Wenn schon im Januar der wohl nicht mehr zu toppende Höhepunkt des Quatsch-Fernsehens für dieses Jahr läuft:
Heilpraktiker arbeiten also Galileo (Pro Sieben) zufolge nach einer dreijährigen Ausbildung ähnlich wie die Ärzte, nach einer gescheiten Diagnostik folgt in der Regel auch eine sensationell gute Therapie, und eine Säule des Gesundheitssystems ist die Laienzunft auch noch.
Da kräuseln sich sämtliche Chakren – aber dankenswerterweise hat uns diesmal der Humanistische Pressedienst die Kommentierung abgenommen:
Das Maß an Naivität, Inkompetenz oder wenig subtiler Werblichkeit – was auch immer der Beweggrund gewesen sein mag –, welches mit „Hokuspokus oder alternative Medizin? Wir checken Globuli & Selbstheilungskräfte“ an den Tag gelegt wird, ist erschreckend.
Zum Weiterlesen:
- Galileo-Beitrag krankt: Zuckertherapie oder Milgram-Experiment? hpd am 31. Januar 2023
- Ein „Bund“ zwischen Ärzten und Heilpraktikern? Das freut nur die Pseudomediziner
2. Februar 2023 um 00:10
Ab Minute 11.30:
Es scheint auch eine alternative Methode zu geben, seine FFP2 ins Gesicht zu hängen, um möglichst viel ungefilterte Naturluft komplementär zur schulmedizinisch behandelten Luft ein- und auszupfeifen… :- )
Das Gelabere von „…in Zukunft kein Gegensatz mehr aus klassischer Medizin und Alternativmedizin… das Beste aus beiden Welten“ hört man in Radio/ TV unverändert seit Jahrzehnten, ohne je den Eindruck zu bekommen, dass die „Alternative“ sich irgendwie vorwärts bewegt hätte.
2. Februar 2023 um 07:28
Die SZ hat schon vor 10 Jahren zusammengefasst, was von „Galileo“ zu halten ist. An der Einschätzung hat sich nichts geändert.
Objektiv betrachtet, ist es nicht die Aufgabe von ProSieben, eine Wissenssendung zu produzieren, die nur eine kleine Zielgruppe hätte. Denn das Privatfernsehen unterliegt keinem Programmauftrag. Die Anbieter sind an die Werbeindustrie gebunden und müssen deshalb versuchen, möglichst hohe Einschaltquoten zu erzielen. Am einfachsten funktioniert das über ein stark unterhaltungsorientiertes Programm, weniger über trocken wissenschaftliche und andere Nischenthemen.
[…]
Man kann „Galileo“ als Humbug abtun oder sich mit Halbwissen unterhalten lassen. Fakt ist, dass das Format eher ein Infotainment-Magazin ist als eine Wissenssendung – doch damit erfüllt es seinen Auftrag: starke Quote, Erfolg bei jungen Menschen.
[…]
Am Ende des „Galileo“-Beitrags über Kolumbien wird über den dortigen Nationalsport „Tejo“ berichtet, bei dem versucht wird, mit einer Metallscheibe eine Lehmplatte zu treffen, in die eine mit Schwarzpulver gefüllte Papiertasche eingearbeitet wurde. Der Sprecher sagt, man benötige dafür „viel Bier und die richtige Haltung“. Vermutlich ist das auch das Rezept, die Sendung zu genießen.
https://www.sueddeutsche.de/medien/shitstorm-gegen-prosieben-magazin-zu-viele-patzer-bei-galileo-1.1437327-2
2. Februar 2023 um 09:44
Zum Glück nur 13 Minuten lang.
Das Perfide an diesem Bums ist die vorgeblich „kritische“ Attitüde – es wird eine zweifelnde Frage gestellt, die dann aber nur eine Stichwortgabe für beliebige unhinterfragte Schwurbeleien ist: Zweifel unbegründet, Kritik widerlegt, weiter geht’s.
Und natürlich ist Naturheilkunde der stillschweigende Oberbegriff für jeglichen Unfug von Osteopathie bis Irisdiagnostik.
Immerhin kam trotz des Titels keine Homöopathie im Beitrag vor. Aber dadurch halt irgendwie doch unter den Schirm der Naturheilkunde. Perfide, ich sags ja.
