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„Axe“ fällt wieder Schüler

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Diesem „Axe“-Werbefilmchen hatten wir bewusst keinen Platz bei unseren Halloween-Videos eingeräumt:

Aber just am selben Tag brach ganz realer Schrecken über die Marke „Axe“ des Unilever-Konzerns herein:

An der Medgar Evers College Preparatory School in Brooklyn mussten zehn Schüler medizinisch versorgt werden, nachdem sie den viel beworbenen „Axe-Effekt“ kennenlernen durften, berichtet Time.

Ein Sechstklässer hatte offenbar zu viel von dem Deo versprüht, woraufhin seine Kameraden über einen „penetranten, stechenden“ Geruch klagten und Krankheitssymptome zeigten. Die Schule wurde vorübergehend geschlossen.

Klingt spaßig – aber dieser Umstand allein qualifiziert das Thema ja noch nicht für den Skeptiker-Blog.

Die Frage ist vielmehr, was da eigentlich genau los war.

Im März dieses Jahres ereignete sich bereits ein ähnlicher Vorfall an einer Highschool in Pennsylvania. Damals ging es nur um einen Schüler.

Dieser hatte offenbar eine Anaphylaxie erlitten, eine schwere allergische Reaktion. Unklar blieb allerdings, gegen welchen Inhaltsstoff der Jugendliche allergisch war und weshalb (bei mutmaßlich regelmäßigem Deogebrauch) dieser allergische Extremfall erst in der Schule ausgelöst wurde.

Trotzdem erließ die Freedom High School in Bethlehem ein aufsehenerregendes „Axe“-Verbot.

Womit haben wir es nun aktuell in New York zu tun?

Mit einer seltenen Geruchsstörung (Dysosmie), bei der Betroffene übersensibel auf Duftstoffe reagieren?

Mit Multipler Chemikalienunverträglichkeit (MCS)?

Oder riecht das Ganze nicht eher nach einem klassischen Nocebo-Effekt, wie er auch zum Beispiel 1998 in der Warren County High School von McMinnville, Tennessee, auftrat:

Eine Lehrerin [bemerkt] einen merkwürdigen, ihr unbekannten Geruch. Ihr wird übel. Kurze Zeit später sind weitere Lehrer und Schüler betroffen. Sie klagen über Schwindel, Übelkeit und Kopfschmerzen.

Immer mehr Kranke finden sich in der Notstation der Schule ein. Sie werden ins nahe gelegene Krankenhaus transportiert. Die örtliche Polizei entscheidet, die Schule zu evakuieren und auch alle anderen Schulen am Ort zu schließen. Insgesamt werden 6.400 Schüler und 1.300 Angestellte nach Hause geschickt […]

Die gesamte Schule wird durchkämmt auf der Suche nach der Quelle des Geruchs, der dem von Lack-Verdünner ähneln soll. Doch ohne Erfolg. Der krankmachende Geruch ist auf wundersame Weise verschwunden.

Die eingehende Befragung der Betroffenen ergibt schließlich, dass diese fast alle zunächst Kranke beobachtet hatten, bevor sie selber Krankheitszeichen entwickelten. Sie wurden regelrecht angesteckt.

Die Behörden schließen daraus, dass es sich um eine Art Massenhysterie handelt.“

Eine letzte – eher unwahrscheinliche – Möglichkeit ist die, dass ein anderer „Axe“-Werbespot als der eingangs gesehene doch noch Realität wird: der vom Weltuntergang.

Zum Weiterlesen:

  • School Shut Down and Kids Hospitalized After 6th Grade Boys Spray Too Much Axe, Time am 31. Oktober 2013
  • Pa. school asks students to cut back on body spray, Yahoo-News am 20. März 2013
  • Axe axed because of allergic reAXEtion, Doubtful News am 21. März 2013
  • Quarks und Co.: Wer daran glaubt, wird krank, Sendung vom 3. Juli 2012
  • Der Nocebo-Effekt: Aberglaube und Vorstellung machen krank, Ratgeber-News-Blog am 2. November 2013
  • „Plötzlich unerklärliche Symptome“: Interview mit der Umweltmedizinerin Prof. Caroline Herr, Skeptiker 2/2009
  • Medienberichte können Krankheitssymptome auslösen, derStandard.at am 30. April 2013
  • Vergiftet ohne Gift: Glauben und Angst in der Toxikologie, Skeptiker 3/1995
  • 2012-Deo: Jetzt riecht’s nach Untergang, GWUP-Blog am 1. Januar 2012

4 Kommentare

  1. Multiple Chemikalienunverträglichkeit (MCS), ob tatsächlich vorhanden in Form von Überempfindlichkeiten/Allergien oder vermutet bzw. eingebildet, ist der ideale Ansatzpunkt für all jene, die damit bzw. darauf aufbauend diverse Ängste schüren oder erzeugen wollen.

    Mit dem Ziel, sich so Zulauf an Klientel bzw. Käufern zu schaffen für ihre „Therapien“ bzw. Produkte.

    Selbst das Anhören von „Amygdala-Retraining“-Kassetten (nach Hopper und Gupta) soll von MCS heilen; was ja ausschließt, dass überhaupt toxische Auslöser und dann reproduzierbare körperliche Reaktionen vorliegen.

    „Trainiere deinen Mandelkern im Hirn – und du wirst gesund …!“

    Diese Kassetten wurden (werden noch?) von Christian Schifferle, Präsident der Schweizer MCS-Liga vertrieben, der gleichzeitig ins („schadstofffreie“) Baugeschäft eingestiegen ist – mit finanzieller Unterstützung der dortigen staatl. Stellen.

    MCS als „umweltbedingte Erkrankung“ spricht auch „Elektrosensible“ an bzw. alle, die ungeklärte Befindlichkeitsstörungen haben.

    Der entsprechende „alternative, ganzheitliche, spirituelle“ Gesundheitsmarkt boomt …!

  2. Nachtrag:

    AXE-Deo z. B. riecht wirklich penetrant – kann mir schon vorstellen, dass einem davon vorübergehend schlecht wird bzw. Jedem, der eine feine Nase hat … :-)

    Es gibt jedoch Vereine für umweltbedingt Erkrankte, die Petitionen beim Postministerium einreichen, um den Verkauf von Duftbriefmarken verbieten zu lassen, weil man sich durch diese geschädigt wähnt.

    Das halte ich für stark übertrieben, denn man braucht sie ja nicht zu kaufen („Expositionsvermeidung“) – und wenn man sie auf Postsendungen erhalten sollte, sind die Düfte dann bestimmt schon verduftet … ;-)

  3. Unter anderem in der Zeitschrift „stern“ gab es vor vielen
    Jahren Werbeseiten mit Duftproben, die manchmal bereits
    mit Aufschlagen der Seite im Raum wirkten.

    Ergebnis bei mir: geschwollenes Auge, Herzrasen, Juckreiz,
    Schwindel und somit ärztlicher Notdienst.

    Eine Beschwerde von mir (und vermutlich vielen anderen Lesern)
    brachte Erfolg: Die Duftproben gibt es schon lange nicht mehr.

    GvC

  4. @Connie:

    Dann würde ich Ihnen dringend davon abraten, je die „Vogue“ zu kaufen.

    Warum sollte der „Stern“ Duftproben beilegen, für wen?

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