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Edzard Ernst über die Scheinwirkung der Osteopathie

| 3 Kommentare

In seiner Welt+-Kolumne schreibt Prof. Edzard Ernst über

Die Scheinwirkung der Osteopathie

Kurze Zusammenfassung:

  • Die den diversen Varianten der Osteopathie zugrunde liegenden Annahmen sind nicht im Einklang mit unseren Kenntnissen über die Funktion des menschlichen Körpers und sind somit nicht plausibel.

Dennoch machen Osteopathen weitreichende Heilsversprechen. In der Tat ist es schwierig, ein Leiden zu finden, das Osteopathen nach eigenen Angaben nicht lindern können.

Eine Übersicht über 100 zufällig ausgewählte Internet-Seiten von Osteopathen ergab, dass 93 Prozent mindestens eines der Kriterien der Pseudowissenschaftlichkeit erfüllen.

  • Es ist daher nicht verwunderlich, dass die heute zu Verfügung stehende Evidenz für die Osteopathie mehr als dürftig ist.

Bei Rückenschmerzen sind die Ergebnisse von klinischen Studien zwar ermutigend, aber nicht eindeutig positiv. Eine von Osteopathen veröffentlichte Übersichtsarbeit kam zu dem Schluss, dass eine osteopathische Behandlung „die Schmerzen im unteren Rückenbereich deutlich reduziert […]

Eine unabhängige Überprüfung ergab jedoch, dass die Daten keinen zwingenden Beleg für die Wirksamkeit der Osteopathie bei der Behandlung von Schmerzen des Bewegungsapparats liefern. Dieser enttäuschende Befund wurde durch eine kürzlich publizierte Studie bestätigt.

  • Für nicht-muskuloskelettale Erkrankungen ist die Beweislage noch weniger überzeugend.

Eine Übersichtsarbeit kam etwa zu dem Schluss, dass die Wirksamkeit von osteopathischen manipulativen Behandlung von pädiatrischen Patienten nicht bewiesen ist.

Und eine französische Studie zeigte, dass „die Osteopathie bei Patienten mit Fibromyalgie keinen Vorteil gegenüber einer Scheinbehandlung in Bezug auf Schmerzen, Müdigkeit, Funktionsfähigkeit und Lebensqualität bietet.“

  • Diese Datenlage stellt uns vor zwei wichtige Fragen:

Erstens, kann man Osteopathie als Behandlungsweise empfehlen? Für Patienten bringt sie wenig belegbaren Nutzen, ist aber zugleich mit nicht zu übersehenden Gefahren belastet. Ihre Nutzen-Risiko-Bilanz ist demnach nicht positiv, und eine Empfehlung wäre demnach unangebracht.

Zweitens, solle die Osteopathie in Deutschland als Heilberuf anerkannt werden? Hierfür, so meine ich, fehlen selbst die elementarsten Voraussetzungen.

Zum Weiterlesen:

  • Die Scheinwirkung der Osteopathie, Welt+ am 2. Januar 2023
  • Osteopathie – Heilkunst oder Wellness? swr am 1. August 2022
  • Die „Science Cops“ über Osteopathie, GWUP-Blog am 25. Januar 2022
  • Wie hilfreich ist Osteopathie? GWUP-Blog am 10. März 2021
  • „Osteopathie“, publikum-net am 25. Januar 2021
  • Time to vote: which 2022 paper was the worst? edzardernst am 2. Januar 2023
  • The most ‘popular’ and the most ‘important’ posts of 2022, edzardernst am 30. Dezember 2022

3 Kommentare

  1. Auch eine unappetitliche übergriffige Seite der Osteopathie ist bekannt. Ein Tweet von Ulrich Berger dazu:

    https://twitter.com/VARulle/status/1601206143485095937

    Der Artikel aus der Wiener Zeitung hat damals vorallem unter Frauen für berechtigte Aufregung gesorgt, aber, wie so oft, kann man halt nix machen!

  2. Eigentlich ist es zum Weinen. Ich musste trotzdem herzhaft lachen, als ich gestern auf die Seite einer spirituellen Ostheopathin stieß, die angab, die Körperteile der Patienten sprächen während der Behandlung zu ihr….

  3. Ein halbes Jahr später macht Welt-Online Werbung für Osteopathie:

    https://www.welt.de/podcasts/aha-zehn-minuten-alltags-wissen/article245359224/Osteopathie-hilft-sie-oder-ist-sie-nur-teuer-Podcast.html

    In Studien kann man die Methode nicht testen, dafür ist sie viel zu individuell, faselt sich ein „ärztlicher Osteopath“ zusammen.

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