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„Verdachtsfall“: KenFM wird vom Verfassungsschutz beobachtet

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Hin und wieder kommt es vor, dass bei einem Vortrag über Verschwörungstheorien Zuhörer nach der Glaubwürdigkeit von KenFM beziehungsweise des Herrn Jebsen fragen.

Vor Corona habe ich dann Video-Sequenzen gezeigt, in denen Jebsen über „inszenierten Terror“ und „verlorene Ausweise“ schwadroniert – etwa nach dem islamistisch motivierten Terroranschlag auf die Redaktion der Satirezeitschrift Charlie Hebdo am 7. Januar 2015 in Paris:

Ähnlich wie bei 9/11 hatte die Polizei wieder echtes Glück. Einer der Attentäter verlor seinenAusweis! Diesmal im Fluchtwagen! Wer nimmt seinen Personalausweis mit, wenn er plant, Menschen im großen Stil zu erschießen? Nur radikale Moslems.

Die Frage kann man natürlich stellen.

Aber mögliche Antworten interessieren Jebsen nicht im mindesten. Obwohl der ehemalige Fernseh- und Radiomoderator danach ein Jahr lang Zeit gehabt hätte, nachzuforschen, wiederholte Jebsen nach dem LKW-Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt am 19. Dezember 2016 die gleichen Mutmaßungen:

Warum haben Terroristen mit arabischem Hintergrund wohl offensichtlich eine Art Zwang entwickelt, ihre amtlichen Ausweispapiere mit sich zu führen, um diese am Tatort zurückzulassen? Hat es das bei Terroristen ohne arabischen Hintergrund je gegeben? Wie viele Fälle von zum Beispiel RAF-Terroristen sind bekannt, bei denen die Polizei nicht erst auf ein Bekennerschreiben warten musste, da die Attentäter ihren Personalausweis oder ein anderes amtliches Papier am Tatort zurückgelassen hatten?

Seit dem 11. September 2001, so die in den Massenmedien verkaufte Erzählung, ist ein neuer Tätertyp auf dem Terrormarkt aufgetaucht.

Er hat den Grips, um seine Tat konsequent zu planen. Er hat den Mumm, diese Tat auszuführen. Er hat das Bedürfnis, seine Ausweispapiere während der Tat bei sich zu führen. Was dieser neue Tätertyp dann vollkommen vergisst, ist, seine Flucht und sein Untertauchen so zu organisieren, dass er seine Terrorerfahrung weiterhin benutzen oder diese an Dritte weitergeben kann.

Immer fliegt der arabische Täter schon kurz nach seiner Tat auf, da er seine Papiere am Tatort verliert oder aber drapiert oder weil er nicht in der Lage ist, im Anschluss an das verübte Verbrechen in den Untergrund zu verschwinden.

In einem 15-minütigen Podcast („Ausweise als Beweise“) redet Jebsen von „Elefantenspuren“ und „manipulierten Tatorten“ und zieht dann über die Medien her:

In Berlin wird dieses Muster jetzt zum fünften Mal angewendet. Wann fragt eine unabhängige Presse mal nach? Was stimmt an dieser Presse nicht mehr, dass bei ihr selbst solche Elefantenspuren nach dem fünften Mal nicht mal mehr zu einem Augenbrauenzucken führen?

Wie jetzt?

Der knallhart recherchierende „Alternativjournalist“ Ken Jebsen mit seiner Online-Plattform KenFM stellt wilde Behauptungen auf und meint dann, die gescholtenen Kollegen müssten nachprüfen, ob sie stimmen?

Warum macht er das nicht selbst?

Derweil fragte „diese Presse“ tatsächlich nach und förderte eine Reihe von Gründen für die zurückgelassenen Ausweise zutage, die von Hektik und Unfähigkeit der Täter über eine gezielte IS-Strategie bis hin Narzissmus und Heldenkult reichen.

