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Die Geister-Therapeutin

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Worüber hat sich der Dalai Lama eigentlich das letzte Mal so richtig aufgeregt? „Dass Jennifer Love Hewitt in der letzten FHM noch so viel an hatte“, sagte die kluge Hausfrau aus Tibet (so der Kabarettist Hagen Rether) unlängst dem Titanic-Magazin.

Natürlich war das Interview in der September-Ausgabe nur ein Fake. Aber wenn die Wiedergeburt seines Vorgängers das wirklich gesagt hätte, dann müsste man ihm ausnahmsweise mal Recht geben: Schwarze Korsage – wie langweilig ist das denn?

Da ist man ja fast froh, dass es zu der biederen Foto-Strecke noch ein Interview mit der Hollywood-Aktrice gibt.

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Und zwar zu ihrer Serie „Ghost Whisperer„, immer freitags bei Kabel 1. Darin mimt die „gespenstisch schöne“ (FHM) Brünette ein Medium, das nicht nur tote Menschen sieht, sondern auch mit ihnen redet und versucht zu helfen, wo sie nur kann. „Hattest Du selbst schon mal eine übernatürliche Erfahrung?“, will nun der Reporter originellerweise von ihr wissen. Jennys leicht ins Nebulöse tendierende Antwort:

Ich glaube an solche Dinge. Manche tun es, manche nicht. Ich bin sehr offen  dafür.“

Ah ja. Wofür genau, erfahren wir leider nicht. Ist vielleicht auch besser so, denn bei der nächsten Antwort vergaloppiert sich die offizielle „Sexiest Woman on TV“ ganz gewaltig. „Würdest Du ein Medium aufsuchen, wenn ein Freund von Dir sterben würde?“ bohrt der Schreiberling weiter. „Würde ich“, versetzt Jennifer Love Hewitt kurz und knapp und vermutlich ohne nachzudenken:

Absolut. Ich würde alles tun, um damit klarzukommen.“

Das ist nun leider ein ziemlich schlechtes Vorbild, welches ein Star für seine zumeist jugendlichen Fans abgeben kann. Die Beschäftigung mit okkulten Praktiken schafft in der Regel mehr Probleme, als sie löst – gerade dann, wenn die Motive sich nicht bloß darin erschöpfen, das Repertoire der Partyspiele um eine aufregende Variante erweitern zu wollen.  Aber irgendwie auch wieder zeitgeistig-typisch, was der Publikumsliebling mit dem Mädchen-von-nebenan-Charme da absondert.

Amy Winehouse und Paul McCartney, Veronica Ferres und Sandra Bullock, Jeanette Biedermann und Samuel L. Jackson, Claudia Schiffer und Kate Winslet – sie alle wollen schon einmal gruselige Erlebnisse mit Geistern gehabt haben.

Der Schauspieler Samuel L. Jackson („Pulp Fiction“, „Star Wars“) etwa sagte dem Onlinedienst femalefirst:

Es gab Leute aus unserer Nachbarschaft, die gestorben sind und die wir noch lange nach ihrem Tod gesehen haben. Wenn du nachts draußen warst und dich an den falschen Orten umgesehen und was Falsches gemacht hast, war da plötzlich diese Lady. Sie war tot, sie konnte nicht dort sein.  Aber ich war nicht der Einzige, der sie gesehen hatte.“

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Überspannter Hollywood-Klatsch? Marketing-Gag eines Stars, der auch Geisterfilme wie „Zimmer 1408“ gedreht hat?  Oder nehmen wir den Skandalrocker Pete Doherty:

Mein Haus wird definitiv von Geistern heimgesucht“, erklärt der Ex-Lover von Kate Moss in einem Interview. „Plötzlich hörst du eine wilde Party im Westflügel. Da war früher einmal der Angestelltenflügel, was gruselig ist. Wenn ich den Lärm höre, verstecke ich mich einfach.“

Packen wir noch Nenas angeblichen (mittlerweile dementierten) Sekten-Wahn und Robbie Williams‘ Ufo-Obsession dazu, sind wir schon wieder mitten drin im Instant-Nirwana. Dort, wo es transzendiert und mummenschanzt an allen Ecken und Enden. Wer mit Traumwelten Geschäfte macht, ist anscheinend selbst schwer anfällig für die Verlockungen des Irrationalen.

Skeptiker sind in Hollywood jedenfalls in der Minderheit, berichtete Der Spiegel schon vor einigen Jahren aus der Fiction Factory:

Schöne Menschen, die im Trend bleiben wollen, müssen im Yoga von irdischen Banalitäten ablassen, mit den Engeln Zwiegespräche führen und die Niederschläge des Lebens mit dem tröstlichen Gedanken hinnehmen, dass zumindest unser Bewusstsein den Tod überlebt …

Das passt in diese Filmstadt, die Metropole der geschändeten Seelen, unendlichen Illusionen und geknickten Egos. Wer kann den Hunderttausenden von verunsicherten Darstellern, Autoren, Regisseuren besser den Weg in eine hoffnungsvollere Zukunft weisen als die Psychics, von denen manche ihre Antworten aus Grimms Märchen beziehen.“

Oder sind die Gründe für die Spirifaxen der Stars und Sternchen in Wahrheit viel profaner? Spalding  Grey mag ein hierzulande unbekannter Schauspieler sein – aber ein Satz aus einem Interview mit der Filmzeitschrift Cinema wird unvergessen bleiben:

Ein paar Leute da draußen langweilen sich ganz fürchterlich und wissen nicht, wohin mit ihrem Geld. Dann kaufen sie sich ihren eigenen Mönch und spielen mit ihm Tischrücken.“

Zum Weiterlesen:

  • Nicht ohne mein Medium, Welt-Online am 11. Januar 2013
  • Die unheilige Jungfrau beim Opus Dei, GWUP-Blog am 20. April 2011
  • 23 Insane Things Your Favorite Celebrities Believe, cracked am 6. Dezember 2014

2 Kommentare

  1. Ich denke, es handelt sich in den meisten Fällen mehr um Marketing als um einen Spleen. Wenn jemand in einem Gruselfilm oder einer Mystery-Serie die Hauptrolle spielt, dann freuen sich die Produktionsfirmen nicht sonderlich, wenn man sagt: „Das ist alles Quatsch – ich glaube daran nicht!“ – auch wenn es meines Erachtens nach besser wäre (man kann die Filme/Serien ja trotzdem mit Freude gucken, wenn man mag).

    Ich erinnere mich noch daran, wie eine Kollegin aus einer öffentlichen Bibliothek mal von der Diskussion erzählte, die Bücher von „Akte X“ ausgelöst haben (das war in den 90ern). Es gab tatsächlich viele Leute, für die das alles „Schund“ war – nicht aus Qualitätsgründen, sondern weil sie nicht verstanden hatten, dass es sich dabei um reine Phantasie handelt.

  2. Das Problem ist , dass diese Leute eine Vorbildfunktion haben. dadurch, dass diese Stars und Sternchen in Hollywood, aber auch hier in Deutschland so medienwirksam ihr esoterisch-irrationales Weltbild pflegen, machen sie es quasi zur Norm.

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