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„Stigmatisierte“ Therese von Konnersreuth: die blutige Wahrheit

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 Es kommt immer wieder vor, dass Frauen und auch Männer fluchtartig hinausrennen und nach Luft japsen, die hier nicht frischer, aber deutlich kühler ist als in anderen Gegenden Bayerns. Denn manch einem wird schlecht im Resl-Haus.

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Das liegt an dem vielen Blut, das hier ausgestellt ist. In diesem Haus mitten in Konnersreuth ist viel geblutet worden, jeden Freitag floss Blut aus den Händen, Füßen und der Brust einer Frau, die Therese Neumann hieß und die sie hier in den frömmeren Stuben Resl nennen.“

So beginnt ein aktueller Artikel in der Süddeutschen Zeitung über die „stigmatisierte“ Therese von Konnersreuth (1898 – 1962), deren Anhänger hartnäckig die Seligsprechung der Bauernmagd voranzutreiben versuchen.

Eben jenes „viele Blut“ wurde 2003 von einer Arbeitsgruppe des Münchener Instituts für Rechtsmedizin analysiert. Im Skeptiker berichtete der Kriminalbiologe Dr. Mark Benecke, dass das Blut „offenbar wirklich von Therese von Konnersreuth stammt“.

Allerdings merkte Benecke an:

Aus meiner Sicht als Sachverständiger für biologische Spuren ist es z. B. interessant, dass die Blutspuren auf der Bekleidung und unter den Augen der Therese wie drapiert wirken – das heißt in Form und Lage unnatürlich.“

Diesem Verdacht ist Benecke seither weiter nachgegangen. Das Ergebnis seiner Untersuchungen stellt er in „Mumien in Palermo – Als Kriminalbiologe an den dunkelsten Orten der Welt“ (Lübbe, 2016) vor.

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Nach zahlreichen detailversessenen Laborversuchen kommt der Spurenkundler zu dem Schluss:

Es handelt sich bei Thereses Blutspuren um eine klassische, absichtlich täuschende Spurenlegung […]

In der experimentellen Nachstellung zeigt sich, dass das Blut […] aus nur einer oder zwei (den Handinnenflächen) großen Blutungsquellen stammt […]

Die einzige Erklärung, die alle objektiv messbaren, also nicht von Meinen, Hoffen oder Glauben abhängigen Beobachtungen um Thereses blutiges Erscheinen vereint, ist, dass sie sich die Hände im Laufe der Jahre dauerhaft wundgekratzt hat.

Die Wunde war dauerhaft entzündet, und so konnte Therese sie zu passender Gelegenheit – meist freitags – leicht aufknibbeln und wieder zum Bluten bringen.“

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 Einen kurzen Einblick in seine Experimente gab Benecke bei der Verleihung vom „Goldenen Brett“ in Wien (im Video via goldenesbrett.guru ab zirka 1:30:00).

Die angeblichen „Wunder“ von Konnersreuth fanden ausschließlich „im heimischen und kontrollierbaren Umfeld“ der Hysterikerin statt. Zur behaupteten Nahrungslosigkeit der „Heilandsresl“ findet SZ-Autor Rudolf Neumaier deutliche Worte:

Im Medienraum des Resl-Hauses kann man ein ausnahmsweise blutfreies Video abspielen, auf dem Therese Neumann sehr fidel herumhüpft. Die Familie feiert Richtfest. Die kräftige Resl klettert auf einer Leiter aufs neue Dach. Diese Frau soll nahrungslos gewesen sein?

Als sie mit 64 Jahren an einem Herzinfarkt starb, stellte der Arzt bei der Nahrungslosen Adipositas fest. Fettleibigkeit.“

Aufgrund der jüngsten Berichterstattung wollte auch das TV-Magazin quer dem Fall nachgehen.

Weitgehend erfolglos:

Denn die Resl ist ein Touristenmagnet. Wer im Verdacht steht, die Wunder-Resl anzuzweifeln, dem haftet schnell das Stigma des Ketzers an. Auch quer stößt in Rathaus und Pfarrgemeinde auf frommes Schweigen.“

Zum Weiterlesen:

  • Blutstränen und Spontane Selbstentzündung: Das neue Buch von Dr. Mark Benecke, GWUP-Blog am 10. September 2016
  • Mark Benecke: Mumien in Palermo – Als Kriminalbiologe an den dunkelsten Orten der Welt. Bastei Lübbe 2016, 288 Seiten, 18 €
  • GWUP-Infos: Blut-Spuren – Der Fall Therese von Konnersreuth
  • Konnersreuth: Heilige oder Schwindlerin? GWUP-Blog am 8. Februar 2011
  • Bernd Harder: Wunderwunden? „Stigmatisierte“ von Franz von Assisi bis Pater Pio, Skeptiker 4/2002
  • Resl von Konnersreuth: Wer’s glaubt, Süddeutsche am 10. Oktober 2016

11 Kommentare

  1. Was ich besonders abstoßend fand, war ein Filmzeugnis, in dem die „hl. Resel“ ihren Neffen, der auf ihren Schoß saß, brutal fallen lies, weil sie eine „Erscheinung“ plötzlich bekam, als sie bemerkte, daß sie gefilmt wurde…

    weiß jetzt nicht mehr das Video, aber es wurde sogar auf dem überfrommen Sender K-TV gezeigt…und da wurde es nicht kritisiert, sondern es stand sogar für die „Heiligkeit“…Jesus ist ja wichtiger, als die Gesundheit eines etwa Dreijährigen…

    man glaubt es nicht, wenn man es nicht gesehen hat, das Kind fällt brutalst auf den Boden – nur weil die Resel den Heiland sieht.