Nur Ken Jebsen hat das nicht mitbekommen. Vorgeblich.

Wahrscheinlicher ist das, was der Dresdner Soziologe Felix Schilk über Jebsen sagt:

Jebsen entmündigt sein Publikum. Durch ihn werden Menschen nicht zum Denken erzogen […] Jebsen sucht Sündenböcke, er konstruiert Feindbilder, aber er analysiert nicht.

Dann kam Corona. Und der „Querfront-Demagoge“ (Belltower News) verhedderte sich mehr und mehr in seinem massenkompatiblen, aber leicht widerlegbaren Nonsens:

Auch Luisa Dellert und Sophie Passmann ranteten gegen Jebsens Falschbehauptungen.

Und spätestens mit diesem Video („Gesicht zeigen!“) vom April 2020 musste man sich um Jebsens mentale Verfasstheit ernsthaft Sorgen machen. Es ist wohl so, wie es heute bei Sinans Woche heißt: Mit den psychischen Belastungen der Corona-Krise kommen manche besser zurecht – andere schlechter.

Auch dieses Anti-Impf-Video konnte man nur als „zutiefst verstörend“ bezeichnen:

Im Januar 2021 sperrte Youtube seinen Kanal. Im Mai kündigte Jebsen an, Deutschland zu verlassen, nachdem die Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) ein Verfahren gegen KenFM eingeleitet hatte.

Noch ist das Portal online. Aber nun interessiert sich der Berliner Verfassungsschutz für das „Alternativ“-Medium:

Der Verfassungsschutz halte KenFM für eine Plattform, über die gefährliche Verschwörungserzählungen und Falschinformationen verbreitet werden. Das treibe die Radikalisierung der sogenannten Querdenker-Szene voran. Radikale Teile der Querdenken-Bewegung werden inzwischen bundesweit vom Verfassungsschutz beobachtet.

Mal sehen, ob Bodo Schiffmann in Tansania oder Attila Hildmann in der Türkei oder Oliver Janich auf den Philippinen noch ein Zimmer frei haben.

Zum Weiterlesen:

4 Kommentare

  1. Völlig richtig, Jebsen entmündigt. Ich würde sogar unterstellen, er mißbraucht Menschen emotional und geistig.

    Schaut man sich nur eines seiner typischen „Argumentations“-Muster an, tun sich die Abgründe seiner Perfidie bald auf.

    So ermutigt er erst seine Zuhörer den Worten nach, sich selberdenkend, geistig unabhängig, ein „eigenes Bild“ von den Dingen zu machen, um dann, quasi im selben Atemzug, sie dazu aufzufordern, gleich mal jene Geräte als Ganzes wegzuschmeißen, mit denen man andere Meinungen als die von Jebsen empfangen könnte, „Schmeißt eure Fernseher weg! Guckt nicht mehr die Tagesschau, das ZDF etc etc!“.

    Mit der scheinbaren Ermutigung zur geistigen Unabhängigkeit baut er sich selbst als wohlwollende Figur auf, die ja in bester pädagogischer Manier nur das Beste für ihre Zuhörer möchte. Mit dieser Attitüde erschwindelt er sich ein Vertrauensverhältnis, eine persönliche Bindung, mithilfe derer er dann sogleich seine Opfer geistig aufsprengt, indem er just das Gegenteil des gerade genannten Inhaltes einfordert.

    Wer möchte nicht von einer selbstbewusst auftretenden geschniegelten Bildschirmfigur etwas von „selber denken“ hören und sich dabei gebauchpinselt und bestätigt fühlen…

    An dieser positiven Stimulation bereits bricht bei Jebsens Zuhörern sklavisch jegliche Kritikfähigkeit.

    Denn spätestens an dieser Stelle müßte eigentlich bei integren Zuhörern in den Kommentarspalten der Widerspruch einsetzen, sie müßten Alarmzeichen setzen, dass hier etwas fundamental nicht stimmig ist.

