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„Gehirnwürmer“ und andere Gründe für die Heilpraktikalypse

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Schöne Zusammenfassung der Heilpraktiker-Problematik von Colin Goldner beim Humanistischen Pressedienst:

Sowohl von den Heilpraktikern selbst als auch von ihrer gläubigen Kundschaft werden Alternativheilkunde und Naturheilkunde häufig in eins gesetzt.

Tatsächlich haben die sogenannten Alternativheilverfahren mit Naturheilkunde überhaupt nichts zu tun. Zu den wirklichen Naturheilverfahren, allesamt Teil der Schulmedizin, zählen Luft- und Lichttherapie, Wasseranwendungen, Entspannungs- und Bewegungsübungen, bewusste Ernährung und allgemein „gesündere Lebensführung“; pharmakologisch auch der Einsatz wirkbelegter Pflanzenpräparate.

Im Gegensatz zu diesen bewährten Naturheilverfahren können die Alternativheilverfahren keinerlei tragfähigen Wirkbeleg vorweisen, ein Umstand, der mit Hilfe suggestiver Begleitbegriffe wie „unkonventionell“, „komplementär“ oder eben auch „ganzheitlich“ vertuscht wird. Wären die Alternativheilverfahren wirkbelegt, wären sie längst Teil der Schulmedizin […]

Die wenigsten Menschen, die sich Heilpraktikern anvertrauen, wissen um deren fachlich völlig unzulängliche Qualifikation […]

Die zahllosen Heilpraktikerschulen hierzulande sind reine Privatunternehmen, die völlig willkürlich und nach Gutdünken der jeweiligen Betreiber strukturiert sind; viele bieten ihre Dienste online oder per Fernkursus an. Die Rahmenbedingungen der einzelnen Schulen unterliegen ebensowenig einer öffentlichen Kontrolle wie die Qualifikation der Dozenten oder die jeweiligen Lehrinhalte.

Über weitere Gründe für die Notwendigkeit der #Heilpraktikalypse berichtet seit heute ein Twitterer mit dem Nutzernamen „Der Gehirnwurm“.

Warum?

Weil er als Kind „öfter mal Konzentrations- und Gedächtnisstörungen“ hatte, wurde ihm …

… von einem Heilpraktiker ein Wurm im Gehirn diagnostiziert/ausgependelt.

Zum Weiterlesen:

  • Bundestagsfraktion: Gesundheitsexperten der FDP wollen Heilpraktikerberuf abschaffen, MedWatch am 13. November 2018
  • Focus über Gefahren und Erfahrungsfundamentalismus der Heilpraktiker-Zunft, GWUP-Blog am 3. November 2018
  • „Heilpraktiker sollte kein anerkannter Beruf sein“, GWUP-Blog am 6. Oktober 2018
  • „Gefährliche Hybris“: Interview mit Dr. Christian Weymayr zum Heilpraktiker-Unwesen, GWUP-Blog am 24. Januar 2018
  • Postmoderne: anti-rational und anti-humanistisch, hpd am 17. Dezember 2018
  • Colin Goldner: Weg mit den Heilpraktikern! hpd am 17. Dezember 2018
  • Colin Goldner: Vorsicht Tierheilpraktiker! Alibri, 312 Seiten, 29 €
  • Colin Goldner: Die Psycho-Szene. Alibri, 652 Seiten, 32 €
  • Colin Goldner: Alternative Diagnose- und Therapieverfahren. Alibri, 149 Seiten, 12 €
  • Colin Goldner: Der neue Irrationalismus, Der Spiegel 53/1998
  • Interview mit Colin Goldner zur esoterischen Heilpraxis, kulturkritik am 14. Januar 2011

3 Kommentare

  1. „Gehirnwurm“ finde ich herrlich!! Und fehlende Selbstironie ist ja ohnehin ein Symptom für Dogmatiker.

    Was mich gerade zu der Frage verleitet, ob „Dogmatismus“ oder „Halsstarrigkeit“ nicht vielleicht auch Symptome sind, die in irgendwelchen homöopathischen Arzneimittelprüfungen aufgetaucht sind. Wäre ja ein Wunder, wenn nicht.

    Und siehe da, wenn man Dr. hom.path. Google befragt, sprudelt es nur so: Silicea (Bergkristall), Sepia succus (Tintenfisch), Thuja occidentalis (Thujabäume), Heloderma horridum (Krustenechse)… wie üblich wartet jedes Repertorium mit einem anderen Mittel auf.

    Das ginge doch mit dem Teufel ( = den Skeptikern ) zu, wenn man die praktizierenden Homöopathen vermittels eines sorgfältigen Anamnesegespäches und kundiger Arzneiwahl nicht von ihren Irrtümern kurieren könnte – mit ihren eigenen Mitteln!

    Der Königsweg ist gefunden.

  2. Die Kommentare unter dem hpd-Artikel sind vielsagend, was aber auch nicht anders zu erwarten war

    Die Heilpraktikerzunft und ihre Unterstützer treten geballt auf und vertreten ihr geballtes (Un-)heilpraktikerwissen. Persönliche Attacken, ad hominems, whataboutism, offenkundige Verdrehungen; Anekdoten und noch viel mehr mimimi.

    Der Beweis ist wieder einmal erbracht, dass die (Un-)heilpraktikerzunft jeglicher Argumentation gegenüber resistent ist und eher früher als später abgeschafft werden müssen. In diesem Fall hat die FDP, die eine Abschaffung des Berufsbilds Heilpraktiker fordert, ausnahmsweise meine volle Unterstützung.

  3. @RPGNo1:

    In der Tat.

    Die Heilpraktikanten und ihre Hardcore-Anhängerschaft wiederholen ihre Selbstdemontage, die sie bereits nach dem Erscheinen des „Münsteraner Memorandums Heilpraktiker“ vorgeführt hatten. Nichts, absolut nichts hat sich seitdem geändert. Nicht die Spur eines sachlich diskussionsfähigen Arguments dafür, dass die „zweite Medizin“ eine Existenzberechtigung hat. Whataboutism und Diffamierung der kritischen Stimmen bis die Bretter krachen. Der Ton macht die Kakophonie.

    Was mehr als diese weitere Demonstration der eigenen Verzichtbarkeit braucht der Gesetzgeber denn noch, bis ihm aufgeht, was er da auf die Menschen loslässt?

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