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Geschichte des Misstrauens: Ein Historiker über Impfgegner

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Interessantes Interview im brand eins-Magazin (10/2016):

Der Historiker Malte Thießen spricht über die Geschichte des Impfens und erklärt aus einer historischen Perspektive heraus, warum er eine Impfpflicht kritisch sieht.

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Ein Auszug:

brand eins: Wir sind also nicht weitergekommen?

 Thießen: Die Impfpflicht hat im 19. und 20. Jahrhundert die Pocken ohne Zweifel weltweit erfolgreich bekämpft. Und sie gleichzeitig hierzulande aus den Köpfen der Menschen verdrängt. Das Risiko einer Ansteckung wurde abstrakt. Sollen sich doch die anderen impfen lassen, das reicht.

Wenn Impfprogramme wirken, führen sie immer zu Impfmüdigkeit und drohen Opfer ihres eigenen Erfolgs zu werden. Dass man sich selbst oder seine Kinder nie nur aus egoistischen Motiven impfen lässt, sondern auch aus Schutz für alle anderen, ist für die Impfkritiker damals wie heute ein Gedanke, der ihnen zwar einleuchten mag, den sie aber nur unzureichend befolgen.“

 Woran liegt das?

Auch wenn es einem nicht behagen mag: Menschen sind offenbar nur begrenzt solidarisch.

Die Pocken etwa sind seit 1979 ausgerottet, was ohne jeden Zweifel der größte Erfolg der Impfgeschichte ist. Die Impfkritiker heute könnten, würden sie zurückblicken, eigentlich nicht umhinkommen, das anzuerkennen und zu verstehen, dass dies auch für andere Infektionskrankheiten wie etwa die Masern möglich sein müsste.

Impfskeptiker heute sind sogar gegenüber denen von früher in der privilegierten Lage, auf die Fortschritte der Wissenschaften in den vergangenen 200 Jahren zurückblicken zu können. Zudem verfügen die Menschen über einen ungleich größeren Zugang zu viel mehr Wissen als früher.

Sie müssten also eigentlich eher vom Sinn von Impfungen zu überzeugen sein und sich freiwillig impfen lassen.“

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Vielleicht hilft doch nur Zwang?

 Aus der Geschichte lässt sich ersehen, dass die Immunisierungs-Quoten, die mit Androhung von Zwang zustande kamen, wie bei der Pocken-Schutzimpfung, erstaunlich häufig unter den Quoten von freiwilligen Impfungen lagen, wie etwa gegen Diphtherie während der Nazi-Zeit […]“

Das spricht gegen eine Impfpflicht.

Auf jeden Fall gehört diese Tatsache in eine sachliche Debatte.

Diese geschichtliche Erkenntnis ist zudem für Politiker nützlich. Sie sehen, dass Menschen noch nie durch Zwang überzeugt werden konnten […]“

Zum Weiterlesen:

  • „Zwang bringt nichts“, brand eins 10/2016
  • Neue Studie: Impfpflicht möglicherweise kontraproduktiv, GWUP-Blog am 26. August 2015
  • Aliana und die Impfpflicht, GWUP-Blog am 12. November 2014
  • Impfpflicht – pro und contra, Gesundheits-Check am 26. Februar 2015
  • Schluss mit schwachsinnigen Argumenten: Warum Impfen endlich Pflicht werden sollte, Focus-Online am 2. September 2016
  • Impfen: „Verantwortungsvolle Elternschaft bedeutet manchmal auch, gegen das eigene Bauchgefühl zu handeln“, GWUP-Blog am 1. Oktober 2016
  • Measles? Whose Measles? Psiram am 1. Oktober 2016

16 Kommentare

  1. Mhm. Die Anschnallpflicht bei Autos und die Helmpflicht bei motorisierten Zweirädern widerlegen die angenommene Wirkungslosigkeit solcher staatlichen Zwangsmaßnahmen.

  2. Oben: „…Sie sehen, dass Menschen nie durch Zwang überzeugt werden können…“ Was sind unsere bürgerlichen Gesetze anderes als eine Art Zwang ,sich an gesellschaftliche und menschliche Umgangsnormen zu halten ? Damit eine Gesellschaft überhaupt funktioniert, muss ein solcher „Zwang“ angewendet werden! Impfpflicht dient dem Wohl der Allgemeinheit, da sie Seuchen und Krankheiten verhindert. Wer das nicht begreift, muss entsprechend zur Rechenschaft gezogen werden(Strafe)!

  3. Wie so vieles, ist das mit der Impfpflicht ein Problem des Grenznutzens. Anders gesagt, einer Abwägung zwischen unzumutbarem (und oft unzulässigem) Paternalismus des Staates und dem Allgemeininteresse.

