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Die „magischen Heilkräfte der Edelsteine“ im Kindergarten

| 21 Kommentare

Das war die Ausgangssituation:

Die Mutter schrieb daraufhin einen zweiseitigen Brief an die Einrichtung, der zudem im Science-Blog Na klar! abgedruckt wurde:

Wenn man persönlich glaubt, dass einem Edelsteinwasser gut tut oder es gar „heilt“, ist das völlig in Ordnung – nur sollten Dinge, die nicht objektiv verallgemeinerbar sind, weil sie schlichtweg jeder Wissensgrundlage entbehren und im Bereich der Esoterik anzusiedeln sind, Kindern so nicht „beigebracht“ oder vermittelt werden.

Kinder können zwischen Glaubens- und Wissensinhalten noch nicht unterscheiden – das ist auch sehr gut so! Mit dem gleichen Ernst, mit dem sie Wissen aufnehmen, nehmen sie aber auch Dinge auf, die im Bereich der Privaterfahrung und des Privatglaubens bleiben sollten […]

Was uns wirklich bestürzt hat, waren die Tränen unseres Kindes, das heute morgen in einen echten Konflikt geriet, ein Konflikt zwischen Autoritäten: der Erzieherin, die er sehr schätzt und der er gern zuhört und uns – er nimmt Wissensinhalte eben auch sehr ernsthaft und begeistert auf, mit der gleichen Begeisterung gibt er sie wieder und brach in Tränen aus, als wir ihm sagten, dass das Ganze so nicht stimme […]

Daher unsere Bitte: bitte versuchen Sie auch in Zukunft (Privat-)Glauben und Wissen zu trennen. Wer seinen Kindern Bernsteinketten umhängen will, soll das tun – eine etwaige „Heilkraft“ aber als verallgemeinerbares Wissen zu deklarieren, überschreitet für uns eine Grenze. Wir nehmen gewiss niemandem seinen Glauben und das hier ist kein „Angriff“ – wir möchten aber erinnern, dass bestimmte Dinge doch einfach in den Privatbereich gehören […]

Die Fähigkeit, Faktisches von Nicht-Faktischem trennen zu können, wird in Zukunft eine Fähigkeit sein, die unsere Kinder dringend brauchen werden, um zu verhindern, dass unser Urteilsvermögen verwirrt und bereits Erreichtes – z. B. aufgeklärtes Denken als Grundlage der Moderne, der Demokratie – wieder verloren geht.

Da kann man auch im Kindergarten schon sehr viel für tun – nicht einfach, aber eine so wichtige Aufgabe.“

Zum Weiterlesen:

21 Kommentare

  1. Ich hätte halt das persönliche Gespräch gesucht anstatt die Erzieherin öffentlich bloßzustellen.

  2. @Helmut E.:

    Auch hier kann ich – wie bei allen Ihren Kommentaren – Ihre seltsame Polemik nicht nachvollziehen.

    Weder die Einrichtung noch die Erzieherin werden namentlich genannt oder sind in anderer Weise erkennbar.

    Wer wird hier Ihrer Meinung nach wie „bloßgestellt“?

  3. @ Bernd Harder
    Für mich wäre es das zwar nicht, aber vielleicht ist es in den Augen von Helmut E. schon eine öffentliche Bloßstellung, wenn ein Brief an die Leitung geschrieben wird.

    Zum Brief: Hier ist er sehr wohlwollend gekürzt worden. Wäre er so abgeschickt worden, gäbe es kaum einen Kritikpunkt. Ganz gelesen, hinterlässt er bei mir allerdings einen eher zwiespältigen Eindruck. Einerseits wird zu Recht kritisiert, dass ein Kind esoterisch indoktriniert wird, andererseits betet die Mutter täglich mit dem Kind und betont im Brief ihren tiefen Respekt vor der Institution Kirche. Vielleicht ist das ja ein kirchlich geführter Kindergarten und die Eltern wollten es sich nicht völlig mit der Leitung verscherzen. Neutral betrachtet wirkt das allerdings nicht sonderlich konsequent zu Ende gedacht bzw. gelebt.

