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Auch schlechter Rath ist teuer

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Für die Hausärztin meiner Mutter selig war der Mann schlicht „ein Heiliger“. Und schwatzte infolgedessen natürlich auch ihr regelmäßig Dr. Raths „Zellvitalstoffe“ auf. Erstaunlich, wie leichtgläubig ausgerechnet Mediziner oft sind.

Und leider auch Familienangehörige von engagierten Skeptikern …

Am ehesten ins Grübeln bringt man Rath-Fans übrigens nicht mit sinnlosen Verweisen auf Studien oder Inhaltsdeklarationen – sondern mit der schlichten Frage, was eigentlich Raths massiger Kopf mit dem weißen Haar auf seinen Plastikdöschen zu suchen hat? Oder kennt jemand ein Kopfwehmittel mit dem zufrieden grinsenden Konterfei des Herstellers drauf?

Gestorben ist meine Mutter übrigens trotz der vielen Wundervitamine, was einigermaßen befremdlich anmutet. Denn nach der Gebrauchslyrik aus den PR-Schreibstuben des vorgeblichen Gesundheitsapostels zu urteilen, sollen die Pillen wohl eine ähnliche Wirkung entfalten wie der Zellaktivator, dem Weltraumheld Perry Rhodan die relative Unsterblichkeit verdankt.

Und doch: „Keine Heilslehre ist so bescheuert, als dass sie nicht haufenweise Anhänger finden könnte“, schreibt der Gynäkologe Dr. Bernd Kleine-Gunk in seinem überaus amüsanten Büchlein „Warum haben Frauen eigentlich Brüste?“

Noch höher dosiert als Raths Vitaminpräparate sei dessen Sendungsbewusstsein. „Alle Volkskrankheiten auf einen Schlag zu heilen, reicht Rath schon lange nicht mehr aus. Jetzt müssen auch noch Institute für den Weltfrieden her.

Dabei ist seine Theorie, wie der Irak-Krieg durch Vitamine hätte verhindert werden können, so hanebüchen, dass man sie selbst auf dieser Seite nicht wiedergeben kann.“

Stimmt. Deshalb versuchen wir das besser erst gar nicht. Auch wenn der Mann sich mittlerweile sogar in Weltkriegs-Phantastereien ergeht.

Und lassen stattdessen jemanden zu Wort kommen, der nach eigenem Bekunden „mehr weiß über Matthias Rath als jeder andere“. Der englische Arzt und Publizist Ben Goldacre brütete nämlich viele Monate lang über „Stapeln von Gerichtsakten voller Querverweise“, weil er von dem selbst ernannten Vitamin-Guerrilero verklagt worden war. Die ganze Geschichte steht in Goldacres Buch: „Die Wissenschaftslüge – Wie Pseudowissenschaftler uns das Leben schwer machen“ zu lesen, das dieser Tage erscheint.

Es geht darin um Raths aberwitzige Initiative, auf dem afrikanischen Kontinent „toxische Aids-Medikamente“ durch eine „Multivitaminbehandlung“ zu ersetzen. Goldacre: „Mit dem Vermögen, das er in Europa und Amerika angehäuft hatte, machte er sich ohne jeden Sinn für Ironie alte Ängste zunutze, obwohl er ein Weißer war, der Pillen feilbot, die in einer Fabrik im Ausland hergestellt worden waren. Seine Werbekampagne war ein durchschlagender Erfolg.“

Unglaublich: „Trotz der extremen Heftigkeit dieses Falls ist nirgendwo auf der Welt auch nur ein einziger Alternativmediziner aufgestanden, um auch nur einen einzigen Aspekt der Aktivitäten von Matthias Rath und Kollegen zu kritisieren.“ Rath himself wiederum ging in gewohnter Manier auf Goldacre und den Guardian los und plärrte etwas von wegen „Verleumdung“.

Am Ende ließ er die Klage fallen – eine halbe Million Pfund an Kosten waren bis dahin bei dem Medizinjournalisten und seiner Zeitung schon aufgelaufen.

Überlassen wir das Fazit dieses Beitrags Dr. Kleine-Gunk: „Wenn Du durch Argumente nicht überzeugen kannst, dann verwirre durch Schwachsinn.“

 Zum Weiterlesen:

3 Kommentare

  1. Rath hat wirklich die Bezeichnung […] verdient.

    Nebenbei kann man ein wenig „Suchmaschinenoptimierung“ betreiben, indem man „Matthias Rath“ zu http://www.badscience.net/2009/04/matthias-rath-steal-this-chapter/ verlinkt :-)

  2. Wer des Englischen mächtig ist, der kann das Rath-Kapitel übrigens auch online lesen:

    Matthias Rath – steal this chapter

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