    Ich tue mich auch immer sehr schwer mit Pflichten, Vorschriften und Strafbewehrungen, obwohl ich persönlich nicht vor klaren Worten zurückschrecke. Aber wenn die Grenze des Herdenschutzes allzu nah zu rücken droht, rechtfertigt dies auch unter einem liberalen Staats- und Gemeinschaftsverständnis eine Impfpflicht im Rahmen des wirklich Erforderlichen.

    Schon heute sichert der Staat -bei freiwilligen Impfungen!- die Restrisiken ab, aus wohlverstandendem Interesse der Volksgesundheit. Das ist eine Vorstufe der Impfpflicht, sozusagen eine Impfgarantie.

    Vieles an der historischen Betrachtung ist richtig, vieles aber auch etwas schief.

    Man bedenke, dass zu den frühen Zeiten der Impfpflicht die Zugriffsmöglichkeiten auf den Bürger, die wir heute haben (Einwohnermeldeämter, Gesundheitsbehörden) noch gar nicht gegeben waren. Daher waren damals auch bei der Impfpflicht die Quoten nicht bei 100 Prozent.

    Man bedenke zudem, dass der Optimismus, es werde aufgrund der vielen Informationsmöglichkeiten heutzutage zu ausreichender Einsicht kommen, nach allen Erfahrungen der Gegenwart unangebrachter Optimismus ist. Vielmehr werden die heutigen Kommunikations- und Informationsmöglichkeiten dazu genutzt, in Filterblasen heimisch zu werden, in denen man sich gegenseitig der Richtgkeit seiner Ansichten und der Bösartigkeit der Impfmafia versichert.

    Nie hatten wir eine derart „organisierte“ Impfgegnerszene. Die bekehrt sich nicht von selbst, im Gegenteil.

  4. hat der „historiker“ schon mal daran gedacht, daß der impfzwang „nicht“ den zweck hat einen fanatiker zu überzeugen ?
    sondern seine kinder zu impfen !

  5. Vielleicht urteile ich jetzt etwas hart, aber die bisherigen Kommentare illustrieren m.E. wie beim Thema Impfen auch bei manchen Skeptikern mitunter das kritische Denken aussetzt.

    Die Forderung nach einer Impfpflicht ist für mich eine intellektuelle Kapitulation. Wenn Sie aus dem Umfeld einer Organisation kommt, die sich Wissenschaft und kritischem Denken verschrieben hat, dann irritiert das mich deutlich mehr als entsprechende Forderungen etwa von Gesundheitspolitikern.
    Mit einer solchen intellektuellen Kapitulation liefern wir den Impfgegnern das beste Argument frei Haus: Zwangsmaßnahmen führen nicht zu Ver-, sondern zu Misstrauen!

    @ Nele: Der Vergleich zur Gurtpflicht ist gleich aus vielen Gründen ziemlich unpassend: 1) die aktive Teilnahme am Straßenverkehr ist freiwillig; 2) die Gurtpflicht wird kaum kontrolliert, u.a. deswegen, weil sich (in Deutschland) so gut wie jeder daran hält; 3) die Entscheidung letztendlich bloß das eigene Wohl bzw. die eigenen Risiken beeinflusst.

    @ Udo: Impfgarantie? Garantie habe ich auf einen neu gekauften Fernseher. Bei Impfungen hat man erstens keine Garantie, dass sie funktionieren (wenn ich mich recht an einige Cochrane-Reviews erinnere: Masern ~ 95%, Grippe 50-75%) und zweitens bekommt man bei anerkanntem Schaden eine finanzielle Kompensation, nicht seine Gesundheit zurück.
    Wenn für die Durchsetzung einer Impfpflicht die Methoden eines Polizeistaates notwendig sind (totalitäre Überwachungssysteme sind übrigens keine Frage moderner Technik, sondern von Skrupellosigkeit), dann stellt sich die Frage, ob es das Wert oder der Preis zu hoch ist.

    Eine zentrale Frage ist natürlich, ob eine Impfpflicht überhaupt „funktioniert“. Es braucht nicht viel Phantasie um sich auszumalen, wie die Gegner sich bei Ärzten ihres Vertrauens Impfpässe fälschen oder Unverträglichkeiten attestieren lassen.

    Ein Vergleich meinerseits, den der eine oder andere vielleicht auch sehr unpassend finden mag… Was haben Verbote im Kampf gegen Drogenkonsum gebracht? Entscheidend ist nicht das Angebot, sondern die Nachfrage.

