Wo verbringt der Wiener Kardinal Joseph Schönborn eigentlich Silvester?
Im Dinosaur Adventure Land des US-Kreationisten Kent Hovind? Nein, geht ja gar nicht … das pseudoreligiöse Fantasialand ist seit Sommer geschlossen.
Bliebe vielleicht noch das „Creation Museum“ in Kentucky. Oder eine Wanderung zu den Paluxy-River-Fußspuren in Texas.
Oder auch nichts von alledem. Denn den Kirchenmann zieht es in ein abgelegenes Bergdorf in der Herzegowina. Das wäre an sich nicht das Schlechteste, um das alte Jahr in aller Ruhe zu Ende zu gehen zu lassen.
Allerdings heißt der kleine Ort Medjugorje. Und das ist insofern pikant, als dass dort seit 1981 tagtäglich die Muttergottes erscheint. Behaupten zumindest sechs „Seher“. Selbst innerkirchlich ist Medjugorje höchst umstritten, weshalb Schönborn denn auch betont, die Reise sei „völlig privat“ und beinhalte „keine Stellungnahme“ zu den angeblichen Phänomenen.
Soso. „Keine Stellungnahme“. Derart zurückhaltend kennt man den streitbaren Oberhirten ansonsten gar nicht, der moderne Evolutionstheorien gerne mal als „Abdankung der menschlichen Vernunft“ geißelt.
Tatsächlich braucht Schönborn gar keine Stellungnahme zum Marienerscheinungsort Medjugorje abzugeben – das hat er nämlich längst getan. Zum Beispiel am 15. September diesen Jahres, als er einem Auftritt der „Seherin“ Marija Pavlovic-Lunetti im Stephansdom in Wien beiwohnte. Und dabei folgende Worte an die Anwesenden richtete:
„Es ist ein großes Geschenk, dass die Muttergottes allen ihren Kindern so nahe sein will. Sie hat es an so vielen Orten der Welt gezeigt. Und seit vielen, vielen Jahren zeigt sie es in einer ganz besonders nahen Weise in Medjugorje. Wir dürfen dem Herrn dafür danken, dass Er durch Seine Mutter so viele Menschen in diesen nun fast schon 30 Jahren zur Liebe Gottes geführt, ihnen Seine Liebe gezeigt hat und dass so viele Menschen Heilung, Umkehr und Erneuerung gefunden haben … Es ist ein ganz großes Zeichen für unsere Zeit, dass Maria so konkret und so ganz nahe und einfach sich um ihre Kinder sorgt und kümmert und bei ihnen ist.“
Nun, vermutlich war auch dies eine völlig private Stellungnahme des Kardinals, der damit selbstverständlich in keiner Weise dem Urteil der Kirche über die Erscheinungen vorgreifen möchte.
Was gibt’s eigentlich Neues aus Medjugorje?
Wenig – außer den immergleichen „Botschaften“ der Gospa (kroatisch für Gottesmutter, Anm. d. Autors). Und einem „Sonnenwunder„ Anfang August.
Da indes den Astronomen nichts darüber bekannt ist, dass zu jenem Zeitpunkt die Sonne „getanzt“ oder sonstwie ihre Position verändert hätte, liegt die Vermutung eines eher subjektiven Phänomens nahe.
Was passiert dabei? Genau dasselbe, was auch den Fatima-Zeugen widerfuhr. Wegen der enormen Helligkeit der Sonnenscheibe versucht das Auge, ihr ständig auszuweichen. Dadurch scheint sich die Sonne zu bewegen. Der „Sonnentanz“ ist also nichts anderes als ein sogenannter autokinetischer Effekt, der durch die Augenbewegungen entsteht. Der Farbwechsel und andere diverse „Zeichen“ am Himmel sind zum einen auf den Nachbild– und zum anderen auf den Farbumkehr-Effekt zurückzuführen: Die gesamte Umgebung nimmt im Nachbild die gelbliche Farbe der Sonne an.
Dasselbe passierte unlängst im irischen Wallfahrtsort Knock.
Als Reiselektüre empfehlen wir daher dem Kardinal die SKEPTIKER-Ausgabe 4/2006 mit dem Artikel: Medjugorje – Die unerzählte Geschichte.
9. Dezember 2009 um 23:54
Buchtipp:
Bernd Harder (2005): Medjugorje. Wallfahrt für Millionen
10. Dezember 2009 um 08:35
Die Folgen eines direkten in-die-Sonne-Starren werden für die leutchen sicher nicht auf sich warten lassen. Das ist dann aber kein Wunder.