    Dass das meistens nicht passiert, sondern vielmehr diese wichtigtuerische Bildschirmfigur über alle Selbstwidersprüchlichkeiten hinweg gefeiert wird, zeigt das erschreckende Ausmaß der Mißbrauchssituation solcher „alternativer“ Medien.

  2. Und dann sieht Jebsen auch noch aus wie der Joker und wollte zuvor nicht gewusst haben, wer Alex Jones ist, wie das in einem satirischen Lied zur Sprache kommt. Genau genommen in „Alex Jones vs. Ken Jebsen – Firestarter (Hardcore Evil Remix)“ von vor 6 Jahren.

    Seitdem müsste er es zumindest wissen. Denn auch Alex Jones hat sich zur Obamazeit als Joker gezeigt und die Leute dazu aufgerufen Plakate auszudrucken und überall im Land aufzuhängen. Daraus entstanden dann die Kampagnen „You Are The Resistance“ und „V For Victory“, wozu etwa einhundert Bilder durch das Netz gingen, die auch andere User erstellten. Auch die Band Iced Earth hat dadurch Lieder in dem Kontext geschrieben, siehe Jon Schaffer sein Debakel – neulich – beim Kapitol.

    Es wurde daraus dann auch ein „Contest of Liberty“ gemacht, wozu Videos von Nutzern folgten, die alle den Slogan „The Anwser to 1984 ist 1776“ getragen haben und so gefunden werden konnten. Die Obamaplakate zeigten zum Beginn Obama und Bush als Joker, wobei darunter dann „Fascist“ stand.

    Ja, was mir sonst dazu noch mal eben so einfällt, ist auch, dass ebenso bei Jones das „kritische Denken“ gefördert werden sollte, wenn es hieß: „Glaubt nicht mir, ich habe zwar die Dokumente, aber prüft alles selber.“ Soweit so gut, aber wenn irgendwas in seinem Weltbild widersprochen wurde oder einfach nur Fragen gestellt wurden, die das etwas infrage stellen sollten, ist er direkt persönlich geworden.

    Und daraus folgte m.E. dann mit ihm als Vorbild des Publikums – das sich ab Trump gravierend änderte – auch quasi die Angriffe der fliegenden Affen (stammt aus der Populär-Psychologie vom Zauberer von Oz ab), die er später selber nicht mehr unter griff gehabt haben will. Sein Verhalten färbte somit ab, was auch einige Menschen vergraulte. Und wenn er als diagnostizierter Narzisst das Publikum als verlängerten Arm seiner Ideen brauchte, dann ist das durchaus missbräuchlich anzusehen.

    Jones sagte später wegen dem Sandy Hook PR-Desaster zwar an einer milden Psychose gelitten zu haben, als er alles in der Welt als fake betrachtete, allerdings sieht das für mich nach Schadensbegrenzung aus. Bei Joe Rogan sagte er daher auch, dass sein Publikum alles als fake ansieht, selbst wenn er das nicht tut. Schlussendlich geht es um Verantwortung und zu Fehlern stehen zu können.

  3. KenFM versucht anscheinend Gelder verschwinden zu lassen. Vor ein paar Wochen, war auf seiner Seite noch seine alte Bitcoin Wallet als Adresse zum spenden angegeben. Da waren ca. 200.000€ drauf. Jetzt gibt er eine neue und völlig leere Wallet an.

    https://twitter.com/BenFX_/status/1398587383659044865

  4. Das Konzept ‚Jebsen‘ weißt extrem starke Parallelen zu Strömungen in den USA auf.

    Dort macht sich eine Front ‚alternativer Medien‘ breit, vor allem um erzkonservative Geister wie Ben Shapiro, die ihren Zuschauern den ‚richtigen‘ Weg zeigen um den krakenhaften Fängen der ‚Zensurarmee‘ zu entkommen.

    Die Illusion des kritischen Denkens steht dort an erster Stelle

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