    PS: Auch wenn ich selbst jetzt nicht differenziert habe, sollte eigentlich klar gemacht werden, um welche Impfungen es eigentlich geht.

  6. @ P. Leick:

    „Mit einer solchen intellektuellen Kapitulation liefern wir den Impfgegnern das beste Argument frei Haus: Zwangsmaßnahmen führen nicht zu Ver-, sondern zu Misstrauen!“

    Bei echten Impfgegnern ist Vertrauen ein frommer Wunsch. Wie willst Du die denn anderweitig von der Notwendigkeit der Durchimpfung der Bevölkerung überzeugen?

    „Impfgarantie? Garantie habe ich auf einen neu gekauften Fernseher. Bei Impfungen hat man erstens keine Garantie, dass sie funktionieren“

    Strohmann, darum geht es nicht bei der „Impfgarantie“.

    „zweitens bekommt man bei anerkanntem Schaden eine finanzielle Kompensation, nicht seine Gesundheit zurück.“

    Das ist wahr, aber echte Impfschäden sind selten (es werden viel mehr Fälle als Impfschaden anerkannt, als tatsächliche Impfschäden entstehen). Sie wurden stets in Kauf genommen (auch wenn dies für die Betroffenen zynisch klingen mag), um der breiten Masse zu helfen. Sowas nennt man „Solidarität“.

    „Wenn für die Durchsetzung einer Impfpflicht die Methoden eines Polizeistaates notwendig sind (totalitäre Überwachungssysteme sind übrigens keine Frage moderner Technik, sondern von Skrupellosigkeit)“

    Huh, ’ne Nummer kleiner hast Du es wohl nicht?

    „dann stellt sich die Frage, ob es das Wert oder der Preis zu hoch ist.“

    Das ist es definitiv wert. Wir könnten in wenigen Jahren in einer Welt leben, in der Masern Geschichte sind und die entsprechenden Impfungen unnötig. Siehe die Erfolgsgeschichte der Pocken-Impfung. Aber Kleingeister wie Du werden das wohl nie kapieren.

    „Eine zentrale Frage ist natürlich, ob eine Impfpflicht überhaupt “funktioniert”.“

    Tut sie. Hat man doch in Amerika gesehen, oder?

    „Es braucht nicht viel Phantasie um sich auszumalen, wie die Gegner sich bei Ärzten ihres Vertrauens Impfpässe fälschen oder Unverträglichkeiten attestieren lassen.“

    Wenn die Regeln für die Impfpflicht klar und die Strafen für Ärzte, die diese unterlaufen klar genug sind, wird das schon sehr gut funktionieren. Im Gegenteil: damit würden die Ärzte, die heimlich Impfgegner unterstützen (trotz allem, was sie in ihrer Ausbildung zu diesem Thema gelernt haben), sehr schnell demaskiert.

    „Ein Vergleich meinerseits, den der eine oder andere vielleicht auch sehr unpassend finden mag… Was haben Verbote im Kampf gegen Drogenkonsum gebracht? Entscheidend ist nicht das Angebot, sondern die Nachfrage.“

    Das ist – mit Verlaub – ein beschissener Vergleich. Du vergleichst nicht einmal Äpfel mit Birnen, sondern sogar Äpfel mit der Fotografie einer Mohrrübe.

    „PS: Auch wenn ich selbst jetzt nicht differenziert habe, sollte eigentlich klar gemacht werden, um welche Impfungen es eigentlich geht.“

    Nö, da tappe ich, ehrlich gesagt, weiterhin im Dunkeln. Aber schön, wie Du Deine IG-freundliche Haltung hier publik gemacht hast. Werde ich mir merken.

  7. @ Martin:

    „Was sind unsere bürgerlichen Gesetze anderes als eine Art Zwang ,sich an gesellschaftliche und menschliche Umgangsnormen zu halten ?“

    Im zweiten Teil Ihres Satzes kommen zurecht die „Umgangsnormen“ vor. Gesetze können sich nicht allein auf Zwang stützen, sie brauchen eine grundsätzliche Akzeptanz in der Mehrheit der Bevölkerung. Umgekehrt soll man aber auch nicht alles, was gesellschaftliche Norm ist, in Gesetzesform gießen und so als „Zwang“ an die Leute herantragen, sondern das Für und Wider abwägen. Das ist auch bei der Impfpflicht so.

    @ Udo Endruscheit:

    „Man bedenke, dass zu den frühen Zeiten der Impfpflicht die Zugriffsmöglichkeiten auf den Bürger, die wir heute haben (Einwohnermeldeämter, Gesundheitsbehörden) noch gar nicht gegeben waren.“

    Zu den früheren Zeiten nicht, aber natürlich zu den Zeiten, in denen die Pocken in Deutschland erfolgreich ausgerottet wurden, also in der Bundesrepublik.

