gwup | die skeptiker

… denken kritisch seit 1987.

Bizarre Selbstüberschätzung: für Homöopathen wohl kein Thema

| 21 Kommentare

Der Deutsche Zentralverein homöopatischer Ärzte (DZVhÄ) sieht im Tod eines siebenjährigen Jungen in Italien, der mit Globuli anstatt mit wirksamen Medikamenten gegen Mittelohrentzündung behandelt worden war, einen ärztlichen Kunstfehler – „also im Grunde den berühmten bedauerlichen Einzelfall, jedoch keine Verantwortlichkeit der Homöopathie als solcher“, kommentierte bereits das INH.

eis

Heute beschäftigen sich auch dieausrufer mit dem Fall. Und blicken zugleich zum „LMHI Homeopathic World Congress“, der vom 14. bis 17. Juni in Leipzig stattfindet.

Dort findet sich in einem Vortragsabstract die Aussage:

Reichweite und Begrenzung der Homöopathie liegen im Homöopathen.“

ausr

Der Ausrufer-Autor weist anhand von Selbstaussagen verschiedener Homöopathen und des DZVhÄ nach, dass der wohlfeile Rückzug auf einen „Kunstfehler“ nicht gelingt, da die Homöopathie bewusst eine irreale Selbstüberschätzung kultiviert.

Kaum anzunehmen, dass die „Luftschlossarchitekten der Medizin“ bei ihrem Leipziger Kongress dieses Problem diskutieren werden – im Gegenteil:

Wieso sollte eine „wunderbare Methode“, die unter anderem Krebs, AIDS, Autismus und Akutes Abdomen heilen kann, nicht mit einer lächerlichen Mittelohrentzündung fertig werden?“

Zum Weiterlesen:

  • LMHI – Antibiotika und tote Kinder, dieausrufer am 5. Juni 2017
  • Omeopazza: Homöopathischer Irrsinn in Deutschland und Italien, GWUP-Blog am 28. Mai 2017
  • Totes Kind in Italien: DZVhÄ sieht „ärztlichen Kunstfehler“, Informationsnetzwerk Homöopathie am 1. Juni 2017
  • Lebensgefährlich: Homöopathie in der Notfallmedizin, GWUP-Blog am 4. Juni 2017

21 Kommentare

  1. Heute erschienen: Heel sponsert eine Veranstaltung mit Nobelpreisträgern in Leipzig und will eines seiner Mittelchen mit einer guten Studie testen:

    http://scienceblogs.de/plazeboalarm/index.php/einen-hauch-von-nobelpreisluft-schnuppern-mit-freundlicher-unterstuetzung-ihres-homoeopathie-unternehmens/

  2. Dresden, Bernd, Dresden, nicht Leipzig. Danke für den Hinweis.

  3. @Bernd Harder:

    Die Äußerungen von Dekan Kirschbaum stürzen mich in eine mittelschwere Kurzdepression.

    Er will Placebo- und Nocebountersuchungen machen?

    Dann soll er das auch ganz klar gegenüber Heel kommunizieren und das zur Vermeidung späteren Gezeters so etwas dann einen Letter of Intent festhalten: Dass keine Abhängigkeiten bestehen, wie dies gewährleistet wird und dass die Studienergebnisse komplett öffentlich zur Verfügung stehen werden. Selbst dann würde ich die Finger von einer irgendwie gearteten Einbindung von Heel in Unterstützung oder Sponsoring lassen. Wer hier die Absicht von Heel nicht spürt, ist unfassbar naiv.

    Ein bizarrer Auswuchs des Umstandes, dass wissenschaftliches Renomee heutzutage an Drittmittelwerbung und Co. gebunden ist. Die LMU München beispielsweise hat ein eigenes Miniinstitut, das „Center for Leadership and People Management“, das Wissenschaftlern „leadership skills“ und Führungskompetenzen beibiegen soll – womit geschäftsmäßige Ausrichtung gemeint ist. Das ist inzwischen offenbar zu systematischer Gehirnwäsche ausgeartet.

    Wundert sich da noch jemand? Man möchte fast annehmen, dass an der TU Dresden auch solche „Leadership Coaches“ ihr Unwesen treiben.
    „Marktorientierung und Quantifizierungswahn untergraben die Glaubwürdigkeit der Wissenschaft und der Forscher.“
    Zitat aus:
    https://www.heise.de/tp/features/Wissenschaft-im-Zeitalter-des-Antiprofessionalismus-3731019.html

    PS Heel ist vor allem bekannt als Komplexmittelhersteller – hat da niemand an der TU Dresden Angst, die „klassischen Homöopathen“ gegen sich aufzubringen?

