Fortsetzung von Teil I und II und III.
Warum falsche Therapien zu wirken scheinen” legte der kanadische Psychologe Barry L. Beyerstein in zehn Punkten im Skeptical Inquirer dar (September/Oktober 1997).
Eine Übersetzung (von Jan Schedel) findet sich in “Heilungsversprechen” (Alibri-Verlag).
Einige Auszüge:
7. Viele Konsumenten alternativer Therapien gehen auf Nummer sicher.
Anstatt sich in erster Linie um die zu kümmern, die ideologisch festgelegt sind oder denen gesagt worden ist, dass die konventionelle Medizin nichts mehr für sie tun kann, haben die „Alternativmediziner“ begonnen, damit zu werben, dass sie eine konventionelle medizinische Behandlung verbessern können. […]
Wenn eine Besserung auf die Inanspruchnahme einer Kombination aus einer „komplementären“ und einer wissenschaftlich begründeten Behandlung folgt, wird der Außenseitermethode oft ein unangemessen hoher Anteil am Erfolg eingeräumt.
8. Fehldiagnose (durch den Patienten oder einen Arzt).
In unserer Zeit, wo sich die Medien geradezu zwanghaft mit Gesundheit beschäftigen, können viele Menschen veranlasst werden zu denken, sie hätten eine Krankheit, die sie gar nicht haben.
Wenn diese gesunden Leute die merkwürdigerweise nicht willkommene Nachricht von einem herkömmlichen Arzt erhalten, dass sie keine organischen Anzeichen für eine Krankheit aufweisen, werden sie oft von alternativen Ärzten angezogen, die fast immer ein „gestörtes Gleichgewicht“ finden, das behandelt werden muss. […]
Natürlich sind auch wissenschaftlich ausgebildete Ärzte nicht unfehlbar, und eine falsche Diagnose, auf die hin eine Reise zu einer Wallfahrtsstätte oder zu einem alternativen Heiler erfolgt, kann zu einem glühenden Zeugnis über die Heilung einer schweren Krankheit, die nie existiert hat, führen. […]
9. Indirekter Nutzen.
Alternativmediziner sind oft energische, charismatische Persönlichkeiten.
In dem Maße, in dem Patienten durch die messianischen Aspekte der Alternativmedizin mitgerissen werden, kann daraus eine psychologische Aufwertung erfolgen. Wenn ein begeisternder, optimistischer Heiler es fertigbringt, die Stimmung des Patienten zu heben und seine Erwartung positiv zu beeinflussen, kann dies zu einem größeren Einverständnis mit der gleichzeitig durchgeführten herkömmlichen Behandlung und damit zu größerer Wirkung beim Patienten führen. […]
10. Psychologische Verzerrung der Realität.
Realitätsverzerrungen im Dienst von starkem Glauben sind eine verbreitete Erscheinung.
Selbst wenn sie keine objektiven Verbesserungen erfahren, können sich Anhänger der Alternativmedizin, die eine starke psychologische Bindung daran haben, selbst davon überzeugen, dass ihnen geholfen wurde. […] Viele weitere Voreingenommenheiten durch Selbstinteresse tragen dazu bei, die Selbstachtung zu erhalten. […]
Das trügerische Gefühl, dass sich die Symptome verbessert haben, kann auch zurückzuführen sein auf eine Reihe sogenannter versteckter Anforderungen, wie sie in jeder Therapie vorkommen. In allen Gesellschaften gilt das Gesetz der Gegenseitigkeit, eine unausgesprochene Regel, die Menschen verpflichtet, freundlich zu reagieren, wenn ihnen jemand einen guten Dienst erwiesen hat.
Die allermeisten Therapeuten glauben aufrichtig daran, dass sie ihren Patienten helfen, und es ist nur natürlich, dass die Patienten ihnen im Gegenzug eine Freude machen. […]
Zum Weiterlesen:
- Michael Shermer/Lee Traynor (Hrsg.): Heilungsversprechen. Alternativmedizin zwischen Versuch und Irrtum (Skeptisches Jahrbuch III). Alibri-Verlag, Aschaffenburg 2000
- Colin Goldner: Alternative Diagnose- und Therapieverfahren – Eine kritische Bestandsaufnahme. Alibri-Verlag, Aschaffenburg 2008