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Podcast: „Wirkt Lauterbach gegen Homöopathie?“ Ende der Satzungsleistung in Sicht?

| 17 Kommentare

Auch der Politik-Podcast Stimmenfang von spiegel.de ist auf diesen Tweet von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach aufmerksam geworden (basierend auf der Studie von Nikil Mukerji/Edzard Ernst):

Für die aktuelle Stimmenfang-Ausgabe fragen Marius Mestermann und Marina Kormbaki:

Wirkt Lauterbach gegen Homöopathie?

In der zirka 25-minütigen Sendung geht es zunächst um „viele skurrile Anekdoten“, die die beiden Journalisten bei ihrer Recherche gehört haben, etwa dass Krankenkassen wirkungslosen Quatsch wie Globuli erstatten, so manche sinnvolle Verordnung hingegen nicht.

Und wie die Kassen das rechtfertigen.

Oder dass es mit der hochgepriesenen „ausführlichen Anamnese“ homöopathischer Ärzte in der Praxis nicht weit her ist und Patienten oft erst in der Apotheke gewahr werden, dass sie mit einem Rezept für Zuckerkügelchen abgespeist worden sind.

Oder mit welchen Glaubenssätzen Homöopathie-Anhänger argumentieren.

Was aber sagt nun Karl Lauterbach zur Homöopatie?

Zitat:

Obwohl die Homöopathie vom Ausgabenvolumen nicht bedeutsam ist, hat sie in einer wissenschaftsbasierten Gesundheitspoitik keinen Platz. Deshalb werden wir prüfen, ob die Homöopathie als Satzungsleistung gestrichen werden kann.

Wie diese „Überprüfung“ aussehen könnte und welche Hindernisse es realiter gibt, erklären Mestermann/Kormbaki ab Minute 19.

Update von 14.35 Uhr

Der Berliner Tagesspiegel hat mit dem Studienautor Dr. Nikil Mukerji (Vorsitzender des GWUP-Wissenschaftsrats) gesprochen.

Kein Land in der westlichen Welt leistet sich mit Blick auf die Regelungen zur Homöopathie noch eine solche Irrationalität wie wir. International betrachtet haben sich unabhängige Wissenschaftsorganisationen längst und einheitlich gegen die Homöopathie positioniert. Es wird Zeit, dass Deutschland handelt.

Oder auch:

Update von 17.00 Uhr

Der Tagesspiegel sprach auch mit Dr. Natalie Grams:

Ich bin mir sicher, dass der Wind in Deutschland sich bereits gedreht hat. Wir sind an einem Kipp- und Wendepunkt. Die Kritik und die Gründe dafür sind immer mehr in der Gesellschaft angekommen. Und nachdem der Umsatz homöopathischer Mittel über Jahre immer weiter angestiegen war, ist er seit 2016 / 2017 rückläufig.

Ich hoffe sehr, dass dieser Trend anhält – und es irgendwann so ist, dass es ein Wettbewerbsvorteil für Kassen ist, wenn sie sich von dieser Geschäftemacherei lossagen und ihren Versicherten vermitteln, dass sie für echte Medizin stehen.

Zum Weiterlesen:

  • Stimmenfang-Podcast: Wirkt Lauterbach gegen Homöopathie? spiegel.de am 6. Oktober 2022
  • Kampfansage an die Globuli: „Kein Land leistet sich eine solche Irrationalität wie wir“, tagesspiegel am 6. Oktober 2022
  • Interview mit Natalie Grams: „Beliebtheit ersetzt keine Wirksamkeit“, tagesspiegel am 6. Oktober 2022
  • Lauterbach teilt Studie von Ernst/Mukerji: „Homöopathie ist eine Pseudowissenschaft“, GWUP-Blog am 16. September 2022
  • Warum Homöopathie eine Pseudowissenschaft ist, GWUP-Blog am 15. September 2022
  • Spiegel: „Keinen Cent mehr für Homöopathie und Hokuspokus“ von der Krankenkasse, GWUP-Blog am 13. November 2021
  • Homöopathie: It’s not ok, Jens Spahn, GWUP-Blog am 28. September 2019
  • Auch in Baden-Württemberg: Landesärztekammer streicht Homöopathie aus der Weiterbildungsordnung, GWUP-Blog am 25. Juli 2022
  • Weiterbildung Homöopathie für Apotheker und Apothekerinnen, Gesundheits-Check am 5. Oktober 2022
  • #Globukalypse: „Wie kommt es zur Erstattung von Homöopathie durch die Krankenkassen?“