Lieblingszitat: „Natürlich ist die Wissenschaft auch meine Basis, aber auf der anderen Seite…“ – ja ne, is klar.
2. Februar 2023 um 11:11
Wie es RPGNo1 zitierte: „Galileo“ will Quote. Ob es stimmt, was da verbreitet wird, ist eher Nebensache. Das ist die Definition von Bullshit. Und mehr ist „Galileo“ auch nicht: Eine Bullshit-Schleuder.
2. Februar 2023 um 18:46
Musste allerdings in den letzten Jahren feststellen, dass auch ARTE öfter mal Schwurbelmedizin raushaut. Ich schau da nicht recht viel, aber musste durchaus öfter schon ordentlich schlucken, um den Kloß aus’m Hals zu kriegen…!
3. Februar 2023 um 07:56
@Helena Zarrabi
Die Verbindung von arte und Schwurbel wurde schon des Öfteren im Blog thematisiert. Bei denen wechseln sich gute Dokumentationen mit Machwerken ab, über die man nur den Kopf schütteln kann. Das ist wohl dem Anspruch des Senders nach (falsch verstandener) Ausgewogenheit geschuldet.
3. Februar 2023 um 11:23
@Helene Zarrabi
ARTE ist notorisch wissenschaftsblind (mit ganz gelegentlicher vorübergehender Rückkehr der Sehkraft), nicht erst in den letzten Jahren. Kurz nachdem der Sender seinen Betrieb aufnahm, ging es schon los, mit einem unsäglichen Beitrag über das „Wassergedächtnis“. Seitdem gabs immer wieder schwere bis schwerste Ausrutscher.
ARTE ist z.B. verantwortlich für die sogenannte Aluminiumangst, weil sie dem „Wissenschaftsjournalisten“ Bert Ehgartner seinerzeit eine Plattform für seine „Dokumentation“ namens „Die Akte Aluminium“ gab – und das auch noch mehrfach ausstrahlte.
Die letzte Meisterleistung war „Impfen – die ganze Geschichte“, die man sich fröhlich von der Tochter eines in Frankreich einschlägig bekannten Impfgegners produzieren ließ:
https://www.eingeimpft.de/deja-vu-impfen-die-ganze-geschichte-bei-arte/
Ich habe schon immer geargwöhnt, dass „Galileo“ von ARTE im Hintergrund produziert wird …
3. Februar 2023 um 12:16
@RPGNo1:
Dafür gibt es außer der falschen Balance auch andere Erklärungen. Ein möglicher Grund für diese Gell-Mann Amnesia effect sein.
könnte der3. Februar 2023 um 18:12
Investigative Recherchen des ÖRR sehen das glücklicherweise anders.
tagesschau.de: Psychotherapie bei Heilpraktikern „Eine Anmaßung von Kompetenzen“
Bei Psychotherapien von Heilpraktikern gibt es Qualitätsdefizite und dubiose Behandlungsmethoden, das zeigen Recherchen des SWR. Dabei versprechen deren Berufsverbände, sie stünden für Qualität und entlasteten das Gesundheitssystem.
https://www.tagesschau.de/investigativ/swr/vollbild-heilpraktiker-101.html
4. Februar 2023 um 16:23
Im DLF Sprechstunde kann man beobachten wie ein Vertreter der TCM, der irgendwie mit der Carstens-Stiftung verbandelt ist – sich wachsweich den eher soften Nachfragen des Moderators entzieht.
Der DLF bietet unter dem Strich eine Art Werbesendung. Es wird nicht wirklich nachgefragt, sondern eher die Gelegenheit geboten, Kritik zu vermeintlich entkräften.
5. Februar 2023 um 10:29
Das Heilpraktikertum ist eine Möglichkeit für komplett Ahnungslose den großen Arzt zu spielen, ohne dass zuvor irgendein verwertbares Wissen angeeignet wurde. Es ist eine Bühne der Selbstdarstellung.
Ich halte mir zugute, diese Tatsache im wirklichen Leben immer auch direkt mit Betroffenen direkt und unmissverständlich anzusprechen.
Das gefährlichste Feld ist u.U. die heilpraktische Psychotherapie. Wohlgemerkt, die studierte Psychologin mit Master darf nicht therapeutisch tätig werden, der Hobbyheiler schon.
Ein Skandal.