„Buddeln bis zum Beelzebub“:
einestages widmet sich heute ausführlich der Urban Legend, nach der ein Forscherteam bei einer Tiefbohrung im Norden Russlands auf die Hölle gestoßen sei. Lesenswert.
Eine Kurzfassung der Story hatte ich schon 2005 im „Lexikon der Großstadtmythen“ verbraten. Hier ist sie:
Irgendwo in Sibirien: Ein Geologen-Team aus Norwegen und der Sowjetunion bereitet eine wissenschaftliche Tiefenbohrung vor. Die Forscher ahnen nicht, dass ihnen ein grauenvolles Erlebnis bevorsteht, das ihr ganzes Weltbild ins Wanken bringt.
In etwa 14 Kilometern Tiefe stoppt der Bohrkopf plötzlich seinen Vorstoß in die Erdmassen und dreht sich mit hoher Geschwindigkeit im Leeren. Anscheinend ist er auf einen Hohlraum gestoßen.
Die Gruppe lässt ein hoch empfindliches Mikrophon in die mutmaßliche Höhle herab – da schallen ihnen infernalische Laute entgegen.
„Wir hörten Menschen, die vor Schmerz heulten, die Stimmen von Millionen“, berichtet später der Projektleiter Dr. Azzacov. Messungen ergeben eine Temperatur von über 1000 Grad Celsius in dem Bohrloch. Als die Wissenschaftler den Bohrkopf bergen wollen, schießt eine giftige Gaswolke aus der Erde.
„Ich glaube nicht an Gott und nicht an den Himmel“, wird Dr. Azzacov nach diesen gespenstischen Ereignissen von 1989 in einigen christlichen Magazinen zitiert. „Aber jetzt glaube ich an die Hölle. Wir sind davon überzeugt, dass wir die Decke der Hölle durchbohrt haben.“
Erzählforscher sind dagegen überzeugt, es hier mit einer typischen christlich-evangelikalen Erbauungsgeschichte zu tun zu haben, die nahezu frei erfunden ist.
Zwar berichtete die Wissenschaftszeitschrift Scientific American im Dezember 1984 über eine Tiefenbohrung des russischen Geologen Y.A. Kozlovsky; doch die „Schreie der Verdammten“ und weitere Ausschmückungen tat erst fünf Jahre später das christliche „Trinity Broadcasting Network“ (TBN) in einem phantasievollen Rundfunkbeitrag mit dem Titel „Forscher stoßen auf die Hölle“ dazu.
Ein norwegischer Lehrer, der gerade in Kalifornien Urlaub machte, hörte die Sendung und verbreitete die hanebüchene Story nach seiner Heimkehr auch in Skandinavien. Seither rauscht der „Höllen“-Hoax durch den religiösen Blätterwald, von Christianity Today bis Praise the Lord, und neuerdings durchs Internet (in Deutschland z.B. bei allmystery).
Die amerikanische Jux- und Sensationspostille Weekly World News setzte 1992 noch eins drauf und behauptete, in Alaska seien bei einer Öl-Bohrung 13 Arbeiter getötet worden, als aus der Tiefe eine „grauenhafte Kreatur mit wüster Fratze und Krallen“ aufgetaucht sei.
Wissenschaftler der Technischen Universität (TU) Chemnitz haben derweil – vermutlich eher spaßeshalber – nachgewiesen, dass es in der Hölle keinesfalls 1000 Grad heiß sein kann.
Begründung: „In der Offenbarung, Kapitel 21, Vers 8, liest man: ,Aber die Furchtsamen und Ungläubigen sollen ihren Platz in dem See finden, der von Feuer und Schwefel brennet.’ Ein See aus geschmolzenem Schwefel bedeutet, dass seine Temperatur unterhalb des Siedepunktes liegen muss, der 444,6 Grad Celsius beträgt, denn oberhalb dieser Temperatur wäre der See Dampf und nicht flüssiger See. Wir haben somit die Maximaltemperatur der Hölle mit cirka 445 Grad Celsius bestimmt.“
Zum Weiterlesen:
- Temperaturbestimmung von Himmel und Hölle, hallosaarland.de
- Hölle angebohrt? Diskussion bei allmystery
- Das Geheimnis des Rattenfängers von Hameln, Die Welt am 26. April 2011
26. April 2011 um 13:38
Wollte grad schon darauf hinweisen, aber da war es schon hier.
Wer die Schreie der Verdammten nocht nicht gehört hat, kann das hier nachholen (noch 2009 wurde das als echte Story verkauft): http://katholik.ch/themen-a-z/24-hoelle-satan-daemonen/222-stimmen-aus-der-hoelle.html
26. April 2011 um 16:01
Steht denn in der Bibel auch was zum Luftdruck in der Hölle? Weil, wenn der höher wäre, dann könnte doch Schwefel auch bei mehr als 445°C…
26. April 2011 um 17:57
Der Druck in der Hölle lässt sich berechnen aus dem Volumen derselben und der Anzahl der Seelen, die sich darin befinden.
Siehe http://www.lhup.edu/~dsimanek/hell.htm
Der darin beschriebene Ansatz für den Druck in der Hölle ist jedoch nicht plausibel, weil er so hoch ist, dass der Schwefel eben nicht mehr flüssig, sondern fest ist.
28. April 2011 um 07:27
Diesen Sound kennen wir doch aus den Fussballstadien
28. April 2011 um 21:39
@Matthias
Sachen gibts…kann man denn da überhaupt vernünftig schmoren? Nur damit ich mich drauf einstellen kann.