneimitteln mit nicht auf ihre Wirksamkeit und Sicherheit hin getesteten Therapien suggeriert dem Verbraucher, dass hier eine qualitative Gleichheit besteht.“
Dem Argument, der mündige Bürger könne selbst entscheiden, welche Art von Behandlung er wählen möchte, stehe in der Realität die mangelhafte Kenntnis der Hintergründe von Komplementärtherapien entgegen.
Konträr zu ihrem öffentlichen Image als harmlose Kräutermedizin stellten auch medizinische Ayurveda-Produkte nicht selten eine Gesundheitsgefährdung dar.
Insbesondere Apotheken, medizinisch tätiges Personal, Ausbildungsstätten und Krankenkassen sieht Barmann in der Pflicht, „Position zu beziehen“.
Tatsächlich haben aber bislang nur die Schweizer Skeptiker einen entsprechenden Appell an die Politik initiiert.
Update: Den Vortrag gibt es jetzt auch als Video.
Zum Weiterlesen:
- „Schweizer Appell“: Wissenschaft vor Politik bei Komplementärmedizin – Interview mit Jasmin Barmann, GWUP-Blog am 15. Juni 2014
- Schweiz: „Komplementärmedizin soll anderen Fachrichtungen gleichgestellt werden”, Ratgeber-News-Blog am 6. Mai 2014
- Appell: Wissenschaft vor Politik bei Komplementärmedizin, Skeptiker Schweiz
- Ayurveda: Das „Wissen um ein langes Leben“, Süddeutsche am 20. Mai 2010
- Skeptikerkonferenz in München, hpd-online am 6. Juni 2014
- Spiegel, ALS und Ayurveda, Psiram am 27. Juni 2014