Bundespräsident Christian Wulff ist der „Einsatz für die Homöopathie“ einen Verdienstorden wert.
Ein Kommentar von Andreas Dietz:
Dem höchsten Amt im Staat fehlt es bis dato an einem handfesten Wirksamkeitsnachweis.
Alles, was der Bundespräsident sagt und tut, lässt sich sehr gut mit dem Arzt-Patienten-Effekt und dem Placebo-Effekt beschreiben: Er hört zu, ermuntert, lächelt und verteilt Zuckerkügelchen. Das Bundesverdienstkreuz zu erhalten galt lange Zeit als eine besondere Ehre für Menschen, die sich mit politischen, gesellschaftlichen und geistigen Leistungen um das Gemeinwohl verdient gemacht haben.
Spätestens jedoch, als Horst Köhler vor zwei Jahren den „Wort-und-Wissen“-Kreationisten Reinhard Haupt für seine bewundernswert rückständige Bibelexegese würdigte, muss an der Bedeutung dieses Ordens gezweifelt werden. Christian Wulff greift diese Tradition jetzt auf. Am 12. Januar 2012 wurde Dr. Wolfgang Springer das Bundesverdienstkreuz verliehen.
Das bayrische „Lebensministerium“ für Umwelt und Gesundheit lässt uns in der Laudatio für Herrn Springer wissen, dass dieser sich „durch seinen Einsatz für die Homöopathie in Deutschland (…) herausragende Verdienste erworben“ habe. Springer wird uns als Tausendsassa des Quacksalbertums vorgestellt. So war er Gründungsmitglied und eine Zeit lang zweiter Bundesvorsitzender der Hahnemann-Gesellschaft, die es sich zum Ziel gesetzt hat, ihren Aberglauben „als moderne und zeitgemäße Medizinrichtung voranzubringen“.
Springer hat außerdem als Dozent die wissenschaftlich fundierte Ausbildung von Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten und Apothekern auf bewundernswerte Weise systematisch verdünnt und trat durch organisatorisches Talent in den Vordergrund: Sowohl der Festakt „200 Jahre Homöopathie“ in der Frankfurter Paulskirche (1996) als auch der 60. „Homöopathische Weltärztekongress“ in Berlin (2005) gehen auf sein Konto.
Bundespräsident Christian Wulff, der wegen eines kleinen grauen Häuschens und der brisanten Mitteilung auf einem Anrufbeantworter großes Aufsehen erregt hat, sonst aber ein eher homöopathisches Amtsverständnis zu haben scheint, behandelt Gleiches mit Gleichem. Mit der Verleihung eines Placebos an Wolfgang Springer zeigt Wulff, dass er sich auskennt. Das Bundesverdienstkreuz hat in etwa noch die Wirkung eines Fruchtbonbons, das Mütter ihren Kindern in den Mund schieben, damit sie aufhören zu weinen.
Wenn man es an Pseudowissenschaftler und Quacksalber aller Art verteilt, wird es nämlich praktisch bedeutungslos. Die solchermaßen Geehrten dürfen sich aber dennoch wohl fühlen und sich einbilden, dass ihr Hokuspokus nun von höchster Stelle als besondere geistige Leistung geadelt wurde.“
Zum Weiterlesen:
20. Januar 2012 um 21:44
Tja, Jürgen Fliege hat auch eins, das scheint ja wirklich jeder zu bekommen.Schade, auch die Anzahl von über 240 000 spricht nicht gerade für ne Straffe Qualitätssicherung ;-(
20. Januar 2012 um 23:12
Ach Andreas Dietz,
Du pöser, pöser Junge,
was hat dir der Bundespräsi denn getan? Er ist doch nur der Durchschnittstdeutsche, keine Ahnung, aber das von ganzem Herzen. Soll er doch Deuschland repräsentieren, mehr ist leider nicht drin.
27. Januar 2012 um 11:48
Aber man kann doch Alles! „downgraden“.
Made in Germany. Heimlich offiziell irgendwo auf dieser Welt angefertigt.
Der Bundespräsident als moralische Instanz.
Das BVK.
Ich glaube ich will gar nicht an irgend einer Stelle herausragend sein.
Könnte ja vielleicht negativ augelegt werden.
28. Januar 2012 um 09:36
Dirk Maxeiner und Michael Miersch haben in der WELT eine Kolumne dazu geschrieben:
„Manchmal erhalten kleine Begebenheiten Symbolkraft, weil sie zufällig mit größeren zusammenfallen. So erhielt Mitte Januar der Homöopath Wolfgang Springer das Bundesverdienstkreuz, und der Chemiekonzern BASF verlagerte seine Gentechnik-Sparte nach Amerika. Die Parallelität beider Ereignisse zeigt, woher der Wind weht. Wissenschaftler emigrieren, Scharlatane bekommen Orden vom Bundespräsidenten. (…)“
http://www.welt.de/print/die_welt/debatte/article13836356/53-Tote-aber-alles-Bio.html
30. Januar 2012 um 23:07
Die Globuli-Naschkatzen lesen unseren Blog:
http://www.globuli.net/2012/01/30/bundesverdienstkreuz-fuer-homoeopath-dr-springer/
„(…) Viele Anhänger der so genannten evidenzbasierten Medizin, die sich auf die Doppelblindstudie als einzigen objektiven Indikator für medizinische Wirksamkeit stützt, reagieren mit drastische Formulierungen. Die Homöopathie wird als Aberglaube und Hokuspokus qualifiziert und Springer als Tausendsassa des Quacksalbertums bezeichnet.“
Immerhin habe ich die Homöopathie als etwas qualifiziert. Etwas mehr Dankbarkeit hätte ich mir da schon gewünscht.