  4. @RainerO:

    – Es liegt mir völlig fern, etwas „wohlwollend“ zu kürzen. Aber ich kann/darf ja nicht den ganzen Brief übernehmen und muss versuchen, einen Eindruck zu vermitteln, worum es im Kern geht.

    – Zu dem Punkt, den Sie ansprechen, nehmen die Eltern im Kommentarbereich des verlinkten „Na klar“-Artikels ausführlich Stellung.

  5. @ Bernd Harder
    Meine Bemerkung über die Kürzung war nicht als Schelte gemeint (tut mir leid, falls das so angekommen ist). Es kann ja ohnehin jeder den Volltext bei „Na Klar!“ nachlesen.
    Die Kommentare verfolge ich schon seit drei Tagen und beteilige mich auch daran. Meine Kritikpunkte konnten die Eltern (eigentlich nur der Vater) damit allerdings nicht zerstreuen. Vielleicht bin ich aber auch nur zu streng.

  6. @Rainer O.:

    „Meine Kritikpunkte konnten die Eltern (eigentlich nur der Vater) damit allerdings nicht zerstreuen.“

    Ja, dazu läuft in der Tat eine recht lebhafte Diskussion.

  7. Auch hier wieder: den Unterschied zwischen nicht falsifizierbaren Glaube und Pseudowissen sollte man schon kennen.

  8. @Bernd Harder
    Wenn Sie in meinem Kommentar Polemik erkannt haben, sollten Sie Ihre Wahrnehmung kritisch reflektieren. Kann es sein, dass zwischenmenschliche Kontakte nicht so das Ihre sind?

  9. Ich will meinen ersten Kommentar aber gerne näher erläutern (eigentlich dachte ich, er wäre selbst erklärend): wer sich bei der Kindergartenleitung über eine Erzieherin beschwert, die „magische Edelsteine“ in ihr Trinkwasser legt, muss damit rechnen, dass jede/r Beteiligte weiß, um wen es geht. Denn allzu viele Erzieherinnen wird es ja hoffentlich nicht geben, die das machen.
    Wahrscheinlicher ist, dass es genau eine gibt und dass diese Frau für ihre esoterische Neigung auch bekannt ist und dafür entsprechend belächelt wird. Und sollte irgendwer vom Erzieherteam oder vom Elternbeirat die Verrücktheiten dieser Frau tatsächlich noch nicht mitbekommen haben, dann wird er/sie – Beschwerdebrief sei Dank – diese Wissenslücke nun endlich füllen können.

    Zur Erinnerung: es handelt sich um die Frau, der die Eltern tagtäglich ihr Kind anvertrauen. Also um eine Vertrauensperson, zu der man ein Naheverhältnis haben sollte.

    Natürlich ist es legitim, das Thema anzusprechen. Wer will schon, dass seinem Kind Unfug erzählt wird. Für die Familie war jedoch ein zweiseitiger Beschwerdebrief das Mittel der Wahl. Für Herrn Harder auch; er kann hier keine öffentliche Bloßstellung erkennen…

  10. @ Helmut E.

    er kann hier keine öffentliche Bloßstellung erkennen…

    Ich auch nicht.

    Wenn da stünde: „Frau Florentine Honig aus dem Kindergarten „Glückskäfer“ in Catrop-Rauxel erzählt ihren Kindern von Heilsteinen“ wäre es eine öffentliche Bloßstellung.

    Im vorliegenden Fall kann man nur ablesen, dass es wohl irgendwo in Deutschland ist. Wo ist da die Bloßstellung?

  11. Ich sehe das Problem ein wenig darin, dass der entsprechenden Erzieherin schlicht nicht bewusst sein wird, dass sie da Esoterik lehrt. Für sie dürfte es sich nicht um Glauben, sondern um Wissen handeln.
    Sicherlich hätte man zuerst mit der Erzieherin sprechen sollen, bevor man an die Leitung geht. Ob das nicht geschehen ist, ist für mich jetzt nicht ersichtlich.

  12. @ c. becker, du ahst garantiert noch nie mit so einer/em eso….. gesprochen, sonst hättest du diesen vorschlag nicht gemacht.

    die sind so überdreht und von ihrem blödsinn überzeugt, da geht man nach kurzer zeit weg weil einem schlecht wird.

    das problem liegt einfach darin, wenn ich mit jemandem sprechen will muß man zumindest von den gleichen grundprinzipien ausgehen sonst redet man aneinander vorbei. ergebnis man geht lieber weg als dem gegenüber eine reinzuhauen.