    @ diabetiker:

    „daß der impfzwang “nicht” den zweck hat einen fanatiker zu überzeugen ? sondern seine kinder zu impfen !“

    Impflücken bei der Masernimpfung im Kindesalter betreffen vor allem die rechtzeitige zweite Masernimpfung nach STIKO-Impfkalender. Im Einschulungsalter haben die Impfquoten die 95%-Marke für die erste Masernimpfung inzwischen erreicht. Mit anderen Worten: So viele Impfgegner gibt es unter den Eltern gar nicht. Zudem müssen Eltern künftig, bevor die Kinder in eine Kindertagesstätte kommen, immerhin den Nachweis einer den STIKO-Empfehlungen entsprechenden Impfberatung vorlegen.

    Es gibt aber gravierende Impflücken z.B. bei den nach 1970 geborenen Erwachsenen.

  8. Ich denke auch, bei der Erwägung einer Impfpflicht steht eher eine Zielgruppe im Vordergrund, die sagt: „ach, wenn es mir frei steht, dann behalte ich lieber meinen angeborenen Status und lasse mir nichts injizieren. Wird schon nichts passieren.“

    Während die gleichen Personen bei einer Pflicht in meiner Vermutung sagen: „oha, das mit dem Impfen ist sehr wichtig, schliesslich stellt man das Nichtbefolgen unter Strafe.“

    My 2 cents.

  9. @ noch’n flo: ich bin kein Impfgegner (wo habe ich das geschrieben??), nur von einer Impfpflicht halte ich wenig.

    Meinen letzten Satz hätte ich klarer formulieren sollen. Es ging darum, dass eigentlich immer gesagt werden sollte, um welche Krankheit bzw. Impfung es geht.

    Ansonsten finde ich meinen Vergleich gar nicht so unpassend. Die Frage ist doch, ob man bestimmtes Verhalten durch Ge- und Verbote erreichen möchte, oder eher durch gute Information und Anreize.

    Klar sind Hardcore-Impfgegner immun gegen Argumente. Um die geht es auch nicht mehr. Sehr wohl aber um diejenigen, die dorthin abzurutschen drohen.

  10. Naja, etwas begehrtes zu verbieten ist was ganz anderes als etwas insgesamt mehr oder weniger akzeptiertes durchzusetzen. Das ist so wie dem Beweis der Existenz bzw Nichtexistenz. Klingt ähnlich aber: das eine ist machtbar, das andere nicht.

  11. @ Philippe Leick:

    Okay, da muss ich Dich dann wohl missverstanden haben, sorry!

    „Klar sind Hardcore-Impfgegner immun gegen Argumente. Um die geht es auch nicht mehr. Sehr wohl aber um diejenigen, die dorthin abzurutschen drohen.“

    Aber am Ende reduziert sich diese Differenzierung zwischen Hardcore-IG, IG, Beinahe-IG, Radio-Eriwan-IG und Unentschlossenen doch immer auf die entscheidende Frage: Impfen se oder impfen se nicht? Und wenn dann die Antwort – trotz aller Bemühungen – „nein“ lautet und daraus Durchimpfungsquoten von gerade mal 70-80% resultieren: was bleibt dann langfristig noch ausser der Impfpflicht? Irgendwie und -wann muss der Staat doch auch mal seine Schwächsten schützen.

  12. @ noch’n Flo:

    „trotz aller Bemühungen“

    So weit her ist es mit den Bemühungen ja nicht, siehe z.B. den Kommentar des STIKO-Vorsitzenden Jan Leidel zum Thema Impfpflicht im letzten Jahr.
    Zwar gab es bei den von ihm genannten Hausaufgaben inzwischen durchaus Fortschritte, aber es wäre noch einiges zu tun, bevor man zur Impfpflicht als ultima ratio greift – die im übrigen auch nicht allein dadurch schon Wirksamkeit entfaltet, dass man etwas in ein Gesetz schreibt. Auch eine effektive Impfpflicht ist nicht zum Nulltarif zu haben.

  13. @ Philippe Leick:

    > „Meinen letzten Satz hätte ich klarer formulieren
    > sollen. Es ging darum, dass eigentlich immer
    > gesagt werden sollte, um welche Krankheit
    > bzw. Impfung es geht.

    Stimmt, sonst wird es nie gesagt. Bei einer Impfung gegen die Tetanus-Toxine erzählen die Ärzte immer, es sei ein Leber-Hefe-Extrakt nach Dr. Theo Morell. Bei einer Impfung gegen Masern reden sie was von Akupunktur. Bei Polio hieß es sowieso immer nur „Na sdarowje!“ und bei Pocken wurde halt ein bisschen Postamt gespielt, mit Stempel und so.