17 Kommentare

  1. „Er kann das per Automatismus haben – es braucht nur der BInnenkonsens aus Arzneimittel- und Sozialrecht verschwinden, dann fällt sofort die GKV-Erstattung mit hinten runter. Ganz einfach! (Weiß er wahrscheinlich selbst.)“

    https://twitter.com/homeopathy_inh/status/1577935452857942019

  2. @Martina Rheken

    Da Karl Lauterbach entgegen anderslautender, konspirativer Vermutungen kein gesundheitsmedizinischer Alleinherrscher ist, dürfte wohl die politische Mehrheit im Bundestag für die genannten Gesetzesänderungen fehlen. Ganz einfach! Wissen Sie wahrscheinlich selbst.

  3. Lauterbach will oder muss doch auch die Finanzierung der GKV neu regeln.

    Und wenn er das Sozialgesetzbuch V doch schon mal in der Hand hat, wäre die Beseitigung des Binnenkonsens nur noch ein quasi nebensächlicher Federstrich, um die Wurzel des Problems zu beseitigen, statt homöopathisch an Symptomen herumzudoktern.

    Klar, auch und besonders im Arzneimittelgesetz müsste noch ein Halbsatz verschwinden. Das wäre aber dann nur noch eine Formsache.

    Ich geh dann mal weiterträumen…

  4. Da Lauterbach momentan drauf und dran ist, die Apotheken zu vernichten, kann man davon ausgehen, dass die Homöopathie als „Kollateralschaden“ mit beseitigt wird.

  5. @Christian Becker:

    Da Lauterbach momentan drauf und dran ist, die Apotheken zu vernichten

    Was genau macht er denn?

  6. „Da Lauterbach momentan drauf und dran ist, die Apotheken zu vernichten …“

    Das würde mich wirklich auch interessieren:

    Wie macht er das denn? Im Alleingang? Was ist so „vernichtend“ an dem, was er vorhat (was ist das?) …

    Rätsel über Rätsel!

  7. @Bernd Harder

    Er möchte mal wieder bei den Apotheken Effizienzreserven heben, um die Defizite der Krankenkassen zu kompensieren. Dafür soll der Abschlag, den die Apotheken pro abgegebener Packung verschreibungspflichtiger Medikamente an die KK zahlen, von derzeit 1,77€ auf 2,00€ angehoben werden (begrenzt auf 2 Jahre – aber das bleibt abzuwarten).

    Da es sich bei dem Abschlag um Beträge inklusive MwSt. handelt, wird das für die Apotheken noch einmal teurer, sollte tatsächlich die MwSt. auf Medikamente gesenkt werden (an sich eine gute Idee).

    Daneben ist im Gespräch, die „Gewinn“spanne bei hochpreisigen Medikamenten auf 45,00€ pro Packung zu begrenzen.*

    Zusammen mit steigender Inflation, steigenden Löhnen der Angestellten (Januar gibt’s wieder eine Tariferhöhung), steigenden Kosten für Energie, (Großhandels)lieferungen (die Firma B.Braun schlägt uns z.B. pro Lieferung ca. 30€ Energiekostenbeitrag auf) wird das dafür sorgen, dass immer mehr Apotheken eingehen. Einerseits dadurch, dass aus wirtschaftlichen Gründen Apotheken aufgegeben werden müssen, aber auch, weil keine Nachfolger gefunden werden, die sich das Risiko einer eigenen Apotheke antun wollen.

