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Der Exorzist meets Amityville Horror – in Gary, Indiana

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Ich sach mal ganz undiplomatisch:

Eine 32 Jahre alte Mutter und ihre drei Kinder denken sich eine Gruselstory irgendwo zwischen „Amityville Horror“ und „Der Exorzist“ aus. Und werden damit zu Helden einer hysterischen Medienmaschinerie.

So gerade geschehen in den USA, wo die Zeitung The Indianapolis Star lang und breit „The exorcisms of Latoya Ammons“ aufkocht.

Heute hat es der Dämonenheuler auch in die deutsche Welt geschafft:

Das Haus des Teufels und der 200 Dämonen“

Man muss nicht mal übermäßig kinoaffin sein, um bei solchen gar fürchterbaren „Erlebnisberichten“ der Familie Ammons das große Gähnen zu kriegen:

Bereits kurz nach dem Einzug haben sie das Gefühl, dass mit dem Haus etwas nicht stimmt. An den Scheiben der Veranda etwa tummeln sich Tausende von Fliegen […]

Der kleinere Junge, so berichtet Oma Campbell, soll rückwärts die Wand hochgelaufen und nach einem Salto von der Decke wieder auf dem Boden gelandet sein. […]

Das Mädchen, so berichten die beiden Frauen übereinstimmend, schwebte minutenlang über ihrem Bett.“

Fast ist man versucht, einfach eine Liste mit den Filmen hinzufaxen, aus denen die lieben Kleinen sich diesen Quatsch abgeschaut haben.

Und es stellt sich eigentlich nur die Frage, was seriöse Medien umtreibt, dem auch noch breiten Raum zu geben.

Sehr spaßig ist zum Beispiel, dass auch Welt-Online ein Foto zu der Geschichte mit folgender BU abdruckt:

Das offizielle Polizeifoto des Hauses von Latoya Ammons, das den gestandenen Ermittlern im Nachhinein Angst einjagte. Rot umrandet: eine schemenhafte Gestalt, die dem Fotografen erst nach der Entwicklung des Bildes auffiel.“

Dass diese Aufnahme wohl mit einer Hoax-App fürs Handy gemacht worden ist, konnte man schon gestern bei Doubtful News erfahren.

Zuvörderst steht der angebliche „Exorcisms of Latoya Ammons“ und der Medienrummel für eine besorgniserregende Entwicklung: An allen Ecken und Ecken schnuppern Fundis derzeit den Schwefelgeruch des Gehörnten.

  • Bob Larson (der mit den „Teenage Exorcists„) treibt mittlerweile via Skype den Teufel aus.
  • In Maryland sterben zwei Kinder bei einer Teufelsaustreibung.
  • Der Focus lässt mal wieder die Exorzisten-Szene in Deutschland hochleben.
  • Das Online-Portal Katholisches.info strickt sich eine Schwachfug-Geschichte über den „Kampf eines Exorzisten heute“ zusammen.

Die Kleine Zeitung schreibt schon von einem „Comeback des Teufels“.

Kein Wunder, dass eine verhaltensoriginelle US-Familie auf dieser Welle von Dämonenangst und Sensationsgier gerne mitschwimmen möchte.

Immerhin endet der Welt-Artikel darüber nicht unkritisch:

In Indiana selbst hingegen glaubt nicht jeder den Erzählungen. Ein Arzt, der die Mutter untersucht, ist davon überzeugt, dass Latoya Ammons unter Wahnvorstellungen leide. Sie habe Halluzinationen und bilde sich nur ein, „Dämonen zu sehen“.

Ein anderer Sozialarbeiter, der die Kinder später sieht, denkt, dass die beiden Jungs und das Mädchen für die Mutter „geschauspielert hätten“. Und der Vermieter des Hauses in Gary, Charles Reed, versteht die ganze Sache nicht. „Ich habe nie Probleme mit dem Haus gehabt“, sagt er.

Erst als die Ammons eingezogen sind, gab es Ärger. Jetzt sei aber wieder alles ruhig. „Die neuen Mieter“, erzählt Reed, „haben sich bisher nicht über Dämonen beschwert.“

Zum Weiterlesen:

  • The exorcisms of Latoya Ammons, Indystar am 28. Januar 2014
  • Das Haus des Teufels und der 200 Dämonen, Welt-Online am 29. Januar 2014
  • Demonic tale sounds like Hollywood, has little else to hold it up, Doubtful News am 26. Januar 2014
  • Teenage Exorcists: Drei heiße Bräute Christi im Kampf gegen böse Sex-Dämonen, GWUP-Blog am 15. September 2013
  • „Der Exorzist“ – und die Fakten, GWUP-Blog am 16. Januar 2013
  • The Haunted Boy of Cottage City: The Cold Hard Facts Behind The Story That Inspired “The Exorcist”, Strange Magazine
  • Amityville Horror oder Amityville Hoax? GWUP-News am 18. April 2005
  • „The Conjuring“: Zwei Geisterjäger im Reich der Fabel, GWUP-Blog am 18. Juli 2013

 

 

15 Kommentare

  1. Wenn wir in den USA leben würde, dann hätte das brennende Sägewerk der Familie Michel und die angeblichen Dämonen im Feuer, eine richtiges Medien-Ereignis machen können.
    https://blog.gwup.net/2013/06/15/munteres-pareidolieren-hitler-jesus-und-anneliese-michel/

    Es ist kein Geheimnis, das in den USA viele „bibeltreue Christen“ leben, die nur allzu gerne den „Teufel an die Wand malen“…
    denn was ist das Christentum ohne die Hölle?