  2. @ Ralf i.V.:

    „nur weil die Resel den Heiland sieht“

    Lass mich raten: der hat sie mehrmals täglich so heftig und lange gesegnet, bis bei ihr die Glocken geläutet haben und sie die Englein singen hörte?

  3. „Denn die Resl ist ein Touristenmagnet. Wer im Verdacht steht, die Wunder-Resl anzuzweifeln, dem haftet schnell das Stigma des Ketzers an. Auch quer stößt in Rathaus und Pfarrgemeinde auf frommes Schweigen.“

    Das zeigt sich wieder, dass die frommsten Leute die größten Heuchler und Betrüger sind. Der Herr Pfarrer und selbst der damalige Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller mischen kräftig mit.
    https://www.psiram.com/ge/index.php/Therese_Neumann#Seligsprechungsprozess

  4. Ein weiteres Kuriosum ist auch das zunehmende Gewicht bei Nahrungslosigkeit…wie will man das erklären? Ein stagnierendes Gewicht wäre auch schon nicht erklärbar, aber eine Zunahme bis zu einer Adipositas ist schon ein grober Verstoß gegen den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik…aber was solls…Jesus verstößt mit seiner Auferstehung von den Toten noch mehr gegen dieses physikalische Gesetz…aber ich höre schon die Gläubigen: Gott ist größer als eure Schulweisheit.
    Aber eines sollte man nicht vergessen: Das Universum hat nur deshalb bestand, weil es die Naturgesetze gibt, ein Aussetzen, sei es nur temporär, würde das Universum zum Kollaps führen.

  5. Apropos K-TV…
    Da rief in dieser Woche jemand an, der meinte der Teufel wäre ein Kosmetiker und er wäre auch von dem Skeptizismus besessenen…der Typ war bestimmt ein Troll…die Stimme hat schon mehrmals angerufen und immer wieder „tolle“ Fragen gestellt…
    Ich glaube, der Anrufer liest auch diesen Blog…er möge sich hier outen…wir verraten es auch nicht weiter ;-)
    P.S.: Ja, ich sehe sehr oft K-TV :-)

  6. LoL
    Ich schrieb der Teufel wäre ein Skeptiker, aber anscheinend macht der Rechtschreibteufel daraus „Kosmetiker“…

  7. Ich komme aus der Region, in der auch die Resl rumgespukt hat. Da hat es früher einen Spruch gegeben, mit der sich die Bevölkerung über den Wunderglauben lustig gemacht hat:

    „Is scho a Wunder, d‘ Resl – frisst nix und scheisst drimmer Haffn“.

    Übersetzt aus dem Oberpfälzischen: „Sie ist schon ein Wunder, die Therese – nimmt kein Essen zu sich und defäkiert große Mengen“

  8. Lesen sie alle bitte das Buch von Pfr. Josef Hanauer, es ist ein eindeutiges Zeugnis das die “ Resl“ eine Hysterikerin und die Familie Neumann in Konnersreuth überaus unbeliebt war wegen ihres oft groben und zänkischen Wesens. Pfr. Naber war ja in die “ Resl“ direkt vernarrt, er glaubte jeden Unsinn den sie daherredete. Wenn so eine Heilige aussieht, na dann “ gute Nacht “ !!!

  9. Wenn diese Geschehnisse alles anscheinend nur Schwindel war, was ich nicht glaube, warum sollte sie das tun? Was hat sie davon? Warum sollte sie das 780 mal durchziehen. Wie erklärt ihr das mit der Lähmung und Erblindung? Wie erklärt ihr, dass keiner der zehntausenden Besuchern an ihr zweifelt?

  10. @Christoph:

    TvK litt an einer histrionischen Persönlichkeitsstörung.

    Das wurde schon 1919 bei der jungen TvK von Dr. Otto Seidl diagnostiziert (damals sprach man noch von „schwerer Hysterie“).

    Wie erklärt ihr, dass keiner der zehntausenden Besuchern an ihr zweifelt?

    Warum sollten strenggläubige fromme Besucher, die eine „Volksheilige“ sehen wollen und zutiefst davon überzeugt sind, an ihr zweifeln?

    Zitat:

    Wiederholt wurden Besucher auf Verlangen von Therese Neumann wieder ausgeladen; insbesondere Kritiker und sogar lediglich potenzielle Zweifler wurden – von wenigen Ausnahmen abgesehen – niemals von ihr empfangen.

  11. @ Christoph:

    Warum niemand von zehntausend Gläubigen zweifelt? Weil sie gläubig sein wollen. Da gibt es Berichte über eine Wundererscheinung in Lourdes: siebzigtausend Anwesende wollen gesehen haben, wie ein Prediger mit der Macht seines Glaubens die Sonne größer erschienen ließ.

    Der Haken dabei war nur: mehrere Milliarden Menschen haben davon zur gleichen Zeit nichts gesehen. Auch die nicht, die sie professionell oder als ambitionierte Amateure seit Jahr und Tag ständig überwachen. Wo also lag der Fehler?

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