    Furchtbar, was uns alles verschwugen, verschwogen, verschwägert, verschwurbelt bleibt. Schlimm!!1!1!

  14. Eine sehr bedenkenswerte Diskussion, auch und gerade mit den Argumenten von Philippe Leick.

    Letzten Endes mag man philosophische Erwägungen auch ins Feld führen und sie durchaus auch für richtig halten. Ich habe in meinem ersten Post ja auch meine Bauchschmerzen hinsichtlich einer Impfpflicht deutlich gemacht und deren Nutzen und Grenzen angesprochen.

    Aber:
    Wenn es um das Gemeinwesen geht, ist das Ganze eine politische Entscheidung, die auch die Politik zu treffen hat, auf demokratische Art und Weise. Ich reagiere schon auf Andeutungen von Paternalismus im staatlichen Handeln in der Regel sehr allergisch.

    Gleichwohl kann der Staat aber nicht einfach zusehen, wie große Teile des Gemeinwesens gefährdet werden, wenn sich die Durchimpfungsraten kritischen Grenzen nähern oder sie gar schon überschreiten. Das wäre ein Verstoß gegen das hohe Grundrechtsgut der körperlichen Unversehrtheit, die der Staat primär zu schützen hat – wenn er es kann und die Möglichkeit dazu besteht.

    Und genau diese Konstellation ist zumindest bei den von der StIKo enmpfohlenen Impfungen gegeben.

    Worin sonst als in solchen Entscheidungen sollte Gesundheitspolitik bestehen?

    Ich hätte da ein paar paternalistische Regelungen, die ich im Gegenzug dafür sehr gern eintauschen würde. Zum Beispiel des unsägliche Sterbehilfeverhinderungsgesetz, das nicht durch Ge-, sondern durch Verbote paternalistisch bis in die Haarspitzen ist.

    (Sorry für die OT-Abschweifung, aber das passte so schön.)

  15. @ Udo Endruscheit:

    „wie große Teile des Gemeinwesens gefährdet werden“

    Naja, „große Teile des Gemeinwesens“ stehen da wohl nicht auf dem Spiel. Um die geht es eher in der Sozial- und Wirtschaftspolitik.

    „wenn sich die Durchimpfungsraten kritischen Grenzen nähern oder sie gar schon überschreiten“

    Das klingt so, als ob die Impfraten immer schlechtet würden. Das ist nicht der Fall.

    „Das wäre ein Verstoß gegen das hohe Grundrechtsgut der körperlichen Unversehrtheit, die der Staat primär zu schützen hat – wenn er es kann und die Möglichkeit dazu besteht.“

    Auch eine Impfung ist erst einmal ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit. Der Staat sollte zunächst im Vorfeld einer Impfpflicht mehr machen, z.B. was Angebote des Öffentlichen Gesundheitsdienstes in Kitas und Schulen usw. angeht.

    „Und genau diese Konstellation ist zumindest bei den von der StIKo enmpfohlenen Impfungen gegeben.“

    Bei den meisten dieser Impfungen steht eine Impfpflicht nicht zur Disposition. Ernsthaft diskutiert wird sie eigentlich nur bei den Masern.

  16. also ich komme gerade aus dem masernfreien (seit ca 12 Jahren!) Peru zurück. Ich wurde informiert, dass es ohne Impfkarte keinen Kindergartenzugang gibt.

    Im übrigen wurde am 27.9.2016 Gesamtamerika für frei von Masern erklärt

    http://www.paho.org/hq/index.php?option=com_content&view=article&id=12526&Itemid=40721&lang=en

    die haben Gesamtamerika 1974 für Pockenfrei, dann 2002 für Poliofrei 2015 für frei von Röteln und Rötelnembryopathie erklärt- und jetzt frei von Masern. Masern ist also die 5te impfpräventable Krankheit die in Gesamtamerika eliminiert wurde.

    Was können die Peruaner (die Canadier, die USA, die Argentinier, die Mexikaner etc pp) was wir nicht zusammenbringen?

    Keine Impfungen- kein Kindergarten- eigentlich ganz einfach.
    Im übrigen gibts ja eine Fürsorgepflicht für Eltern für ihre Kinder – das ist zwar nicht näher spezifiziert- aber es gibt auch keinen staatlichen Zwang sein Kind zu ernähren – macht aber jeder – sollte bei Impfungen (und generell bei Medizin nach state of art) auch so sein.

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