  13. @ diabetiker:

    Und vor allem glauben diese Menschen felsenfest, dass ihnen solche Kiesel schon viel Gutes gebracht und gut getan haben. Dass das alles Einbildung ist, weisen sie selbstverständlich empört von sich. Und mit Wissenschaft darf man denen gar nicht kommen – was weiss schon die dogmatische Wissenschaft?

  14. Ich habe, als ich ca. 16 Jahre alt war, in der Schule auch eine „esoterische“ Erfahrung gesammelt.

    Während einer Unterrichtseinheit der Fachvertiefung für Religion (die ich aus kulturellem Interesse besucht habe) wurde während einer Einheit eine Rutengeherin eingeladen. Bewaffnet mit ihrem „Messinstrument“ demonstrierte sie uns auch diese Technik. Anschließend (nachdem jeder zusehen durfte und instruiert wurde) durfte es jeder einzeln ausprobieren.

    Meine Eltern waren keine wissenschaftlich geschulten Personen, jedoch war insbesondere meine Mutter sehr bemüht, ihre Kinder mit einem kritischen Verstand in die Welt zu entsenden. Entsprechend schnell keimte – insbesondere als ich selbst die Rute in der Hand hielt – in mir der Verdacht auf, dass die ausgeführten Bewegungen durch die vorhergehenden Demonstration dazu führten, dass fast jeder sich in die gleiche Richtung führen ließ.

    Auch andere Ergebnisse wurden positiv gedeutet (als ebenso neues, richtiges Ziel)

    Als ich kritisch bemerkte (wenn auch in einer einfacheren Ausdrucksweise), dass man mit diesem Versuchsaufbau keine unbeeinflusste Replikation ihres Handelns, welcher als Beweis durchgehen würde, gewährleisten könnte und ich mich nicht so einfach in eine Richtung leiten ließe, wurde mir vorgeworfen, es würde funktionieren, aber Menschen wie ich würden sich einfach sperren gegen diese „Kräfte“.

    Anschließend wurde noch über Erdmagnetfeldlinien (ich glaube, so nannte die Frau diese „Naturerscheinung“) referiert. Speziell die Punkte, dass (soweit ich mich erinnere) diese den Menschen eher schaden würde, Hunde sie auch meiden würden, aber Katzen angezogen werden würden durch diese, fand ich sehr interessant.

    Zwecks Falsifikation dieser Hypothese (wenn man dies so benennen mag) wand ich ein, dass ich selbst mehrfach beobachten konnte, wie Katzen und Hunde an den gleichen Stellen häufig ruhten. Mein Einwand wurde in etwa mit einem „aha“ aber gleich ad acta gelegt und kam nicht mehr zur Sprache.

    Von dieser nur beispielhaft erwähnten Erfahrung aus Schulzeiten (nicht die einzige) kann ich nur sagen, dass Gespräche mit diesen Personen, die von ihrem „Schwurbel“ überzeugt sind und diesen missionarisch in die Welt tragen müssen – ganz egal wieviele Gegenbeweise und -argumnte man ihnen bringt – sinnlos sind.

    Warum sollten sie auch auf die Vernunft hören, wenn sie mit ihren Wissen und Fähigkeiten sich „magisch“ von ihren Mitmenschen abheben und sich somit selbst erheben können, wenn sie ansonsten in ihrem realen Leben eine häufig eher weniger bedeutende Rolle spielen.

  15. @Michael
    Mit Rationalität und Wissenschaftlichkeit kann man da nichts bewirken, da sich solche Gruppen dann schnell in in ihre „Welt“ zurückziehen, das Gefährliche im digitalen Zeitalter ist der sogenannte „Echoraum“, in der sich ein „Gläubiger“ zurückzieht und dann auch nur das liest und erfährt, das seiner „Meinung“ entspricht.
    Leider ist es mittlerweile so, daß mehr Menschen dadurch erreicht werden, was früher nur den Sekten vorbehalten war.
    Eine Kindergärtnerin, die Kinder etwas von Heilsteinen erzählt, ist nur der Anfang, das Problem wird größer werden…

  16. Immerhin: Ein angekündigter Kurs „Edelsteinwasser – die schöne Art, Wasser zu beleben“ ist vom Bildungszentrum Nürnberg offenbar gestrichen worden.