  4. @Marcus:

    Danke, bin gerade voll auf Leipzig fokussiert …

  5. Interessant wäre zu erfahren, WORIN denn nun der Kunstfehler besteht. Man liest überall, Homöopathie wäre (schnell) wirksam. Wenn das so wäre, dann hätte sie ja helfen müssen. Wenn sie das nicht tat, wo liegt der Fehler?

    Wenn der in der nicht-Vergabe von Antibiotika liegt, dann ist das ein Eingeständnis für einen systematischen Fehler innerhalb der Homöopathie. Wobei wir wieder bei der Überschrift wären: Bizarre Selbstüberschätzung.

    @Frau Bajic: Die Homöopathie setzt hier keine Grenze. Die Schlussfolgerung aus all Ihren Aussagen ist: Sie hätte helfen MÜSSEN. Warum tat sie das nicht??

  6. @ Ich: Es kann (wie Merdeister auf Die Ausrufer schreibt) nur daran liegen, dass der Patient sich nicht voll und ganz auf die homöopathische Behandlung eingelassen hat, nicht mit allen Fasern seines Seins an die vollständige Heilung geglaubt hat.

    Oder natürlich der behandelnde Homöopath hat bei der Anamnese und anschließenden Bestimmung des alleinrichtigen Homöopathikums gepatzt, womit wir doch wieder beim Kunstfehler wären. Naja, das wäre eher so eine Art Meta-Kunstfehler…

  7. @gnaddrig: Frau Bajic sagt da ohne es zu wollen etwas anderes:

    Zitat von http://www.presseportal.de/pm/120120/3649286

    „Hier liegt offenbar ein ärztlicher Kunstfehler vor“, erklärt Cornelia Bajic, erste Vorsitzende des DZVhÄ. „Der Verzicht auf Antibiotika scheint in diesem Fall eine klare unterlassene Hilfeleistung und nicht mit dem ärztlichen Selbstverständnis vereinbar.“

    Ich formuliere mal um, das macht klarer, was Frau Bajic ausgesagt hat:

    Die alleinige Behandlung mit Homöopathie scheint in diesem Fall eine klare unterlassene Hilfeleistung und nicht mit dem ärztlichen Selbstverständnis vereinbar.

    Nebenbei: Weiß jemand, was mit der Facebook Seite des DZVhA geschehen ist?

  8. Und jetzt schauen wir mal, was die Carstens Stiftung dazu sagt:

    „..Ergebnisse

    Es wurde festgestellt, dass die Kinder mit einer akuten Otitis media in der homöopathisch behandelten Gruppe A ähnlich schnell und zuverlässig gesund wurden wie die in der konventionell behandelten Gruppe B. Schwere Komplikationen traten in keinem Fall auf. Anhaltende Tubenbelüftungsstörungen (durch die Eustachische Röhre) wurden in beiden Gruppen ähnlich häufig festgestellt.

    Die Therapie war in der homöopathisch behandelten Gruppe A deutlich kürzer als in der konventionell behandelten Gruppe B. Bei der Rückfallhäufigkeit innerhalb eines Jahres konnte kein auffälliger Unterschied zwischen beiden Gruppen gefunden werden, allerdings traten tendenziell weniger Rückfälle (Rezidive) in der homöopathisch behandelten Gruppe A auf….“

    Quelle: https://www.carstens-stiftung.de/artikel/homoeopathie-bei-mittelohrentzuendung.html

    Also Frau Bajic, das war kein Kunstfehler, Homöopathie bei Mittelohrentzündung wird als wirkungsvoll angepriesen.

  9. der „kunstfehler“ war es nicht das richtige mittel zu finden. wenn über den mehreren 100 in der praxis regelmäßig angewandt nicht das eine(!) richtige gegeben wird, passiert gar nichts.

  10. @lionheart:

    Danke, dass Sie uns anschaulich bestätigen, dass Homöopathie-Fans wirklich und tatsächlich auf das phantasievolle Ausreden-Repertoire ihrer Schüttel-Gurus reinfallen:

    https://blog.gwup.net/2017/05/23/falsche-tageszeit-zu-viel-kaffee-schlacken-der-homoopath-hat-immer-recht/

  11. @ lionheart: Eben, es passiert gar nichts, weswegen der Junge dann leider verstarb. Nur wäre bei dem wie auch immer bestimmten „richtigen“ Mimttel genausowenig passiert, weshalb der Junge auch dann verstorben wäre. Wie man’s dreht und wendet, es bleibt ein Kunstfehler.

