Zombies sind heute schwer angesagt – im originären wie im übertragenen Sinne.
Focus berichtet über die „Zombies“ der Finanzwelt – nämlich Problembanken:
Sie sind stets pleitegefährdet, müssen immer wieder vom Staat gestützt werden und könnten trotzdem bei der kleinsten Wirtschaftsflaute umkippen.
Noch schlimmer: Die „Zombies“ selbst können einen Konjunktur-Crash auslösen. Weil sie kein Geld mehr haben, um der echten Wirtschaft Kredite zu geben. Und weil sie im Falle ihres Kollapses andere Finanzinstitute – und wohl auch weite Teile der realen Ökonomie – mit sich reißen würden.“
In der Welt geht es dagegen um einen vermeintlich echten Zombie.
Die kuriose Geschichte rankt sich um einen Hochstapler, der von sich behauptet hatte, Khulekani Kwakhe „Mgqumeni“ Khumalo zu sein.
Kleines Problem: Dieser sehr populäre südafrikanische Musiker ist schon lange tot:
Vor zehn Tagen aber meldete sich ein junger Mann bei Khumalos Familie. Er sei der Sänger, in dem Grab liege ein Fremder. Seine Ehefrau glaubte ihn zu erkennen, einige Verwandte ebenfalls, obwohl Khumalo anders als dieser Mann weder tiefe Narben im Gesicht noch Goldkronen auf den Zähnen hatte.
„Er ist es wirklich“, sagte seine Großmutter Zintombi Mseleku mit Tränen in den Augen, „er schaut ein bisschen mitgenommen aus, und seine Wangen sind etwas eingefallen, aber er ist es.“
Auch eine Tochter sagte gegenüber Journalisten, ihr Vater habe sie sofort erkannt und beim Namen genannt.“
Gut, von einer „Zombifizierung“ war zwar keine Rede (der Mann gab lediglich vor, in Johannesburg eingesperrt gewesen zu sein) – nichtsdestotrotz titelte das deutsche Magazin:
Der große Zombie-Bluff um einen Zulu-Superstar.“
Ausländische Medien kamen auf dieselbe Idee:
South African man escapes zombies but not police.“
Nun ja.
Klar, der Typ war bloß ein habgieriger Betrüger.
Und außerdem sollte sich doch mittlerweile herumgesprochen haben, dass das „faszinierende Phänomen der Untoten“, die mit einem geheimnisvollen Gift-Pulver „zombifiziert werden, ein lupenreiner Mythos ist (auch wenn Wunderwelt Wissen noch im vergangenen Jahr einen ernsthaften Artikel darüber brachte).
Natürlich hat das schon mal im Skeptiker gestanden.
Aber auch im Laborjournal kann man einen launigen Beitrag dazu lesen.
Einige Auszüge:
Auf Haiti grassiert der Glaube, daß Voodoo-Priester, sogenannte Bokors, Menschen mit Hilfe eines Pulvers in einen totenähnlichen Zustand versetzen, die Betäubten begraben, kurz vor ihrem endgültigen Ableben wieder ausgraben, ihnen eine zweite Mixtur einflößen und sie dann als willenlose Sklaven in die Zuckerplantagen verkaufen.
Dieser Glaube ist auf Haiti zwar weit verbreitet, es ist aber lange niemandem gelungen, die Existenz eines Zombies nachzuweisen. Zahllose Haitianer kennen jemanden, der einen Zombie kennt, aber kein Haitianer hat je selber einen gesehen. Ein fataler Zustand. Noch unklarer war, wie Zombies hergestellt werden. Die Zombie-Forschungen war gewissermaßen selber zombisiert. […]
Das sollte sich, wie oft in der Forschung, durch einen Doktoranden ändern. Der Doktorand hieß Wade Davis, ein Ethnobotaniker der Harvard Universität. Seinem Doktorvater, Nathan Kline, war es zuvor – in 30 Jahren Feldforschung auf Haiti – gelungen einen Zombie aufzuspüren, beziehungsweise jemanden, den er dafür hielt. Es handelte sich um einen gewissen Clairvius Narcisse.
Dessen Tod sei 1962 im Albert Schweitzer Hospital von Port au Prince medizinisch festgestellt und die Leiche begraben worden. Dennoch sei Narcisse 1980 wieder aufgetaucht. Narcisse behauptete, zu einem Zombie gemacht worden zu sein, es sei ihm aber gelungen aus der Sklaverei zu entkommen. Kline glaubte ihm das. Schwer nachzuvollziehen, angesichts der bestimmt nicht preußischen Zustände im Albert Schweitzer Hospital.
Aber lachen Sie nicht: Suchen Sie mal 30 Jahre lang nach einem Phantom. Dann klammern Sie sich auch an jeden Strohhalm.
Kline jedenfalls, bestätigt in seinem Zombie-Glauben, überredete den Doktoranden Davis, nach Haiti zu fliegen und sich Proben des geheimnisvollen Zombie-Pulvers zu verschaffen. Also jenes Pulvers, das vor dem Begrabenwerden verabreicht wird und eine totengleiche Lähmung auslöst.
Davis tat dies. Es gelang ihm, mit Voodoo-Priestern Freundschaft zu schließen und zu beobachten, daß das Pulver aus menschlichen Leichenteilen, giftigen Kröten und Teilen des Pufferfisches hergestellt wurde. Davis brachte acht Proben mit. […]
Davis hielt Tetrodotoxin für jenen Bestandteil des Zombie-Pulvers, der die totengleiche Starre der Opfer auslöst. Nebenbei: Bei der Mixtur, die nach dem Ausgraben eingeflößt wird, soll es sich um einen Hyoscyamin- und Scopolamin-haltigen Extrakt aus Stechapfel (Datura) handeln.
Da Davis von Analytik nichts verstand, gab er 1982 Proben der Voodoo-Pulver an den Pathologen Leo Roizin, einem Freund von Kline. Was bei dieser Untersuchung herauskam ist unklar. Davis behauptete in einem 1983 erschienenen Paper, dass das Pulver in Ratten und Affen eine Paralyse ausgelöst hätte.
Daten zeigte er keine. Roizin, der die Experimente gemacht hatte, wollte die Behauptung von Davis nicht kommentieren. Er wiederholte das Experiment nicht, er publizierte es nicht und lehnte danach jeden Kontakt mit Davis ab. Später äußerte Roizin den Verdacht, dass die Proben „präpariert“ worden seien.
1984 ließ Davis den Test von John Hartung vom Downstate Medical Center in Brooklyn wiederholen. Hartung setzte Ratten als Versuchstiere ein. Das Ergebnis: Die Voodoo-Pulver haben keinerlei Wirkung.
Diesen zweiten Test verschwieg Davis in seiner 1986 erschienenen Dissertation, nicht aber den ersten angeblich erfolgreichen von Roizin. Es ist möglich, daß der häufige Umgang mit dem Pulver bei Davis eine gewisse Vergeßlichkeit induziert hat. Zombies sollen sich ja ganz schlecht erinnern können.“
Zum Weiterlesen:
- Die Zombies, Laborjournal 10/2005
- Voodoo, Zombies und Magie, Hoaxilla-Podcast Nr. 26
- Bernd Harder: Sie sind mitten unter uns – Die Wahrheit über Vampire, Zombies und Werwölfe. Herder-Verlag 2012
15. Juli 2012 um 11:50
http://www.vice.com/de/hamiltons-pharmacopeia/nzambi-episode-1