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Daniele Ganser, der „Verschwörungs-Praktiker“

Welt-Online schließt sich der Einschätzung von Prof. Michael Butter und Roger Schawinski an – beziehungsweise geht sogar noch darüber hinaus, indem die Redaktion den selbst ernannten Schweizer „Friedensforscher“ Daniele Ganser als „Verschwörungspraktiker“ bezeichnet.

Den Artikel gibt’s kostenpflichtig bei Welt+. Das Wichtigste daraus in Kürze:

Ganser bietet griffige Erklärungen für Konflikte, die kaum noch einer begreift […] Seine Botschaft klingt simpel: All das Leid in der Welt gäbe es nicht, hielten sich die USA nur an die UN-Charta. Doch sie tun es nicht. Nicht in Syrien, der Ukraine, in Israel und dem Rest der Welt.

Nur, kämpfen nicht in all diesen Konflikten mehrere Mächte für ihre Interessen? Wieso ist dann immer nur ein Land schuld? Wer die Dinge so schlicht schleift, dessen Friedensbotschaft tut etwas Paradoxes – sie schafft ein Feindbild: Amerika. Dazu würde man ihn gern fragen. Doch mit den „Mainstreammedien“ will er nicht mehr reden.“

Ganser betont, wie es nun mal die Aufgabe eines Historikers sei, nur Fragen zu stellen. Doch er stellt sie so, dass sie nur einen Schluss zulassen – seinen. Und er argumentiert nicht nur, oft legt er nahe, wird manipulativ […]

Längst sieht Ganser sich selbst als Opfer einer Verschwörung. Am Nachmittag des gleichen Tages in Hannover sitzt er in einer Diskussionsrunde mit einem Traumapsychologen, gut 300 Menschen hören ihm in der gleichen Halle zu, in der er später seinen Vortrag halten wird. Ganser sagt: „Irgendwann hat man mir geraten, an bestimmten Themen erst weiterzuforschen, wenn ich Professor bin, sonst bekäme ich den Titel nicht.“ Seine Frau, die ein mutiger Mensch sei, habe ihn bestärkt, trotzdem weiterzumachen. Die Geschichte erzählt er häufig. Sie nährt seinen Opfermythos.“

Der Trierer Politologe Markus Linden […] hält für gefährlich, was Ganser tut. Für ihn ist er „ein Populist und Manipulator“. Unter dem Label Friedensforschung schüre er Antiamerikanismus, während er Russland einseitig positiv darstelle […] Seinen letzten Lehrauftrag an der Universität St. Gallen verlor er im April. Offiziell, weil der Studiengang reformiert wurde, doch der öffentliche Druck war groß.

Es gibt einige, die fürchten, damit werde Ganser noch stärker – auch aus finanzieller Not – in die Zuspitzung seiner Thesen gedrängt. Er lebt jetzt von seinen Auftritten und dem Verkauf der Bücher.“

Diese Befürchtung ist sicher berechtigt. Aber primär kommen bei Ganser wohl ein starkes „Bedürfnis nach Anerkennung“ (so der Schweizer Soziologe Ueli Mäder in der Welt), sein „Opfermythos“ (Welt) und womöglich auch ein ausgeprägter „Verfolgungswahn“ (Roger Schawinski) zusammen.

Schawinski:

Er [Ganser] zitiert einen Kollegen, dem er offensichtlich zustimmt: «Man kann uns nicht alle töten, weil wir zu viele sind.» Er redet, als wären sie ebenfalls Widerstandskämpfer im Dritten Reich. Er vergleicht sich mit Leuten, die ihr Leben im zivilen Widerstand gegen ein Terror-Regime opferten. Das ist absolut unzulässig. Denn er lebt in der Schweiz, in einer Demokratie und kann überall frei reden und publizieren. Er füllt mit seinen Tiraden Vortragssäle und kassiert dafür viel Geld.“

Zum Weiterlesen:

  • Verschwörungstheorien: Herr Dr. Ganser, bitte zum Gespräch, GWUP-Blog am 27. Mai 2018
  • Video: Dr. Ganser im Faktencheck, Teil IV, GWUP-Blog am 17. Februar 2018
  • Videos: Daniele Gansers Phraseologie im Faktencheck, GWUP-Blog am 29. Januar 2018
  • Wer zum Teufel ist Ariana? Verschwörungstheorien in der Schule und die Ganser-Wahrheit, GWUP-Blog am 28. Juli 2017
  • Daniele Ganser – das One-Trick Pony, Psiram am 6. Juni 2017
  •  Verschwörungstheorien: Ist das wirklich wahr? Stuttgarter Zeitung am 8. Juni 2018
  • „Hätte man die Anschläge von 9/11 inszeniert, wären sie perfekter“, higgs am 31. Mai 2018
  • Die Top drei der irrsten Verschwörungstheorien in der Geschichte, Déjà-vu Blog am 11. Juni 2018

4 Kommentare

  1. @Ganser-Fanboys:

    Spart Euch die Mühe, Eure Komplexitätsreduktionen, Denkfaulheit und blinde Guru-Verehrung orchestriert hier abzuladen.

    Ich halte es da ganz mit Philippe Wampfler:

    „In den Ganser-Diskussionen [habe ich] viel darüber gelernt, wie Infor­ma­tion ohne Bemü­hung um Wahrhaftig­keit für die Konstruk­tion von Verschwö­rungs­theo­rien einge­setzt wird.“

    https://geschichtedergegenwart.ch/mit-verschwoerungstheoretikern-reden-ein-bericht/

  2. @Bernd Harder:

    Das klingt so, als seien in kurzer Zeit seit Veröffentlichung des Textes schon einige dieser Gläubigen vergeblich bei der gwup aufgeschlagen. Diese Leute sind gut untereinander vernetzt, das muss man ihnen zugestehen.

  3. @RPGNo1:

    Ja, es bestätigt sich bei jedem Artikel dasselbe:

    „Diese vierte Phase legt für mich die Vermu­tung einer Orga­ni­sa­tion inner­halb der Ganser-Gesprächskreise nahe. Ganser selbst tritt wie erwähnt nie in Erschei­nung.“

    https://geschichtedergegenwart.ch/mit-verschwoerungstheoretikern-reden-ein-bericht/

    Und auch die Vorgehensweise ist stets identisch. Was die Ganser-Fanboys nicht verstehen (wollen), ist dieser schlichte Satz:

    „Philipp Sarasin hat gezeigt, wie die rheto­ri­sche Stra­tegie, zu fragen, statt zu behaupten, sich zu wundern, statt zu belegen, Theorien konstru­iert, die per se nicht wider­legt werden können. Zur Verschwö­rungs­theorie werden sie, weil sie keine Krite­rien enthalten, mit denen sie sich falsi­fi­zieren ließen.“

    https://geschichtedergegenwart.ch/was-ist-falsch-an-verschwoerungstheorien/

  4. @alle Ganser-Fanboys und-girls:

    Solange Euer Idol sich jeder kritischen Diskussion verweigert, in der grundlegende Fragen zu seinen Thesen geklärt werden könnten, betrachten wir eine Alibi-Debatte mit seinen aufgescheuchten Lakaien (also mit Euch) als sinnlos:

    https://blog.gwup.net/2018/05/27/verschwoerungstheorien-herr-dr-ganser-bitte-zum-gespraech/