  12. @lionhart:
    Ja was denn nun???

    Frau Bajic schreibt, der Kunstfehler bestände darin, kein Antibiotikum gegeben zu haben. Von der falschen Mittelwahl hat sie nix gesagt.

    Aber wenn ich lionhart richtig verstehe: Man gibt ein homöopathisches Mittel. Wenn es nicht wirkt, dann wird der Mensch ggfs. in die Klinik zum Sterben geschickt.

    Was bin ich froh, dass der Narkosearzt immer das richtige Mittel findet, bevor operiert wird…

  13. Frau Bajic darf heute in der Leipziger Volkszeitung eine halbe Seite in einem Interview schwabulieren! Tolle Aussagen beeindrucken die Leser:

    „Die Wirkung der Homöopathie ist aber noch immer nicht genau nachgewiesen?“

    ‚Die Wirkung schon. Da gibt es mittlerweile hunderte Studien, die eine Wirksamkeit belegen. Auch sogenannte Doppelblind-Studien. Dazu empfehle ich den Forschungsbericht der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Homöopathie (www.wisshom.de). Nur das Wirkprinzip hat sich noch nicht erschlossen.‘

    Nebenbei wirft sie Birnen und Äpfel in einen Topf, als es um die Länge der Beratung geht, und sie meint, dann müssten Psychotherapiepatienten „ganz besonders gesund sein, weil sie jede Woche zur Sitzung gehen. Dieser Faktor allein kann es nicht alleine sein“.

  14. Auch gut:

    „Beim Zusammentreffen einer nicht selbstlimitierenden Erkrankung und der Annahme, diese mit Homöopathie bekämpfen oder gar heilen zu können, verwirkliche sich dieses Risikopotenzial zwangsläufig, heißt es. Es sei nicht unüblich, dass Homöopathie-Anhänger sich komplett von der Medizin abwenden und auch Antibiotika als „Chemie“ oder „schädlich“ ablehnen. Daher stellt der aktuelle Fall nach Ansicht des INH nur die Spitze des Eisbergs dar.“

    https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2017/06/07/homoeopath-muss-sich-wegen-todesfall-verantworten/chapter:2

  15. Hoffentlich ist “lionheard” ein Troll, denn wenn das erstgemeint war, dann verliere ich alle Hoffnung an die Vernunft. Ja, auch der Glaube an die Vernunft, ist nur ein Glaube ;-)

  16. @ Ralf
    „…verliere ich alle Hoffnung an die Vernunft!“

    Die Hoffnung stirbt bekannterweise zuletzt. Dennoch schrumpft sie bei mir immer mehr…

    Was momentan so abgeht (ganz allgemein gesehen), lässt leider nichts Gutes erahnen!

  17. @Pierre Castell
    Ja, aber man kann Hoffnung haben, denn zZ wird die Homöopathie doch kritisch hinterfragt, ob dies auch Früchte trägt, ist wieder ein anders Thema.
    Aber solange es noch eine Themenwoche <a href="http://www.ard.de/home/themenwoche/ARD_Themenwoche_2017_Woran_glaubst_Du_/3981220/index.html"Woran glaubst Du? in der ARD gibt, solange kann alles wuchern und gedeihen, das sich hinter einem Glauben versteckt und sei es der Glauben an die Homöopathie…mehr ist es nicht, da keine wissenschaftlichen Studien einen Beweis dafür erbringen konnten.

  18. Warum sagt und schreibt eigentlich niemand mal, dass Frau Bajic die größte Lügnerin aller Zeiten ist! Klar und deutlich!

    „Frau Bajic darf heute in der Leipziger Volkszeitung eine halbe Seite in einem Interview schwabulieren! Tolle Aussagen beeindrucken die Leser:
    “Die Wirkung der Homöopathie ist aber noch immer nicht genau nachgewiesen?”
    ‘Die Wirkung schon. Da gibt es mittlerweile hunderte Studien, die eine Wirksamkeit belegen. Auch sogenannte Doppelblind-Studien. Dazu empfehle ich den Forschungsbericht der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Homöopathie (www.wisshom.de). Nur das Wirkprinzip hat sich noch nicht erschlossen.’“

  19. @ Ralf i.V.:

    „Hoffentlich ist “lionheard” ein Troll“

    Also, als ich noch auf der Ärzteplattform „coliquio“ aktiv war, gab es dort einen fanatischen HP-Verfechter mit demselben Nick.

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.