    *Preisgestaltung von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln: Apothekeneinkaufspreis + Apothekenzuschlag (= unser Honorar) 8,35€ + 3% (= unsere „Gewinn“spanne) + 0,21€ (geht in den Nacht- und Notdienstfonds) + 0,20€ (Fonds für pharmazeutische Dienstleistungen – wird an die dienstleistenden ausgeschüttet) + 19% MwSt.

    Daraus ergibt sich, dass es für Apotheken fast egal ist, wie teuer ein Medikament ist, das abgegeben wird, da es keine mit sonstigem Einzelhandel vergleichbare Gewinnspanne gibt, sondern eine Pauschale pro Packung. Die 3% fallen nicht ins Gewicht – insbesondere nicht, wenn man gegenrechnet, dass die Medikamente von den Apotheken vorfinanziert werden müssen, da die KK erst nach 4-6 Wochen zahlen.

    Dazu kommt das Risiko, insbesondere bei teuren Arzneimitteln kritisch, von Bruch, Verlust, Diebstahl und sonstigen Unwägbarkeiten – aber am schlimmsten Null-Retax seitens der Krankenkassen aufgrund von Formfehlern auf der Verordnung, Insolvenz des Herstellers (es gibt auch einen Herstellerabschlag – wird der Hersteller zahlungsunfähig, dürfen die Apotheken ihn übernehmen; gerade erst wieder mit Beragena passiert).

    Dementsprechend sind die meisten Inhaber eher froh, wenn nicht so viele Medikamente über 1000€ über die Ladentheke gehen.

    Klar, 450€ für ein 15000€ teures Medikament für vielleicht 5 Minuten Verkaufsvorgang sind ein krasser Stundenlohn – rechnet man die obigen Risiken eines Totalverlusts dagegen, wird das schon wieder unattraktiv.

  8. @Christian Becker

    Danke für die ausführliche Antwort und die Beispielrechnungen.

    Schlußendlich wird es eine Entscheidung (Vorschlag zur Umsetzung) des Gesundheitsinisteriums sein, welche durch den Gesundheitsminister vorgestellt wurde, aber nicht solo erdacht, formuliert und durchgesetzt, oder?

  9. @Sebastian Taege

    Weiß ich nicht, war nicht dabei. Klingt aber eher so, als seien das seine Vorschläge.

    Fakt ist aber, dass der Bundesrat gegen diese Kürzung bei den Apotheken ist. Schade halt, dass das Gesetz nicht zustimmungspflichtig ist.

    Fakt ist auch, dass man bei Apotheken kaum was einsparen kann, denn nur 1,9% der Ausgaben der GKV gehen für das Honorar der Apotheken drauf – gegenüber mehr als 4% die die Kassen für ihre Eigenverwaltung ausgeben.

    Mal unabhängig davon, dass Herr Lauterbach vielleicht nicht höchstselbst die Erhöhung des Abschlags ausgebrütet hat – er als Gesundheitsminister könnte den Teil aus dem Gesetz rausnehmen (lassen); insbesondere, nachdem der Bundesrat drauf hingewiesen hat, dass das die Apotheken über Gebühr belasten würde.

    Bei den Ärzten hat er sich ja z.B. auch gegen eine Nullrunde (keine Kürzung!) ausgesprochen, weil man ihnen das nicht zumuten könne.

    Letztendlich bringt ist die Summe, die da zusammenkommt für die Krankenkassendefizite ziemlich irrelevant; für viele Apotheken wird es eng bzw. werden jetzt schon jeden Tag 1-2 für immer geschlossen (im Schnitt, es gibt natürlich auch Neueröffnungen, in Summe werden aber mehr geschlossen).

    Und es ist nicht immer die 3 Apotheke in der Fußgängerzone auf 200m, es sind auch immer wieder solche im ländlichen Raum.

  10. „Offener Brief des INH zum Thema Patientensicherheit an den Patientenbeauftragten der Bundesregierung“:

    https://netzwerk-homoeopathie.info/offener-brief-des-inh-patientensicherheit/

  11. Schon mal der Hinweis auf Welt+:

    Durch Lauterbach eskaliert der Streit über Homöopathie – zu Recht?

    Wir werden den Artikel heute oder morgen mal zusammenfassen.

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