    Wenn es keinen Teufel und Hölle gibt – warum ist dann Jesus den Kreuzestod gestorben?

  2. Der Teufel ist doch sozusagen ein Angestellter Gottes.:-)
    Er nimmt doch nur die Bösen und bestraft sie

    Frage: auch ohne Teufel und Hölle kann den Sündern doch der Einzug in den Himmel verwehrt bleiben.

    Aber es stimmt schon Wer keine Angst vorm Teufel hat braucht auch keinen Gott :-)

  3. @Ralf:
    Warum Jesus den Kreuzestod gestorben ist? Aus demselben Grund warum friedliche Occupy-Demonstranten Pfefferspray abbekommen, Leute, die Demokratie fordern, mit „non-letal weapons“ erschossen werden etc. Aufrührer, die den status quo gefährden, werden so effektiv, wie es die aktuelle politische Lage erlaubt, entfernt. Vor 2000 Jahren war das Kreuzigen die probate Methode. Darum.

  4. „Das Mädchen, so berichten die beiden Frauen übereinstimmend, schwebte minutenlang über ihrem Bett“
    Niemand kam auf die Idee, alles mit einer Videokamera aufzunehmen.
    Die ganzen Vorkommnisse geschahen erst mit dem Einzug in dieses Haus, vorher schien die Familie nirgendwo Probleme zu haben, was auch seltsam ist.

    Da muss ich an die Werbeaktion zum Remake von „Carrie“ letztes Jahr denken.
    http://www.youtube.com/watch?v=VlOxlSOr3_M

  5. »Warum ist dann Jesus den Kreuzestod gestorben?«

    Ist er das? Und wenn jemand namens Jesus am Kreuz gestorben ist, war er nur einer von vielen.

  6. @omnibus56 & kumi
    Nach christlich theologischer Sicht, starb Jesus den Kreuzestod, um die Sünder zu erretten.
    Durch das Opfer, hat er alle Sünden dieser Welt auf sich genommen.
    Aus diesem Opfer resultieren letztendlich auch die „Gaben“ (Sakramente), die durch das Blut Christi „erkauft“ wurden.
    So weit, so gut…nun ist aber die Frage, warum er das tun mußte, wenn es keinen Teufel gäbe; da der „Vater“ barmherzig ist, würde er doch seine „Kinder“ in den Himmel einlassen, auch ohne dieses grausamen Opfers. Hier kommt der Teufel in das Spiel…aber so richtig logisch, wird das ganze aber trotzdem nicht… :-/
    Früher in der Schule, hatte ich in Religion immer die beste Note (in Bayern, da ist es ein „Vorrückungsfach“ Immer noch?) :-)

  7. Ein sogenannter Geisterjäger hat das Haus gekauft
    http://www.huffingtonpost.com/2014/02/02/zak-bagans-buys-demonic-h_n_4713309.html
    Der Markler muss den Verkauf gut abgewickelt haben, um im Falle eines ausbleibenden Spucks nicht selber verklagt zu werden

  8. Laut eines Presseartikels von 1975 wurde für die Schwebenummer in dem Film „Der Exorzist“ übrigens der weltbekannte Illusionist Richiardi zur Beratung hinzugezogen, dessen Schwebetechnik (Tricktechnik) dann tatsächlich verwendet wurde!

  9. @Pierre Castell
    Ja, die „Schwebenummer“ war wirklich gut, aber der Effekt, in dem sich der Kopf dreht, ist nicht gut gemacht, da sieht man deutlich, daß der Körper eine „Puppe“ ist (besonders, wenn man auf „Standbild“ drückt ;-))

    Aber trotzdem ist der „Exorzist“ einer meiner absoluten Lieblingsfilme…seit Jahrzenten begleitet er mich…und immer wieder sehe ich ihn anders – heute natürlich „nüchterner“

    (obwohl ich mir dabei auch mal ein oder zwei Bierchen gönne)…und ich glaube die Zeit ist auch wieder einmal reif dafür…

  10. @ Ralf
    Die „Kopfdrehszene“ habe ich nicht mehr in Erinnerung.

    Ich meine auch nur die Szene, in der die junge Dame im Bett hochschwebt.

  11. @Pierre Castell
    Diese Art von Spiele kenne ich – das sind so „Suchspiele“…eine Zeit lang gab es die als kostenlose Beigabe beim PC-Magazin (aus „Nostalgie“-Gründen lese ich noch reale PC Zeitschriften ;-))

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