    Die Seite ist verschwunden und nur noch im Google-Cache auffindbar:

    https://webcache.googleusercontent.com/search?q=cache:RJDzim_MKQEJ:https://bz.nuernberg.de/programm/gesundheit/gesundheitswissen/wohlbefinden/edelsteinwasser-die-schoene-art-wasser-zu-beleben-40230-20172/+&cd=1&hl=de&ct=clnk&gl=de&client=firefox-b

  17. @DIabetiker
    Doch, natürlich habe ich mich schon mit solchen Menschen unterhalten. Ich weiß auch, dass das zu nichts führt.

    Es ist dennoch die richtige Herangehensweise. Man kann danach immer noch an die Leitung gehen.

    Nun hat ein Kindergarten nicht so viele Erzieherinnen wie eine Schule Lehrer, aber wenn man das mal überträgt und Eltern statt mit der Fach-/ Klassenlehrkraft zu reden gleich zur Schulleitung rennen würden, dann hätte die Schulleitung nichts anderes mehr zu tun.

    Außerdem sollte man doch versuchen, Probleme erst mal direkt zu lösen, statt sich gleich an die Vorgesetzten zu wenden.

    Wenn das nichts bringt (beim Edelsteinwasser zu vermuten), steht der Weg zur Leitung immernoch offen.

  18. Beim deutschen Kreuzfahrt-Anbieter „TUI Cruises“ findet sich übrigens bis heute auf jeder Kabine eine Schachtel mit „Heilsteinen“, die der geneigte Gast in die Karaffe mit auf dem Kabinengang selbst gezapftem Wasser geben kann.

  19. UPDATE und LÖSUNG:

    Warum wir lange nichts gehört haben, hatte einen einfachen Grund: Die Leitung des Kindergartens war in Urlaub, ist erst heute zurückgekommen und hat mich umgehend zu einem Gespräch eingeladen.

    Conclusio: Alles gut! Ziel erreicht. Esokram hat nichts in unserem Kindergarten verloren.

    Es gab natürlich auch Gespräche der Leitung mit der Erzieherin und auch untereinander, sie fand den Brief selbst auch sehr gut und es war Konsens, dass hier ganz klar Pseudowissen fälschlicherweise als “Wissen” deklariert und falsch dargestellt wurde.

    Der “Vortrag” hatte anscheinend auch nur 10 Minuten gedauert, aber da sieht man mal, was manche Kinder im Vorschulalter alles aufnehmen und behalten – und in jenem Fall in den Topf “Wissen” ablegen wollen.

    Es gab noch eine kurze Diskussion, warum wir die Sache hier anonymisiert und abgekoppelt in Blogs zur Diskussion stellen, aber das konnte ich auch klären. Wir mussten einfach mal andere Meinungen einholen, um uns selbst in Relation zu positionieren. Eure Reaktionen gaben uns recht und halfen uns sehr.

    Alles in allem ein großes Lob an die Kindergartenleitung und an die höchst professionelle Haltung, die Sache anzunehmen, richtig zu verstehen und hier einen Riegel vorzuschieben.

    Die Erzieherinnen sind auch weiterhin freundlich zu uns und dem Kind – ich denke, die haben auch viel gelernt. Vielen Dank an dieser Stelle auch an meine Frau, die komplexe philosophische Themen und Wissenschaft einfach wunderbar nahebringen und erklären kann.

    PS.: Die Kirchenkritiker unter den Skeptikern hier sollten wissen, dass wir Glaube und Institution Kirche durchaus trennen können. Glaube und Pseudowissen ist noch viel einfacher trennbar.

    Ihr solltet den Brief in Florian Aigners Blog nochmals genau durchlesen und so differenziert verstehen, wie ihn meine Frau geschrieben hat. ich selbst bin auch Atheist und kein Kirchgänger.

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